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Lenzburg
Ein Italiener (27) versuchte vor dem Bezirksgericht Lenzburg, sich mit abenteuerlichen Erklärungen zu retten.
Er ist ein notorischer Raser. Und einer, der meint, er könne das Gericht für dumm verkaufen. «Ich kenne die Regeln und das System im Verkehr hier noch nicht so gut», behauptete der 27-jährige Italiener in seinem letzten Wort vor dem Bezirksgericht Lenzburg. Der Koch lebt zwar nicht ewig, aber schon seit sechs Jahren in der Schweiz. Und der BMW-Fahrer glaubt noch immer, im Verkehr würden für ihn irgendwelche Gesetze gelten – nur nicht die schweizerischen. Weil er den Pannenstreifen benutzte, um zu überholen, wurde er vom Bezirksgericht zu einer Busse von 1400 Franken und einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen (zu 100 Franken) verurteilt.
Im August 2016 hat der junge Mann auf der A1 Richtung Bern vor der Ausfahrt Mägenwil mit seinem BMW auf den Pannenstreifen gewechselt und die stehenden Autos überholt. «Normal hat es ein Schild, auf welchem steht, dass man im Staufall auf den Pannenstreifen ausweichen darf. Ich wusste nicht, dass man das nicht immer darf.», sagt der gepflegte Mann im weissen Hemd und Jeanshose mit dumpfer, manchmal unverständlicher Stimme.
Seine Partnerin, die ihn aufs Gericht begleitet, hilft ihm gelegentlich beim Verstehen der Fragen und Aussagen. Er spricht aber sehr frei Deutsch. In der Anklage wird festgehalten, dass der junge Mann etwa 150 Meter auf dem Pannenstreifen fuhr und 15 Autos überholte. Dieser wehrt sich vehement: «Das waren höchstens 70 Meter, ein Auto ist ja nicht mehr als vier Meter lang und es war Stau.»
Für seine Unwissenheit hat er auch eine Erklärung: «In Italien ist es anders als hier, ich musste mich zuerst an die Regeln anpassen.» Die Gerichtspräsidentin scheint wenig beeindruckt: «Sie sind jemand, der sich langsam mit den Verkehrsregeln auskennen sollte – nach sechs Verkehrsdelikten», ermahnt sie ihn. Dem Italiener wurde in der Vergangenheit mehrere Male der Führerschein entzogen. Einmal sogar für sechs Monate wegen überhöhter Geschwindigkeit.
Die Gerichtspräsidentin stützt sich bei ihrem Urteil auf ein kürzlich gefälltes Bundesurteil. Es handle sich um ein schweres Verkehrsdelikt: «Die Autos, welche bei der Ausfahrt korrekt rausfahren, rechnen nicht damit, dass jemand vom Pannenstreifen her kommt», führt sie aus. Er sehe seinen Fehler ein, jedoch habe er noch nie vorher rechts überholt, während das andere die ganze Zeit täten, verteidigt er sich erfolglos.