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Im Hünerwadelhaus am Freischarenplatz will Lenzburg zudem eine zentrale Anlaufstelle für die Bevölkerung einrichten
So wirklich überrascht ob der Meldung gestern am frühen Morgen aus dem Rathaus war wohl niemand. «Das KV-Schulhaus wird Verwaltungszentrum», teilte der Stadtrat mit. Der Zügeltermin ist auf Sommer 2021 angesagt.
Nachdem der Regierungsrat im Frühling die Schliessung des KVs auf Ende Schuljahr 2019/20 angekündigt hatte, war die Option «Hünerwadelhaus» von verschiedenen Seiten bereits in Betracht gezogen worden. Stadtammann Daniel Mosimann kommentiert nun den Entscheid des Stadtrats so: «Wir verstehen unsere Verwaltung als kundenorientierten Dienstleister und sind froh, diese jetzt unter einem Dach einrichten zu können.» Die vom Stadtrat in Auftrag gegebene Machbarkeitsprüfung habe ergeben, dass im Hünerwadelhaus rund 85 Arbeitsplätze eingerichtet werden könnten. Zudem sei die Lage beim Freischarenplatz optimal und verkehrstechnisch gut erschlossen.
Nun sollen die Mitarbeitenden aus dem Försterhaus am Kronenplatz (Abteilungen Stadtplanung & Hochbau, Tiefbau & Verkehr, Standortentwicklung & Kommunikation), der Alten Post an der Poststrasse (Abteilungen Soziale Dienste, Regio Steueramt und Informatik) und dem Rathaus in der Rathausgasse ins Hünerwadelhaus einziehen. Gleichzeitig will der Stadtrat im Parterre die seit langem gehegten Pläne eines Stadtbüros realisieren.
Der Stadtrat Lenzburg hat einen sportlichen Zeitplan vorgelegt: In einem Jahr, wenn das KV schliesst, sollen die baulichen Anpassungsarbeiten umgehend aufgenommen werden können. Je nachdem wird sogar eine Volksabstimmung nötig werden. Dann nämlich, wenn die Bausumme 2,5 Millionen Franken oder mehr beträgt. «Dann gibt es wohl im Mai 2020 einen Urnengang», so der Stadtammann. Zum Kostenrahmen kann Mosimann jetzt noch keine Angaben machen. Die nächsten Schritte sollen nun jedoch rasch aufgegleist werden, damit das Gebäude im Sommer 2021 bezugsbereit ist.
In der Stadt Lenzburg ist schon seit Jahren die Rede von einem neuen Verwaltungszentrum. Im aktuellen Finanzplan sind dafür 15,5 Millionen Franken vorgesehen. Dieser Betrag wird mit der vorliegenden Lösung massiv unterschritten werden.
Noch völlig unklar ist, was mit den Liegenschaften Försterhaus, Alte Post und Rathaus nach dem Auszug der Mitarbeitenden passieren soll. Diese Frage soll im Rahmen der geplanten Liegenschaftsstrategie der Stadt Lenzburg geklärt werden. Mosimann hält jedoch fest: «Alle Gebäude stehen an strategisch wichtigen Orten in der Stadt. Da muss gut überlegt werden, was mit den Liegenschaften passieren soll.»
Bei seinen Überlegungen hat der Stadtrat in Erwägung gezogen, das Hünerwadelhaus weiterhin als Schulhaus (separater Text) zu nutzen und eine Primarschule einzurichten. Nebst Platznot in der Stadtverwaltung wird es nämlich auch in den Schulhäusern des stark expandierenden Lenzburgs bereits wieder eng (die AZ berichtete).
Das Hünerwadelhaus in der Aavorstadt hat Markus Hünerwadel 1759/60 als Handelshaus erbaut. Es ist das grösste erhaltene Handelshaus im Aargau aus dem frühen Industriezeitalter. Durch den Verlust von Schiffsladungen verlor Familie Hünerwadel ihr riesiges Vermögen und musste die Liegenschaft 1788 der Stadt verkaufen. Von diesem Zeitpunkt an war das Hünerwadelhaus das Schulhaus der Gemeinde Lenzburg. Sämtliche Schulstufen waren darin untergebracht, ebenso die kaufmännische und gewerbliche Ausbildung. Zudem führte hier Augustin Keller von 1836 bis 1846 das erste aargauische Lehrerseminar. 1903 zügelte die Primarschule ins neue Angelrainschulhaus, 1931 die Bezirksschule in den Neubau am Bleicherain. 1976 zog die Gewerbeschule in den Neuhof. Die KV-Schule blieb alleinige Nutzerin des Hauses. Ab 2021 soll das unter Denkmalschutz stehende Hünerwadelhaus neues Verwaltungszentrum der Stadt werden. (str)
Mit seinem jetzigen Entscheid macht Lenzburg dem Kanton einen Strich durch die Rechnung. Das Departement Bildung, Kultur und Sport (BKS) hatte eigene Pläne für die künftige Nutzung der Liegenschaft nach der KV-Schliessung. Vorgesehen war, in Lenzburg einen Aussenstandort der Berufsfachschule Gesundheit und Soziales für die Lernenden im Bereich Fachangestellte Betreuung (BFGS) einzurichten.
2011/12 war das Hünerwadelhaus für 4,4 Millionen Franken saniert worden. An diese Summe hatte der Kanton knapp eine Million Franken beigesteuert. Hat der Kanton Rückforderungen gestellt? Zu dieser Frage hält man sich auf beiden Seiten bedeckt. Stadtrat Daniel Mosimann gibt sich
kurz angebunden. «Zu dieser Frage haben die Parteien Stillschweigen vereinbart.» Die verklausulierte Formulierung des Kantons lässt etwas Interpretations-Spielraum. «Stadtrat und BKS haben sich auf die Modalitäten der Ablösung geeinigt», heisst es da.