Seengen
Der Aargauer Rafael Hilfiker ist der beste Dachdecker der Welt

Das Seetal feiert seinen Weltmeister mit einem rauschenden Fest. Raffael Hilfiker wurde am Freitagabend im lettischen Riga zum besten Deckdecker der Welt gekürt. Als er nach Hause kam, erwartete ihn das ganze Dorf.

Ruth Steiner
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Rafael Hilfiker wusste kaum, wie ihm geschah: Das Scheinwerferlicht war voll auf ihn gerichtet und aus den Boxen dröhnte der Queen-Hit «We are the Chamions», als er direkt vom Flughafen Zürich kommend am Sonntagabend in der Mehrzweckhalle in Seengen eintraf. Um den Hals trug der 24-Jährige den «Plämpu», das Zeichen des neuen Weltmeisters.

Zwei Tage zuvor war er fast zu gleicher Zeit zum besten Dachdecker der Welt gekürt worden. Vier Tage lang hatte er sich zusammen mit seinem Partner Patrick Güttinger aus der Ostschweiz der starken Konkurrenz aus der ganzen Welt gestellt und sich in der schwierigsten Kategorie, dem Steildach, an die Spitze gesetzt. Der Wettbewerb fand im lettischen Riga statt; dort hatte die Internationale Föderation des Dachdeckerhandwerks (IFD) die Weltmeisterschaft der Gebäudehüllen-Spezialisten veranstaltet.

In Eile ein Fest organisieren

Rafael Hilfiker, sichtbar überwältigt von der grossen Fangemeinde, die daheim auf ihn wartete, rückte beim Eingang in die Halle die Medaille etwas zurecht und nahm eine Flasche Bier entgegen, die ihm jemand in die Hand drückte. Dann kämpfte er sich durch das dichte Gedränge nach vorne zur mit Blumen reich geschmückten Bühne. Dort stimmte die Musikgesellschaft Seengen mittlerweile das Seenger Lied an. Der kurze Weg durch die Halle nahm verständlicherweise einige Zeit in Anspruch: «Gut gemacht, Raffi!» Eine Umarmung für den Weltmeister da, ein Händedruck und anerkennendes Schulterklopfen dort.

Die Bierflasche hielt Rafael Hilfiker später auf der Bühne mit den Händen immer noch fest umklammert, als Gemeindeammann Jörg Bruder den frisch gebackenen Weltmeister mit Lob überschüttete und dabei auch den Imagegewinn für Seengen ins Licht rückte. «Dein Weltmeistertitel trägt unsere Gemeinde in die Welt hinaus», freute Bruder sich. Gleichzeitig bedauerte der Ammann, dass die frohe Kunde Seengen am Freitagabend erst nach Schluss der Gemeindeversammlung erreicht hatte.

Nichtsdestotrotz liessen die Seenger nichts anbrennen: Unter der Leitung des Turnvereins, deren Oberturner und Riegenleiter Rafael Hilfiker ist, wurde in Windeseile eine Empfangsfeier aus dem Boden gestampft. Bei all der Begeisterung über das Gold, das nach Seengen kam, war gleichzeitig die Freude spürbar, dass die Dorfgemeinschaft zusammengestanden und das Fest in dieser Form in kürzester Zeit möglich gemacht hatte.

Titel angestrebt

Rafael Hilfiker machte keinen Hehl daraus, dass er beim Wettbewerb ganz vorne hatte mitmischen wollen. «Ich habe sehr viel Zeit in die Vorbereitung investiert und viel geübt.» Nervös sei er zu Beginn des Wettbewerbs schon gewesen, erzählte er später. Zumal am Anfang nicht ganz alles nach Wunsch gelaufen sei. Doch daran mag der neue Weltmeister jetzt nicht mehr denken. Überwältigt sei er gewesen, als bei der Schlussgala und Preisverleihung am Freitagabend in Riga sein Name aufgerufen worden sei. Gefreut habe er sich zudem, dass ihn eine Fangemeinde aus seinem Freundeskreis nach Riga begleitet und vor Ort tatkräftig unterstützte.

Unter den Feiernden war auch Hilfikers Lehrmeister und noch Arbeitgeber Reto Grütter. Der Geschäftsführer der Grütter Bedachungen AG in Beinwil am See bedauert, seinen «Superstift» zu verlieren. Doch sei damit zu rechnen gewesen, dass Hilfiker einst in das elterliche Geschäft in Seengen einsteigen werde.