Egliswil
Anwohnende erhielten vom Kanton Recht: Wird diese Wiese im zweiten Anlauf überbaut?

Mehrere Anwohner haben sich gegen ein Neubauprojekt im alten Dorfteil gewehrt. Beim ersten Baugesuch hat der Kanton die Gemeinde Egliswil zurückgepfiffen – nun liegt es in abgeänderter Form erneut auf.

Valérie Jost
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Die Profile zeigen die Konturen des Mehrfamilienhauses.

Die Profile zeigen die Konturen des Mehrfamilienhauses.

Valérie Jost

«Ein solch modernes Mehrfamilienhaus passt einfach nicht in den historischen Dorfkern von Egliswil», sagen Claudia und Roger Meyer. Meyers wohnen mit ihren Kindern am Winkelweg 7, unweit der Parzelle 1072, auf der momentan mehrere Bauprofile stehen.

In Egliswil wird schon seit längerem im grossen Stil gebaut; nun sollen auch hier sowie auf der angrenzenden Parzelle drei Neubauten (von drei verschiedenen Bauherren) entstehen. Es geht um ein Einfamilienhaus, ein Doppeleinfamilienhaus sowie ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohnungen. Letzteres beschäftigt Meyers und mehrere andere Anwohnende nun seit über einem Jahr: Bis zum Kanton haben sie ihre Bedenken getragen.

Sie und sieben andere Parteien haben Einsprache gegen das Baugesuch erhoben, so Meyers. «Es wurde jedoch kein Dialog mit uns gesucht, die Gemeinde wies die Beschwerden einfach ab und bewilligte das Baugesuch», so Roger Meyer. Also erhoben sie sowie zwei der anderen sieben Gegner Beschwerde beim Kanton. Und erhielten Recht – das Gesuch wurde zur Überarbeitung zurückgewiesen.

«Fremdkörper im Quartier»

Hauptsächlich stören sich Meyers an der geplanten Gestaltung: Unter anderem soll das Mehrfamilienhaus eine betonierte, unverkleidete Ausfahrt aus der 9-Plätzer-Garage bekommen. «Ein Fremdkörper im Quartier», sagt Roger Meyer. Die Winkelstrasse sowie der Winkelweg, eine Querstrasse davon, sind im Gegensatz zu den moderner bebauten Randzonen Egliswils noch sehr dörflich geprägt, alte Bauernhäuser mit direkt an der Strasse angrenzenden Mauern reihen sich aneinander.

Meyers fehlen Elemente, die das neue Haus in diese Umgebung einfügen würden – etwa mit Stein umrahmte Fenster, Fenstersprossen, Fensterläden oder «wenigstens ein bisschen Holz», zum Beispiel in Form von Stützbalken oder einer Giebelverkleidung, so Claudia Meyer.

Neben dem Dorfbild macht sich die Familie auch Sorgen um die Verkehrssicherheit. Auf der schmalen Winkelstrasse sind 50 km/h erlaubt, an der Einmündung zum Winkelweg gilt Rechtsvortritt. «Die Stelle ist schon heute extrem unübersichtlich», so Roger Meyer. Die Strasse werde zudem von den Kindern des Quartiers als Schulweg genutzt, und trotz einer Unterschriftensammlung zur Verkehrsberuhigung letztes Jahr habe die Gemeinde nicht gehandelt. «Mit dem zusätzlichen Verkehr dieser Neubauten wird die Situation noch schlimmer.»

Beim Augenschein vor Ort zeigt sich: Fussgänger, Velos, Motorräder und Autos nutzen die Strasse rege. Letztere können zudem an der engsten Stelle nicht kreuzen und müssen praktisch über das seitliche Grundstück fahren.

Gemeinde wegen Verletzung der Begründungspflicht gerügt

Sowohl die Gemeinde als auch die Bauherrschaft, das Konsortium MFH Winkelweg (bestehend aus dem Unterentfeldner Architekturbüro Wehle sowie Cornelia Matter), beantragten auf die Beschwerde hin deren Abweisung beim Kanton. Doch der entschied zu Gunsten der Einsprecher – die Gemeinde habe «sowohl die Begründungspflicht als auch die Untersuchungspflicht klar verletzt», heisst es im Entscheid.

Die Gemeinde habe bei der Anwendung des kommunalen Rechts sowie der Ästhetikvorschriften «erheblichen Ermessensspielraum», schreibt der Kanton. Umso detaillierter wäre die Abweisung der Einsprache zu begründen gewesen – der Gemeinderat sei in seiner Antwort jedoch eine «ästhetische Gesamtwürdigung» des Projekts «schuldig geblieben». Und auch im angefochtenen Entscheid (der Baubewilligung) habe er sich «mit keinem Satz» zur Ästhetik geäussert und stattdessen auf eine Kurzstellungnahme zum Vorprojekt verwiesen.

Garagenerschliessung wurde überarbeitet

Zur Verkehrssituation nahm die Abteilung Tiefbau Stellung. Während die Sichtzonen ausreichend seien, sei die geplante Garagenerschliessung «aus Sicht der Verkehrssicherheit nicht zu befürworten». Dies, da bei einer Einmündung in die Winkelstrasse zwei unterschiedliche Vortrittsregelungen verschmelzen würden. Deshalb empfahl der Kanton der Gemeinde, «sich anlässlich der Neubeurteilung nochmals mit dem Bauprojekt bezüglich Einhaltung der Erschliessungsanforderungen auseinanderzusetzen». Die Verfahrenskosten von total knapp 1680 Franken wurden je zur Hälfte der Bauherrschaft und der Gemeinde auferlegt.

Inzwischen hat das Konsortium MFH Winkelweg eine Projektänderung aufgelegt. Die Zufahrt wurde angepasst und führt nun auf den Winkelweg statt auf die Winkelstrasse, zudem wurde auf der Süd- und Nordfassade das Fensterbild geändert. Meyers gehen diese Anpassungen zu wenig weit; deshalb bereiten sie momentan eine erneute Einsprache vor. Das geänderte Baugesuch liegt noch bis nächsten Montag bei der Gemeinde auf.