Die Musiklehrerin hat ein Orchester für Wiedereinsteiger gegründet – mit Erfolg. Cellisten sind auf der Warteliste, Bratschisten und Geiger empfängt Monika Altorfer mit offenen Armen. Denn im Klangkörper gilt: auf ein Cello, vier Geigen.
Klaviermelodien und Blockflötentöne füllen das Treppenhaus der Musikschule Lenzburg. Der Holzboden knistert bei jedem Schritt. Ein einzigartiges Klangspiel. Im ersten Stock sind die Türen zu, aus Zimmer Nummer 10 ertönt eine Geigenmelodie, dazwischen ein «Genau so. Super.» Es ist die Stimme von Monika Altorfer, Musiklehrerin für Geige und Bratschen. Die Stunde ist um, ein Mädchen mit ihrem Instrumentenkoffer tritt aus dem Zimmer und huscht die Treppe hinunter.
Drinnen ist es hell, die Wände sind mit Schülerzeichnungen und Bildern dekoriert. «Das ist mein zweites Zuhause», sagt Altorfer lachend. Seit 23 Jahren unterrichtet sie hier und gibt ihren Schülern die Leidenschaft für Streichinstrumente weiter.
Nachdem sie 1998 das Regionale Jugendorchester Lenzburg ins Leben gerufen und vor zwei Jahren die Leitung abgegeben hat, präsentiert sie nun ein weiteres Projekt: ein Orchester für Wiedereinsteiger, «le corde suonante». Es ist ein Ensemble, das Streichern aus allen Altersklassen offen steht: Von Jugendlichen, die nach der Musikschule keinen weiterführenden Unterricht besuchen, bis hin zu Pensionären, die mit dem Gedanken spielen, ihre Streichinstrumente wieder aus dem Schrank herauszuholen. «Alleine fällt es einem schwer, sich wieder zum Musizieren zu motivieren. In einer Gruppe ist das viel einfacher», sagt die 58-Jährige. Zurzeit sind im Ensemble 8 Cellisten, 12 Geiger und zwei Bratschisten vertreten.
Die Musik und die Freude stehen im Vordergrund, Stress und Druck sind im Orchester tabu. Denn diejenigen, die noch unsicher unterwegs seien, können sich ungehemmt den anderen anschliessen. «Keiner muss sich individuell exponieren», sagt die Dirigentin. Damit sich alle Streicher auf gleicher Stufe wiederfinden, wählt sie einfache Stücke aus. Im Moment übt das Ensemble die Weihnachtssinfonie von Michel Delalande, bald steht auch Chacony von Henry Purcell an.
Dass es ein Bedürfnis ist, in einer entspannten Atmosphäre und ohne Leistungsdruck zu musizieren, zeigt das Interesse, welches das Orchester geweckt hat: Für Cellisten hat Monika Altorfer eine Warteliste erstellen müssen. Bratschisten und Geiger seien aber «herzlich willkommen.» Denn für den Klangkörper gilt: Auf ein Cello, vier Geigen.
Da sich die Gruppe erst viermal zum Musizieren getroffen hat, befindet sich das Ensemble momentan noch in der «Schnupperphase». Monika Altorfer ist daran, den Streicherklang zu formen und das Zusammenspiel zu üben. Sie lernt ihren Musikern, eine korrekte Bogeneinteilung zu machen und gibt Tipps, wie sie ihre streicherischen Fähigkeiten verbessern können. «Die Gruppe ist begeistert», sagt sie.
Auf einen bestimmten Zeitpunkt trainiert Altorfer mit ihrem Ensemble bewusst nicht hin. Sie möchte vorerst abwarten und schauen, wie sich das Orchester entwickelt: «Wir lassen uns Zeit, Stück für Stück einzuspielen. So verfügen wir später über ein schönes Repertoire.» Ganz ausschliessen, möchte sie einen Auftritt von «le corde suonante» aber dennoch nicht.