In der Region Lenzburg ticken die Uhren anders. Bei den alteingesessenen Familien besucht der Samichlaus die Kinder nicht am 6. Dezember, sondern am zweiten Donnerstag im Dezember.
Traditionen werden an diesem Tag hochgehalten. Im Bezirkshauptort findet der Chlausmärt statt und die Stadtregierung lädt die Gemeindeammänner und -schreiber zusammen mit den Gerichtspräsidenten auf den frühen Nachmittag zur ebenso traditionsgemässen Zusammenkunft ins Burghaldenhaus ein. «Hier können wir den persönlichen Austausch unbelastet von der Politik pflegen», gab Stadtammann Daniel Mosimann zur Begrüssung bekannt.
Dohlen konzertierten mit
Zur Vorstellung des diesjährigen Gastreferenten Peter Jud, des Geschäftsführers der Stiftung Schloss Lenzburg, lieferte Alt-Lehrer Mosimann einen kurzen historischen Abriss der Geschichte des Lenzburger Wahrzeichens.
Begründet im 11. Jahrhundert von den Grafen von Lenzburg, während 300 Jahren Sitz der Berner Landvögte, zählte die Lenzburg während der Zeit in Privatbesitz in den letzten beiden Jahrhunderten etliche prominente Bewohner.
Mosimann erwähnte insbesondere den Dichter Frank Wedekind, der auch drunten im Städtchen mit seinen Streichen und Avancen bei der holden Weiblichkeit für Furore sorgte.
Seit rund 20 Jahren lebt Peter Jud auf Schloss Lenzburg. Als «höchster Lenzburger» hat er in dieser Zeit viel erlebt. In launigen Worten liess er die Ammänner und Kanzler an verschiedenen Episoden teilhaben, die er in dieser Phase als Schlosswart erlebt hatte.
Schritte im leeren Schloss sorgten am Anfang für unruhige Nächte. Noch sind nicht alle Geheimnisse gelüftet. Jud: «Es gibt Geräusche, die man nicht erklären kann.» Inzwischen hat er sich an vieles gewohnt und auch «das Auge für das Wetter geschärft». Fast 100 Meter über dem Talboden ist die meteorologische Situation ganz speziell und so hat Jud einmal eine Braut dank seinen Warnungen vor einer Regendusche bewahrt.
Tiefschläge wie ein Blitzeinschlag während einer Hochzeitsfeier oder uneinsichtige Eventausrichter werden aufgewogen durch rührige Tiergeschichten wie die wundersame Rettung eines im Rittersaal verirrten Mauerseglers oder das Einstimmen der Dohlen in ein Klassikkonzert.
Zur Tradition der Chlausmärt-Zusammenkunft gehört der anschliessende Apéro in der «Satteltasche» und das gruppenweise Ausschwärmen in Restaurants der Region.