Imam Besir Emini erklärt, wie der Fastenmonat während der Coronakrise aussieht. So entfalle ein grosser Teil des Spirituellen und des Gemeinschaftlichen. Predigten per Video gibt es dennoch nicht.
Am Donnerstag war der erste Tag des islamischen Fastenmonats Ramadan. Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang sollen Gläubige nichts essen und auch nichts trinken. «Der Ramadan ist eine wichtige Grundlage des muslimischen Glaubens», sagt Besir Emini, Imam der Lenzburger Moschee. «Durch das Fasten können die Menschen ihre Kontrolle über sich und den Körper trainieren und dafür die Gnade Gottes erleben», sagt er. «Dieser Monat gehört Gott.»
Wie das eben vergangene christliche Osterfest ist auch der islamische Fastenmonat von vielen gemeinschaftlichen Gebeten und Riten geprägt, die durch die Coronakrise massiv beeinträchtigt werden. Einen solchen Ramadan hat Imam Emir Besini noch nie erlebt. «Ich muss mich selber zuerst an diese neue Situation gewöhnen», sagt er.
Am Erlebnis des Fastens wird Corona nicht viel ändern. «Das Fasten wird individuell durchgeführt», sagt Emini. Kranke, alte oder geschwächte Personen müssen nicht fasten. Doch ein Teil des Spirituellen falle weg. Die Tarawih-Gebete, die Nachtgebete, sind ein wichtiger Bestandteil des Ramadans. Abends, nach dem Fastenbrechen, trifft sich die Gemeinde gewöhnlich in der Moschee für das gemeinsame Gebet.
Aufgrund des Versammlungsverbotes ist dies nun nicht möglich. Doch die Gebete entfallen nicht. Gemäss der islamischen Lehre und der Empfehlung der Föderation islamischer Dachorganisationen der Schweiz kann das Nachtgebet auch individuell oder im Kreis der Familie durchgeführt werden. Besir Emini hat diese Nachricht zusammen mit den anderen Corona-Massnahmen an seine Gläubigen weitergegeben. «Die Tarawih-Gebete werden fehlen», sagt er. «Doch natürlich geht die Gesundheit vor.»
Zum Freitagsgebet, ausserhalb des Ramadans das wichtigste der Woche, ist Anwesenheit in der Moschee Pflicht. Es fällt wegen Corona aus, die Gläubigen sind angehalten, am Freitag das Mittagsgebet individuell zu verrichten. Der Imam hält keine Predigt via Video. «Ich muss die Menschen vor mir sehen, muss sehen, ob meine Worte ankommen.» Doch er meldet sich via Livevideo jeden Abend bei seiner Gemeinde und hält einen zehnminütigen Vortrag, «um zu beruhigen und trösten».
Erst wenn die Sonne untergegangen ist, darf während des Ramadans gegessen werden. «Normalerweise sind wir es gewohnt, dass das Fastenbrechen im grösseren Kreis mit Einladungen in der erweiterten Familie durchgeführt wird», sagt der Imam. Man besucht einander, isst zusammen.
Nun kann das Mahl nur innerhalb eines Haushalts stattfinden. Das Ende des Ramadans wird am 23. Mai mit dem Eid Mubarak gefeiert. Ein besonders festliches Fastenbrechen, bei dem die Gläubigen sonst in Massen zusammenkommen und sich beglückwünschen. «Da müssen wir schauen, was bis Ende Mai gemäss dem Bundesamt für Gesundheit möglich ist», sagt Besir Emini.