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Eine anonyme Kampagne wurde Gemeindeammann Daniel Lüem nach 21 Jahren Amtsjahren zum Verhängnis. Mit der «Schweiz am Wochenende» spricht er erstmals über die hauchdünn verpasste Wiederwahl.
Seine Abwahl als Gemeindeammann kam überraschend. Sie hat auch Daniel Lüem kalt erwischt: Dass ihm die Hendschiker nach 21 Jahren eine derartige Abfuhr erteilen würden, hat er so nicht erwartet. Ja, er habe schon ein, zwei Tage gebissen, erklärt Lüem knapp zwei Monate nach der hauchdünn verpassten Wiederwahl in den Gemeinderat (4 Stimmen fehlten) und als Ammann (1 Stimme unter dem absoluten Mehr).
Dass ihm die Schmierenkampagne mit anonymen Pamphleten im Vorfeld etwas anhaben könnte, habe er ganz einfach unterschätzt. «Aus heutiger Sicht hätte ich auf die Vorwürfe reagieren sollen.» Hätte. Sollen. Längst hat Lüem die Vorfälle abgehakt. «Ich spüre keinen Groll mehr und bleibe Hendschiker mit Leib und Seele.»
Lüems Stimme wird etwas bestimmter, wenn er sagt: «Ich bin doch nicht Kaiser von Hendschiken, sondern vom Souverän gewählter Ammann.» Als solcher habe er gemeinsam mit den Ratskollegen dem Stimmvolk Vorschläge unterbreitet und nach dessen Entscheid den Auftrag ausgeführt.
Nachdenklich stimmt Daniel Lüem, dass die Diffamierungskampagne im Duell um seine Nachfolge, die in einer Woche bestimmt wird, weitergeht. Und er bedauert, dass die Post Flugblätter von einem anonymen Absender überhaupt annimmt. Hinter den Kampagnen vermutet Lüem eine Person ausserhalb des bisherigen Kandidatenfeldes.
28-jährig wurde Daniel Lüem in den Gemeinderat gewählt, ein Jahr später, 1996, war er bereits Ammann. Wie kam das? Lüem schmunzelt. «Ich habe mich halt mit meiner Meinung nicht immer zurückgehalten.» Das Temperament des jungen Hendschikers ist den Verantwortlichen nicht entgangen.
Ganz so einfach will Lüem diese Aussage nicht stehen lassen. Und er präzisiert: «Ja, ich bin ein Alpha-Tier, übernehme gern den Lead. Doch im Amt als Gemeindeammann weiss ich mich sehr wohl zu zügeln.» Im Rat habe er das Kollegialprinzip hochgehalten.
Ein bisschen schmerzt es ihn, dass er am kommenden Mittwoch die letzte Gmeind präsidieren wird. Er liebe Gemeindeversammlungen, gesteht er. Und die Erklärung folgt auf dem Fuss. «Eine Gmeind ist das direkt-demokratischste Instrument. Sie bietet die Möglichkeit zum persönlichen Austausch mit dem Bürger», erklärt er. Wenn’s sein muss, dürfe auch mal mit harten Bandagen gekämpft werden, findet er. Einzig fair sollte die Auseinandersetzung sein.
In Lüems Amtszeit ist die kleine Gemeinde im unteren Bünztal um einen Drittel gewachsen. Von 900 auf 1250 Einwohner. Zu den Höhepunkten seiner Amtszeit zählt er die Renaturierung der Bünz und sämtliche Projekte im Zusammenhang damit. Das heisst, der dafür notwendige Landerwerb, die Sanierung der Brücken und der Hochwasserschutz.
Stolz ist der 51-Jährige auf das neue Schulhaus, dessen Kreditabrechnung nun für die kommende Gmeind traktandiert ist. Dabei hatte der Gemeinderat ursprünglich einen Anbau ans bisherige Schulhaus beantragt. Aus Kostengründen. Doch der Souverän entschied anders: Er wollte ein neues Schulhaus für die Jugend.
Heute glaubt Lüem, dass dieser Entscheid richtig war, obwohl der Schuldenberg die strukturschwache Gemeinde arg drückt. «Wir haben ein schönes Schulhaus mit einer verkehrsarmen Umgebung. Das ist eine Investition in die Jugend. Auch das bedeutet Lebensqualität, nicht nur ein tiefer Steuerfuss», ist Daniel Lüem überzeugt. Zufrieden ist der abtretende Ammann auch damit, dass es der Gemeinde gelungen ist, einen Volg-Laden mit Post-Agentur zu etablieren. Wo in Nachbargemeinden Läden geschlossen würden, betont er.
Worüber war Lüem in seiner Amtszeit am meisten enttäuscht? «Do muess i fasch chli sueche», sagt er fast ein wenig entschuldigend. Wenn, dann habe dies immer mit schwierigen Personalentscheiden zu tun gehabt, meint er nach einer Weile. Und er erinnert daran, dass seine Amtszeit angefangen hat, wie sie nun endet: Auch vor 21 Jahren wurde das kleine Hendschiken von einem Skandal erschüttert. Der damalige Gemeindeschreiber hatte grössere Geldbeträge veruntreut und der junge Gemeindeammann war ihm auf die Schliche gekommen.