Hallwil
Bärzelitag: Wenn Geister das Dorf heimsuchen

Ganze vierzig Kilogramm wiegt ein Bärzelikostüm. Das verlangt von einem Hallbuer vor allem mentale Stärke.

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Momentaufnahme eines Bärzelitages
10 Bilder
Noch wirkt der junge Hallbuer etwas zu klein, um ein gfürchiges Bärzeli zu sein - das ändert sich dann mithilfe der Larve
Gerade die grossen Kostüme können nur mit Hilfe angezogen werden
Jedes der Kostüme besteht aus unzähligen Einzelteilen
Noch kurz eine Zigarette, beovor es losgeht
Schon etwas unheimlich, doch wirklich Leben bekommt die Larve erst wenn sie angezogen wurde
Bärzelitag Hallwil 2017
Die aufwändigen Kostüme werden auch mithilfe eines Flaschenzuges angezogen
Cinderella einmal anders - 'Nicht zu viel Stroh im Schuh', bittet das Bärzeli
Das Kamel wird von zwei Personen verkörpert - daher braucht es funfzehn Hallbuer für vierzehn Kostüme

Momentaufnahme eines Bärzelitages

Isabelle Schwab

Es ist der Tag nach Weihnachten. Um acht Uhr morgens bei drei Grad Celsius stapfen zehn Hallbuer (für Auswärtige: So nennt man die Einwohner von Hallwil) durch den Wald beim Aabach. Sie haben Glück: Es regnet nicht und ihre Suche nach Tannästen gestaltet sich einfacher als gedacht. Schon nach einer halben Stunde haben sie genug Material.

Drei Tage später wiederholt sich das Ritual. Die jungen Männer stapfen durch den Wald. Diesmal auf der Suche nach Stechpalmästen, denn diese sollen nicht dürr sein, wenn sie vier Tage später als Bärzeli zum Leben erwachen.

Die Laren, wie sie im Römischen Reich hiessen, sind Schutzgeister eines Hauses oder eines bestimmten Ortes. Sie vertreiben böse Geister und sind meist mit kleinen Opfergaben gnädig zu stimmen. Nach und nach wurden aus ihnen die heutigen Larven oder Masken, wie man sie auch von den Bärzeli in Hallwil kennt.

Vier der vierzehn Bärzelikostüme werden jedes Jahr neu gemacht. Tagelang büschelt, wer von den fünfzehn jungen, nach Möglichkeit ledigen, Hallbuer Männern gerade Zeit hat, Tannäste und Hobelspäne. Fein säuberlich werden sie zusammengeschnürt und jedes Büschel wiederum an einem alten Millitärrock genäht. Ab und zu ein kleiner Schnitt in den Finger: Das kann passieren. Die Menge Blut, die dabei fliesst, ist jedoch vernachlässigbar im Vergleich zur Menge Bier. Jene soll hier undefiniert bleiben.

Vierzig Kilogramm kann so ein Bärzelikostüm am Ende wiegen. Bei einem Durchmesser von etwa eineinhalb Metern sind gerade Hobuspöönig, Straumaa, Tannreesig und Stächpaumig nicht unbedingt leicht zu tragen. Vorbereiten tut sich ein gewissenhafter Bärzeler auf das Tragen aber in erster Linie mental. Denn jedes der Bärzeli hat einen eigenen Charakter, eine Geschichte und muss richtig gespielt werden. Für einen Tag wird man zum Schutzgeist, Glücksbringer oder Fruchtbarkeitssymbol. Denn dadurch, dass geheim ist, wer unter den Larven steckt, wirken sie Figuren umso realer. (ISS)