Lenzburg
Es bleibt auch vor Bundesgericht dabei: Unfallfahrerin hätte an der Ampel noch bremsen können

Nachdem sie 2018 auf einer Kreuzung in Lenzburg mit einem Bus kollidiert war, zog eine Autofahrerin durch alle Gerichtsinstanzen. Auch die Letzte bestätigt nun den Schuldspruch.

Eva Wanner
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2018 kollidierte die Beschuldigte in Lenzburg mit einem Linienbus. Sie hätte noch bremsen können, urteilt nun auch das Bundesgericht.

2018 kollidierte die Beschuldigte in Lenzburg mit einem Linienbus. Sie hätte noch bremsen können, urteilt nun auch das Bundesgericht.

Kapo

Bei Grün darf man fahren, bei Rot nicht. So weit, so klar. Um die Zwischenstufe dieser beiden Ampelfarben ging es aber am Bezirksgericht Lenzburg, am Obergericht des Kantons Aargau und schliesslich auch noch vor Bundesgericht.

Hintergrund: ein Unfall aus dem Jahr 2018 in Lenzburg. Eine Frau (im Bundesgerichtsurteil anonymisiert als A. bezeichnet) fuhr am betreffenden Märzabend in ihrem Audi auf der Bahnhofstrasse über das Lichtsignal nach links in den Freiämterplatz.

Vom Hypiplatz her kam ein Bus, die Fahrerin (B.) fuhr auf der Kreuzung geradeaus. Auto und Bus stiessen zusammen, der Audi drehte sich daraufhin, stiess mit einem Pfosten zusammen und prallte dann noch gegen ein anderes Auto. Verletzt wurde laut der Kapo-Meldung von damals niemand, der Sachschaden betrug rund 35'000 Franken.

Zweite Instanz gab ihr teilweise recht

Nun sagten beide Frauen aus, sie seien bei Grün über die Kreuzung gefahren. Anders sah das die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau und stellte einen Strafbefehl aus. Demnach hat A. «grobfahrlässig ein Lichtsignal (Rotlicht) missachtet und dem Verkehr nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet».

A. erhob Einsprache – und blitzte vor dem Bezirksgericht Lenzburg ab. Sie wurde zu einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 170 Franken (3400 Franken) sowie einer Busse von 1100 Franken verurteilt.

A. zog das Urteil weiter an die nächste Instanz. Das Obergericht sprach sie zwar vom Vorwurf der mangelnden Aufmerksamkeit frei, es blieb die Missachtung des Rotlichts. Denn: «Es lasse sich zweifelsfrei erstellen, dass die Beschuldigte vor der Kollision den Haltebalken auf ihrer Spur bei Gelb und die Kreuzung bei Rot überfahren habe.» Die Strafe wurde aber reduziert auf 20 Tagessätze à 160 Franken (3200 Franken) und 800 Franken Busse.

Einem Bus hinterhergefahren

Weiter ging es ans Bundesgericht. Argumentiert hatte A. beziehungsweise ihr Anwalt damit, dass man davon ausgegangen sei, dass sie ohne brüskes Bremsen noch vor der Kreuzung hätte anhalten können.

Diese Annahme sei willkürlich, es hätte auch anders sein können, «nämlich, dass die Ampel erst kurz vor dem Passieren auf Gelb geschaltet habe, weshalb sie nicht ohne brüskes Bremsen hätte anhalten können». Von «ununterdrückbaren Zweifeln» ist die Rede. Gemäss dem Grundsatz in dubio pro reo müsste A. dann freigesprochen werden.

Das Bundesgericht verweist indes auf die Vorinstanz – die wiederum eine Aussage von A. bei der Kantonspolizei ins Feld führt. Demnach hatte die Autofahrerin dort angegeben, sie sei einem Bus hinterhergefahren und habe sich auf ihre Erfahrung verlassen, «wonach noch ein bis zwei Fahrzeuge hinter dem Bus herfahren könnten, bis die Ampel auf Gelb wechsle».

Daraus wurde abgeleitet, dass A. noch hätte bremsen können, «sofern sie bemerkt hätte, dass die Ampel nicht mehr (wie behauptet) auf Grün gestanden hat». Das ist weder Willkür, noch wird der Grundsatz im Zweifel für die Angeklagte verletzt. Es bleibt bei der Verurteilung – zusätzlich muss A. die Gerichtskosten von 3000 Franken tragen.

Urteil: 6B_396/2021