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Nach mehr als dreissig Jahren haben die Musikalischen Begegnungen Lenzburg mit Stefanie Jud zum ersten Mal eine Präsidentin. Die Comeback-Lenzburgerin hat sich schon immer für Kunst und Kultur interessiert.
Die Musikalischen Begegnungen Lenzburg (MBL) gibt es schon seit über dreissig Jahren. Jedes Jahr finden in Lenzburg Konzerte statt, bei denen lokale und internationale Künstlerinnen und Künstler auftreten. Ein Blick ins Archiv zeigt die Vielfalt, welche die MBL im Verlauf der Jahre boten: Von höfischer Musik über finno-ugrische Gesänge bis zu Bigband-Klassikern reicht die Bandbreite – und noch viel weiter.
1986 wurden die Begegnungen unter dem Motto «Böhmen-Mähren» durchgeführt. Dabei kam es zu Misstönen: Zwei Chöre aus Tschechien konnten nicht in Lenzburg auftreten, da ihnen vom Regime die Ausreise verweigert wurde. Zusätzlich meldete sich der tschechische Botschafter wieder ab, als er erfuhr, dass zwei tschechische Emigranten Konzerte bestritten und ein Dichter über den Alltag in seinem Heimatland berichten sollte.
Dieses Jahr haben die Musikalischen Begegnungen etwas, beziehungsweise jemanden, den sie noch nie vorweisen konnten: eine Präsidentin. Bis anhin ist der Anlass ohne ein Präsidium organisiert worden und die Veranstalter übernahmen Aufgaben, die eigentlich nicht zu ihrer Funktion gehörten. Die musikalische Leitung und das Amt des Vorstands teilen sich Daniel Schaerer, Andrea Hofstetter und Andreas Jud, Marianne Horner führt die Geschäftsstelle.
Nun ist eine Präsidentin an die Spitze des Organigramms gestossen. Stefanie Jud (42) ist Lenzburgerin – nicht mit Andreas Jud verwandt – und seit fünf Jahren Mitglied der Kulturkommission. Die Musikalischen Begegnungen sind für Jud ein fester Bestandteil ihres kulturellen Kalenderjahres. «Ich finde es toll, so hochkarätige Konzerte vor der Haustür zu haben», sagt sie. Jud ist selber Laienmusikerin, sie singt und spielt Klavier und Orgel. Als sie für das Amt der Präsidentin angefragt wurde, musste sie nicht zu lange überlegen. «Ich passe vom Hintergrund gut dazu», sagt sie.
Zudem stimme das Team. Stefanie Jud hat Geschichte und russische Literatur studiert und in der Entwicklungszusammenarbeit gearbeitet. Schon vor ein paar Jahren hätten die Verantwortlichen der MBL sie gern zu ihrer Präsidentin gemacht. Aber damals reiste sie beruflich viel, es passte nicht. Jetzt arbeitet sie bei Pro Juventute und ist für das Vereinsmanagement verantwortlich. Unterwegs ist sie immer noch oft, aber innerhalb der Schweiz.
Kunst und Kultur waren für Stefanie Jud schon immer wichtig. Nach der Kantonsschule hat sie mit einem Freund eine Serie geschaffen, deren Episoden via Postkarten, Live-Auftritten, am Radio oder im damals noch brandneuen Internet verbreitet wurden. Neben der Kreativität verfügt Jud jedoch auch über den Realitätssinn, der für ihre neue Funktion nötig. «Ich will die Finanzierung breiter abstützen», sagt sie.
Es sei beeindruckend, mit wie viel Engagement, auch freiwilligem, die Musikalischen Begegnungen durchgeführt werden. Doch die Gelder, zum Beispiel vom Kuratorium, würden zurückgehen. «Es müssen auch private Mittel gefunden werden», sagt sie. Von ihrer Arbeit bei einer Nonprofit-Organisation kennt sie sich mit Fundraising aus. «Ich weiss, wie aufwendig es ist», sagt sie. Doch sie hofft, dass die MBL vermehrt auch private Grossgönner gewinnen können. Stefanie Jud ist eine Comeback-Lenzburgerin.
Mit ihren Eltern wohnte sie als junge Erwachsene wenige Jahre im Städtli, bevor sie für das Studium in die Stadt zog. In Zürich, im lebhaften Kreis 4, wurde sie Mutter und beschloss zusammen mit ihrem Mann, dass die neue Lebensphase nach einer ruhigeren Umgebung verlangte. Die guten Erinnerungen führten die im Freiamt aufgewachsene Stefanie Jud nach Lenzburg zurück.
Mittlerweile hat sie zwei Buben und schätzt die kulturelle Vielfalt, die Lenzburg bietet. Und die guten Verkehrsverbindungen. Gerade für die Konzerte der MBL sei Lenzburg ein sehr schöner Rahmen. «Hier kann man die Musiker so nahe erleben. Das ist ein ganz anderes Erlebnis als in der Tonhalle.»
Stefanie Jud ist eine Person mit der richtigen Mischung. Ungespielte Freundlichkeit und ein Sinn fürs Geschäftliche. Grüne, bequem aussehende Lederschuhe – «ich trage nie Absätze» – und ein beerenfarbener Lippenstift. Grosstädtische Offenheit und kleinstädtische Zugänglichkeit. Unprätentiös sitzt sie auf der Mauer und lacht in alle Richtungen, bis der Fotograf zufrieden ist. Danach geht es ins «Local» zum Kafi. Wenn sie auf dem Weg vom Bahnhof am Café vorbeigeht, schaut sie oft rein, ob ihr Lieblingsprodukt im Kühlregal steht. Damit es nicht ständig ausverkauft ist, sei hier nicht verraten, um welches es sich handelt.
Musikalische Begegnungen 25. August bis 9. September, «Da capo al fine». Vorverkauf ab 15. Juni bei Tourismus Seetal.