Lenzburg
Ein Abbruchobjekt, das 50 Jahre überlebt hat

Der «Alte Gemeindesaal» in Lenzburg hat eine bewegte Geschichte. 1963 zum Abbruch bestimmt, hat sich das Schlacht- und Spritzenhaus zum Musentempel gemausert.

Heiner Halder
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Der genehmigte Neubau wurde durch «höhere Macht» verhindert. zvg

Der genehmigte Neubau wurde durch «höhere Macht» verhindert. zvg

Mitten in der Altstadt auf dem Metzgplatz stehend, war das ehrwürdige Gebäude verlottert und nur für Lagerzwecke verwendbar.

Der 1953 erstellte Kronensaal deckte das Bedürfnis nach einem grösseren Veranstaltungslokal.

So beschloss die Gemeindeversammlung am 8. Juni 1964 einhellig den Abbruch des «Schandflecks» und einiger der ältesten Häuser der Stadt, welche den Brand von 1491 überlebt hatten.

Geplant war eine Verlängerung des heutigen Bezirksgebäudes, ein Bau mit Büros, Militärunterkünften und Magazinen für die Städtischen Werke sowie ein abschliessender Bau der Häuserzeile an der Leuengasse.

Dass die höchst unsensible Überbauung im Stadtkern glücklicherweise nicht realisiert wurde, ist einzig dem «Bundesbeschluss über die Bekämpfung der Teuerung durch Massnahmen auf dem Gebiete der Bauwirtschaft» von 1964 zu verdanken: Der Bau von Verwaltungsgebäuden wurde für ein Jahr verboten.

Weil für die andern Zwecke neue Standorte gefunden wurden, durfte der «Alte Gemeindesaal» im Dornröschenschlaf versinken.

Renaissance nach Jubiläumsfeier

Erst die 175-Jahr-Feier des Aargaus 1978 in Lenzburg brachte das OK auf die Idee, den alten Saalbau besser zu nutzen.

Und 1982 genehmigten die Stimmbürger mit 1230 gegen 470 Stimmen einen Kredit von 3 Mio. für die Renovation des Gemeindesaales, welcher seither als alt-neuer Musentempel und Markthalle dient.

Hier vor Ort beschrieb auf Einladung des Gönnerkreises Museum Burghalde alt Stadtschreiber Christoph Moser die bewegte Geschichte des Objektes.

Das Mehrzweckgebäude wurde ab 1843 als Schlachthaus, Metzgerei, Waschhaus, Feuerwehrmagazin, Wachtstube und im 1. Stock als Tuchlaube betrieben.

Es brauchte vier Gemeindeversammlungen in kurzen Abständen, bis das Projekt genehm war.

1863/64 erstellte man den Treppenhaus-Anbau und einen grossen Gemeindesaal – eine kulturelle Pioniertat.

Die Kombination von Schlachthaus und Festsaal führte zum Bonmot: «Unten beben Schweine, oben schweben Beine.»