Lenzburg
Das Gotti des Müllerhauses wird nach 18 Jahren pensioniert

18 Jahre hat Karin Büchli im und für das Müllerhaus gearbeitet. Sie hat dem 1785 erbauten Haus zu neuem Ruhm verholfen und bleibende Spuren hinterlassen.

Janine Gloor
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Neben dem Garten ist diese Leseecke Karin Büchlis Lieblingsort im Müllerhaus. Doch das Entscheiden fällt ihr schwer, sie mag jedes Zimmer.

Neben dem Garten ist diese Leseecke Karin Büchlis Lieblingsort im Müllerhaus. Doch das Entscheiden fällt ihr schwer, sie mag jedes Zimmer.

Sandra Ardizzone

Für Karin Büchli war es Liebe auf den ersten Blick. Vor mehr als 25 Jahren besuchte sie eine Geschirrausstellung von Villeroy & Boch im Müllerhaus und verliebte sich in das Gebäude. «Aber ich wusste, dass man hier nicht wohnen kann», sagt sie. Die Liebe wurde zur Fernbeziehung, bis sie auf ein Stelleninserat des Stapferhauses für einen Job im Netzwerk Müllerhaus stiess. Sie zögerte kurz. Der Sohn hatte die Lehre begonnen, eigentlich schien der Zeitpunkt perfekt. Als sie sich entschieden hatte, war der Stichtag für die Einreichung der Unterlagen schon verstrichen. Doch Büchli legte eine Nachtschicht ein, bewarb sich und bekam die Stelle. 18 Jahre hat sie im Müllerhaus gearbeitet, nun wird sie pensioniert.

Im Müllerhaus ist jedes Zimmer anders ausgestattet, in einem Raum klebt eine hellblaue Blümchentapete an den Wänden, das nächste ist gelb gestrichen. So muss man sich auch Karin Büchlis Arbeit vorstellen. Zum einen hat sie für die Stiftung Dr. Hans und Gertrud Müller gearbeitet. «Ich war für den Unterhalt des Gebäudes, die Buchhaltung, die ganze Geschäftsführung zuständig», sagt sie. Sie musste auch dafür sorgen, dass die Räume vermietet wurden. Zusammen mit dem im Erdgeschoss eingemieteten Künstler Fritz Huser wollte Karin Büchli das Müllerhaus in bekannter machen; mehr Leute anlocken. 2002 hat Büchli die Müllerhaus Weinbar ins Leben gerufen. Immer am letzten Freitag im Monat gab es jazzige Klänge, Wein, Häppchen und sogar feines Essen. «Zum Glück ist mein Mann Weinkenner», sagt Büchli. Sie hat die Dekoration übernommen, den Blumenschmuck gestaltet und organisiert. «Anfangs haben alle, die hier im Haus arbeiteten, haben mitgeholfen.» Die Weinbar sei zum Treffpunkt geworden. Vor zwei Jahren fand die letzte Ausgabe der Weinbar statt. «Wir sind ein bisschen müde geworden», sagt Büchli. Nach der regulären Arbeit bis morgens um 2 Uhr weiterzumachen sei sehr anstrengend gewesen. «Und wir haben unser Ziel erreicht.»

Viel Herzblut ins Haus gesteckt

In ihrer zweiten Funktion leitete Karin Büchli für das Netzwerk Müllerhaus. Das Netzwerk ist momentan Geschäftsstelle für 14 Organisationen. «Wir machen die Buchhaltung, das Sekretariat, Geschäftsführungen, kümmern uns um die tägliche Korrespondenz», zählt Büchli auf. Während der Saison für Generalversammlungen, aber auch für die zahlreichen Sitzungen war sie viel unterwegs. Am Telefon musste sie sich auf vierzehn verschiedene Arten melden.

Einmal läutet es für den Dachverband der Schweizerischen Gemeinnützigen Frauen. Ein anderes Mal für die Gesellschaft Schweiz-China. «Ein Traumjob», sagt sie. «Ich habe so viele verschiedene Menschen kennen gelernt.» In ihrer Funktion für das Netzwerk hat Karin Büchli Persönlichkeiten wie den alt Bundesrat Arnold Koller und den deutschen Politiker Wolfgang Schäuble nach Lenzburg geholt sowie in internationale Konferenzen im Ausland organisiert.

Der Abschied vom Müllerhaus wird ihr schwerfallen. «Als ich hier angefangen habe, sah es nicht so schön aus», erzählt sie. Das Haus wurde renoviert und Büchli erhielt die einmalige Gelegenheit, dem Gebäude ihre persönliche Widmung zu hinterlassen. «Ich durfte das Haus mit schönem Geschirr, den Antiquitäten, aber auch ganz modern einrichten, zum Beispiel das Atelier im Garten», sagt sie.

Im Pavillon bietet das Literaturhaus Aargau Schriftstellerinnen und Schriftstellern ein temporäres Zuhause. Büchli hat dem Müllerhaus noch ein weiteres Vermächtnis hinterlassen: Dank ihr kann man sich im Müllerhaus standesamtlich trauen lassen. Ein Jahr lang hat sie Gespräche mit den zuständigen Stellen geführt. Karin Büchli ist schon verheiratet. Doch für sie ist klar: «Ich würde auch hier heiraten wollen.»