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Die Lenzburger Finanzministerin Franziska Möhl zum Budget 2020 der Einwohnergemeinde und zu Investitionen, die höher sind als angenommen.
Die Steuererträge sprudeln. Die Stadt Lenzburg wächst munter bis im August auf 10 745 Einwohner. Trotzdem schenkt der Stadtrat dem Ruf nach einer Steuersenkung kein Gehör. Vizeammann Franziska Möhl erläutert die Gründe. Morgen Donnerstag befindet der Einwohnerrat über das Budget 2020.
Lenzburg will 2020 eine Rekordsumme von 36,3 Millionen Franken an Steuern einnehmen. Der Stadtrat hält eisern am Steuerfuss von 105 Prozent fest.
Franziska Möhl: Ich habe Verständnis, dass Gelüste nach einem tieferen Steuersatz da sind. Die Stadt Lenzburg hat in den letzten Jahren sehr gute Abschlüsse vorgelegt und auch der Steuerertrag entwickelt sich positiv. Trotzdem sieht der Stadtrat von einer Senkung des Steuerfusses ab.
Weshalb?
Lenzburg steht vor sehr hohen Investitionen, bis 2024 sind es netto 52,5 Millionen Franken. Davon werden 34,7 Millionen Franken selber gestemmt werden können. Unter dem Strich resultiert jedoch ein Anstieg der Nettoschuld auf 2230 Franken pro Einwohner.
Unter diesen Vorzeichen die Steuern zu senken, wäre leichtfertig. In Anbetracht dieser hohen Investitionen würden wir uns einen Bärendienst erweisen.
Trotzdem: Die FDP hat bereits im Frühling Druck gemacht, den Steuerfuss bei der Budgetierung zu überdenken. Der Einwohnerrat dürfte morgen Donnerstag das Budget 2020 nicht einfach durchwinken.
Der Stadtrat wird sich dieser Diskussion stellen. Ich kann nachvollziehen, dass Begehrlichkeiten da sind. Umso mehr, als klar wurde, dass die Stadt für ihre künftige Verwaltungszentrale nicht einen Neubau erstellen muss, sondern ins heutige KV-Schulhaus (Hünerwadelhaus) ziehen wird. Dafür hatten wir 15,5 Millionen Franken eingestellt, weshalb man von einer wesentlich tieferen Investition ausgehen konnte.
Dem ist jedoch nicht so. In den kommenden drei Jahren sollen 8,4 Millionen Franken in das Hünerwadelhaus fliessen. Nachdem dieses erst vor wenigen Jahren totalsaniert wurde, besteht bei diesem Betrag Erklärungsbedarf.
Das Hünerwadelhaus wurde für einen Schulbetrieb umgebaut. Die Stadtverwaltung hat andere Bedürfnisse. Wir werden nicht darum herumkommen, die Innenräume für einen Verwaltungsbetrieb nutzungskonform anzupassen.
Hinzu kommt, dass die Stadt Lenzburg 1,2 Mio. Franken für die Übernahme der noch nicht abgeschriebenen oder zurückbezahlten Sanierungskosten zahlen muss. In diesem Betrag sind die Rückzahlung an den Kanton enthalten wie auch das Restguthaben der Einwohnergemeinde gegenüber dem KV.
Dieser Betrag entspricht jedoch lange nicht 15,5 Millionen Franken.
In der Zwischenzeit sind weitere Projekte hinzugekommen. Es ist ja schön, dass Familien Lenzburg attraktiv finden. Mit dem Bevölkerungswachstum nehmen auch die Schülerzahlen zu. Dazu soll die Bleiche ausgebaut werden mit Werkräumen im Erdgeschoss und Tagesstrukturen im Obergeschoss.
Das kostet 4 Millionen Franken. Bisher sind wir von 1,5 Millionen Franken ausgegangen. Zudem kommen wir nicht darum herum, die zweite Etappe des Mühlematt-Schulhauses zu bauen. Das sind nochmals gut 5 Millionen Franken. Damit ist die Einsparung bereits kompensiert, die wir mit der Verwaltungszentrumslösung machen.
Weitere Überraschungen?
Der neue Bahnhofplatz und der Busbahnhof werden massiv teurer als bisher angenommen. Die neusten Zahlen des Kantons belaufen sich auf 11,2 Millionen Franken. Bisher haben wir mit fünf Millionen Franken gerechnet.
Laut Kanton ist dieser Betrag eher eine zurückhaltende Kostenschätzung und hat noch «Luft nach oben». Nebst dem Bahnhof werden im Planungszeitraum bis 2024 noch zwei weitere grosse Bauvorhaben gestartet: die Leistungssteigerung Freiämterplatz vom Knoten Neuhof bis zur Autobahnbrücke Niederlenz und der Ausbau des Werkhof-Areals.
Allein diese drei Projekte verursachen anschliessend ab 2025 Kosten von 20,5 Millionen Franken.
Obwohl die Steuern sprudeln, sieht der «Betrieb Lenzburg» für das nächste Jahr rote Zahlen vor. Der Betriebsertrag sinkt von 12 900 Franken auf minus 1,16 Millionen Franken. Woran liegt das?
Wir haben in den vergangenen Jahren gut 25 Millionen Franken in Schulanlagen investiert. Diese müssen nun gemäss den Vorgaben abgeschrieben werden. Wir haben gegenüber dem Budget 2019 wesentlich höhere Abschreibungen in der Höhe von 1,6 Millionen Franken vorzunehmen, die sich nun auf das Betriebsergebnis niederschlagen.
Die Cashcow SWL Energie AG (SWL) hat der Stadt bisher zuverlässig Geld in die Kasse gespült. Hier zeichnet sich ein Ende ab. Trotzdem sind für 2020 1,4 Millionen Franken Dividende budgetiert. Ist das nicht allzu optimistisch?
Das Ziel des Stadtrats ist es, dass 40 Prozent des Unternehmensergebnisses der SWL als Dividende in die Stadtkasse fliessen. Das ist so mit der SWL abgesprochen.
Ende letztes Jahr hat die Stadt ihre Verwaltung reorganisiert. Daraus resultiert nun eine Aufstockung des Personals (AZ 10. 9.). Normalerweise wird mit einer Umstrukturierung das Gegenteil angestrebt.
Der Stadtrat hat vor allem das einstige Bauamt neu strukturiert und die Abteilungen Stadtplanung & Hochbau, Tiefbau & Verkehr sowie Stadtmarketing & Kommunikation geschaffen.
Lenzburg will sich nun einen Personalchef leisten.
Es wird eine Fachstelle Personal geschaffen. Dort soll in Zukunft die Personaladministration zentralisiert werden. Die Gesamtleitung des Verwaltungspersonals bleibt weiterhin beim Verwaltungsleiter.
Welcher Budgetposten ist Ihre grösste Sorge?
Die Soziale Sicherheit. Sie steigt um 300 000 Franken auf 7,8 Millionen Franken. In Zukunft ist wohl mit einer weiteren Kostensteigerung zu rechnen. Die zeitlich limitierte Subvention des Bundes im Asylbereich wird sukzessive versiegen. Diese Kosten werden nun bei den Gemeinden anfallen.
Lenzburg hat allein in den letzten zehn Jahren gut einen Drittel zugelegt und ist jetzt bei 10 745 Einwohnern angelangt. Geht das Bevölkerungswachstum ungebremst weiter?
Nein. Diese Entwicklung in den letzten Jahren ist vor allem auf die neuen Quartiere «Widmi» und «Im Lenz» zurückzuführen. Ab 2020 rechnen wir mit einer moderaten Zunahme von 100 Personen pro Jahr.