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Unmittelbar an der Hallwilerseeschutzzone in Birrwil ist eine weitere Überbauung geplant. Einige Anwohner fürchten um ihre Aussicht, andere fühlen sich hintergangen.
Im Wilifeld über der Zufahrtsstrasse zum Restaurant Delphin ist in Birrwil eine Arealüberbauung geplant, die für Gesprächsstoff sorgt: Ein Einfamilienhaus mit Nebengebäuden soll dort drei Einfamilienhäusern und zwei Dreifamilienhäusern weichen. Zusammen mit Garagen und Parkplätzen summieren sich die Baukosten auf fast fünf Millionen Franken. Das Projekt am Hang grenzt an die Schutzzone des Hallwilersees: Weiter kann nicht gebaut werden. Entsprechend exklusiv die Lage: Kann das Projekt umgesetzt werden, ist den Käufern der Häuser und Wohnungen eine unverbaubare Aussicht auf See und Alpen gewiss.
Doch bei den Anwohnern regt sich Widerstand: Einige fürchten, ihre eigene Aussicht zu verlieren, andere fühlen sich hintergangen, von der Gemeinde und der Bauherrschaft, wie der «Wynentaler» berichtete. Um sich zu erklären, hat die Gemeinde jetzt zu einem Informationsabend eingeladen. Eigentlicher Anlass war der Erschliessungsplan für die neuen Gebäude, eine vermeintliche Nebensächlichkeit gemessen am eigentlichen Bauprojekt: Es geht um die Kurve, die in die einspurige, etwa 30 Meter lange Zufahrtsstrasse zur Parzelle führt. Die Kurve soll minimal verbreitert werden, um die Zufahrt für Lastwagen zu gewährleisten. Je nach Variante müssten Anwohner für die Kurve zwischen 13 und 29 Quadratmeter Bauland abtreten.
Fast hätte es geklappt, bis im letzten Sommer gegen einen ersten Versuch für diese Erschliessung eine Einsprache eingegangen ist. Sie hat dazu geführt, dass die Erweiterung der Kurve vom Lenzburger Ingenieurbüro Flury detailliert ausgearbeitet wurde und nun erneut aufliegt. Der Erschliessungsplan ist im Mitwirkungsverfahren und kann bis zum 31. Juli auf der Gemeinde eingesehen werden – parallel zum Baugesuch für die Arealüberbauung.
Bei Anwohnern sorgt das für Unmut: «Es ist nicht nachvollziehbar, dass beides gleichzeitig aufgelegt wird», sagte einer an der Informationsveranstaltung. Denn ein Baugesuch kann vom Gemeinderat erst dann gutgeheissen werden, wenn vorher der Erschliessungsplan genehmigt worden ist – was nicht heisst, dass die beiden Verfahren nicht parallel laufen dürfen.
Doch wieso hat der Gemeinderat nicht erst den Erschliessungsplan und erst danach das Baugesuch aufgelegt? «Wir haben uns bewusst für die gleichzeitige Auflage entschlossen, damit Interessierte nicht nur die Strassenerweiterung, sondern auch das eigentliche Bauprojekt einsehen und sich eine Meinung bilden können», sagte Gemeinderat Heinz Neeser. «Doch wieso jetzt?», fragte ein Anwohner. Dass nach der langen Planungszeit ausgerechnet der Juli für die Auflage gewählt wurde, hinterlasse einen schlechten Beigeschmack. «Jetzt in den Ferien kann ich doch keinen Spezialisten finden, der mir bei einer Einsprache hilft», meldet sich deshalb ein weiterer Anwohner. Ob das Absicht sei, fragen gleich mehrere der fünfzehn Teilnehmer der Veranstaltung. Gemeinderat Neeser verneint das bestimmt. Und: Wer bei einer Einsprache Hilfe brauche, werde selbstverständlich vom Gemeindeschreiber sachlich unterstützt.
Die Anwohner fühlen sich hilflos. Denn nicht nur der Landschaftsschutz, sondern auch der Kanton hat dem Projekt unter strengen Auflagen bereits Unterstützung signalisiert. Besonders nach der Prüfung durch den Kanton ist es damit eher unwahrscheinlich, dass die Anwohner im Baugesuch einen Gesetzesverstoss finden, mit dem es gestoppt werden könnte. Es ist deshalb zweifelhaft, ob der Bauboom von Birrwil hier, an der Grenze zum Hallwilerseeschutzdekret, ein Ende findet.