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Der 33-jährige Logistiker Thomas Schörg hat sein Ziel erreicht: Die Linie 395 der Regionalen Busbetriebe Lenzburg AG (RBL) von Lenzburg nach Teufenthal stoppt in Zukunft auch am Abend in der Gemeinde Boniswil. Und zwar ab sofort. So haben es Gemeinde, Kanton und die RBL vereinbart.
Zuerst ist Thomas Schörg aus Boniswil überrascht, kann es kaum glauben. «Was, sind Sie sicher?», fragt er am Telefon. Von offizieller Seite der Gemeinde Boniswil habe er bisher noch nichts gehört. Der Seetaler Schörg ist der Erste, dessen Forderung auf der Online-Plattform petitio.ch nun erfüllt wird.
Die Linie 395 der Regionalen Busbetriebe Lenzburg AG (RBL) von Lenzburg nach Teufenthal stoppt in Zukunft auch am Abend in der Gemeinde Boniswil. Und zwar ab sofort. So haben es Gemeinde, Kanton und die RBL vereinbart.
Vor vier Monaten wurde petitio.ch von AZ Medien lanciert. Auf der elektronischen Plattform können Leute Unterstützer suchen und Stimmen sammeln, wenn sie eine Situation in ihrer Gemeinde verändern möchten. Thomas Schörg aus Boniswil ist einer von ihnen. Der 33-jährige Logistiker pendelt regelmässig mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von Boniswil an seinen Arbeitsplatz im Wynental.
Schörg konnte einfach nicht verstehen, weshalb die Linie 395 des Regionalbus von Lenzburg nach Teufenthal an den Bushaltestellen im Dorf nur vorbeifährt und nicht mehr stoppt. Konkret geht es um die Kurse um 20.31, 21.31 und 22.31 Uhr. Um diese Zeit verkehrt der Bus nur noch bis Seengen mit letztem Halt beim Schloss Hallwyl. Ab da fahren die Busse ohne Halt in Boniswil zurück nach Lenzburg. Um dies zu ändern, hat Schörg auf petitio.ch einen Vorstoss gemacht. Dieser fand dort 118 Unterstützer. Genug, um mit dem Anliegen bei der Gemeinde vorstellig zu werden. So wie es das Petitio-Konzept vorsieht.
Gemeinde und Kanton haben nun eingelenkt. Schörgs Petition wird umgesetzt. «In erfreulich kurzen Verhandlungen haben sich die kantonale Sektion öffentlicher Verkehr und der Regionalbus Lenzburg bereit erklärt, die zusätzlichen Busstopps einzuführen», heisst es in einer Mitteilung der Gemeinde Boniswil. Die Änderung tritt nicht erst mit dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember in Kraft, sie ist ab sofort gültig. Der Bus 395 hält nun also auch in den Abendstunden in Boniswil, und zwar im Eichholz, bei der alten Schmiede und am Bahnhof.
Anfang Dezember hat die «Nordwestschweiz» (zu der auch diese Zeitung gehört) die Plattform petitio.ch lanciert. Jeder Bürger kann einfach und schnell ein lokales Anliegen aufschalten und dafür Unterstützer sammeln. Insgesamt wurden im Aargau bisher 57 Petitionen lanciert. Knapp die Hälfte sind zustande gekommen oder laufen noch. Für das Zustandekommen muss eine Petition innert 30 Tagen eine bestimmte Anzahl Stimmen gesammelt haben. Für kleine Gemeinden (bis 1000 Einwohner) 50 Stimmen, für mittlere Gemeinden (bis 5000 Einwohner) 100 Stimmen und für grosse Gemeinden (über 5000 Einwohner) 200 Stimmen. Mehr Infos auf petitio.ch.
Mit dieser Entwicklung hatte Thomas Schörg nicht gerechnet. «Ich hatte erwartet, dass der Vorstoss abgelehnt würde wegen fehlender Finanzen», erklärt er.
Für jeden Kurs, der im Dorf anhält fallen der Gemeinde jährlich Kosten zwischen 2000 und 3000 Franken an. Das heisst, mit dem Verzicht auf die Busstopps sparte Boniswil bisher pro Jahr zwischen 6000 und 9000 Franken. Der Kanton hat sich nun bereit erklärt, auf die Verrechnung dieses Betrags für das laufende Jahr zu verzichten. Mit der neuen Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinde gibt es hier sowieso eine neue Regelung.
Interessant an der ganzen Sache ist folgender Aspekt: Wenn die Gemeinde jetzt nämlich einwilligt und die drei Abendkurse im Dorf halten lässt, so entspricht das offenbar nicht dem Bedürfnis, einen Anschluss an die Weiterfahrt mit der SBB in Lenzburg zu ermöglichen. Dieser ist durch die gleichzeitig verkehrende Seetalbahn bereits gewährleistet.
Vielmehr geht es um den Strecken-Abschnitt von Boniswil nach Seengen. Beziehungsweise umgekehrt. Es hätten sich viele Jugendliche gemeldet, die an dieser Verbindung interessiert sind, heisst es vonseiten der Gemeinde. «Sie treffen ihre Freunde auf der andern Talseite und können abends nicht mehr mit dem öffentlichen Verkehrsmittel zurück», sagt Gemeindeammann Gerald Strub. Mit andern Worten: In Boniswil will man mit diesem Schritt ganz offensichtlich der jungen Generation einen Gefallen tun.
Für RBL-Geschäftsführer René Bossard macht die nun getroffene Lösung Sinn. «Wir fahren ja sowieso durch die Gemeinde. Man hat hier eine pragmatische Lösung gefunden», sagt er. Gemeindeammann Gerald Strub erklärt, es müsse sich nun noch zeigen, wie viel der Bus um diese Zeit dann tatsächlich benutzt werde. Er betont, nur so könne der Busstopp im Dorf auch längerfristig aufrechterhalten werden.
Thomas Schörg hat sein Ziel erreicht. «Das ist eine Ehre für mich. Mehr gibt es im Moment dazu nicht zu sagen.»