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Ab dem 21. Dezember 2015 war Ruedi Hediger kein gewöhnlicher Ammann mehr: Der Vierfachmord verlangte nach einem Krisenmanager. Die az befragte Hediger, wie es ihm eine Woche nach der Verhaftung des Täters geht und wie er die Zukunft von Rupperswil sieht.
Seit am Freitag vor einer Woche bekannt wurde, dass der mutmassliche Vierfachmörder von Rupperswil gefasst ist, hörte das Telefon beim Rupperswiler Gemeindeammann Ruedi Hediger kaum mehr auf zu klingeln. Hediger hat dieser Tage ohnehin nicht zu wenig zu tun: Hauptberuflich führt er die Geschäftsstelle des Schweizerischen Turnverbands STV. Nächste Woche beginnen in Bern die Europameisterschaften im Kunstturnen, wo er als Vertreter des STV sowie als Vizepräsident der Europäischen Turnunion im OK mitarbeitet. Er schaufelt sich am Freitag ein halbe Stunde für die az frei, empfängt am STV-Sitz in der Aarauer Zurlinden-Villa und muss danach gleich wieder los nach Bern.
Seit einer Woche wissen Sie, dass der Täter gefasst ist. Wie geht es Ihnen?
Ruedi Hediger: Eigentlich gut. Aber es war eine anspruchsvolle Woche. Ich musste viele Medientermine wahrnehmen. Und wurde natürlich überall auf den Fall angesprochen.
Was sagen Ihnen die Menschen, die Sie ansprechen?
Ich erhalte vor allem Anteilnahme und Mut zugesprochen.
Wie hat der Gemeinderat nach der erlösenden Medienkonferenz reagiert?
Ich berief noch am selben Abend eine ausserordentliche Sitzung ein. Es ging vor allem darum, einen Wissensgleichstand zu erzielen und zu beraten, wie man die Mutter des mutmasslichen Täters unterstützen kann.
Was genau wurde besprochen?
Es ist wichtig, dass sie eine Rückzugsmöglichkeit hat, da ihr Haus nun von Medien belagert wird. Unsere Gemeinderätin des Ressorts Soziales ist in Kontakt und leistet Unterstützung, wenn nötig und gewünscht.
Waren Sie zuletzt überhaupt noch Gemeindeammann oder nur noch Krisenmanager?
Man kann den Fall im weitesten Sinne wohl als Krise bezeichnen. Ich musste meine Arbeit einige Male fallen lassen, um schnell zu reagieren. Wichtig war, gleichzeitig einfühlsam zu bleiben.
Hat die Gemeindeverwaltung in dieser Zeit Unterstützung erhalten, etwa vom Kanton?
Nein, die kantonalen Stellen waren verständlicherweise von der Aufklärung des Falles absorbiert. Wir haben uns selber geholfen.
Sie sind Gemeindeammann im Nebenamt. Kommt hier unser Milizsystem an seine Grenzen?
Das würde ich nicht sagen. Ich finde eher, der Fall zeigt die Stärken des Milizsystems auf. Im Militär habe ich gelernt, wie man in ausserordentlichen Lagen führt, und im Beruf habe ich wertvolle Erfahrungen gesammelt. Beides kam uns nun zugute.
Der Regierungsrat hat entschieden, den Ermittlern eine Sonderprämie von 100 000 Franken auszuzahlen. Finden Sie das richtig?
Die Mitarbeitenden von Staatsanwaltschaft und Polizei haben eine Anerkennung absolut verdient. Ihnen und auch der Feuerwehr Rupperswil möchte ich einen grossen Dank aussprechen. Ihr Effort und ihre Professionalität waren beispielhaft. Die Sonderprämie ist ein mutiges und gutes Zeichen unserer Regierung.
Der Name Rupperswil ist derzeit auf allen Kanälen – in einem negativen Zusammenhang. Hat der Ruf Ihrer Gemeinde gelitten?
Soviel ich erfahre, wird kaum negativ über unser Dorf gesprochen. Wir hatten jetzt halt Pech, dass diese Tat bei uns verübt wurde und der mutmassliche Täter auch von hier stammt. Damit müssen wir leben. Aber Rupperswil ist dadurch nicht weniger lebenswert geworden. Wir haben noch immer ein schönes Dorf.
Es soll Einwohner geben, die wegen des Vierfachmords in eine andere Gemeinde umziehen.
Mir ist nichts dergleichen bekannt. Ich denke, die Leute können das einordnen. Für den Entscheid, umzuziehen, braucht es dann ja doch eine umfassende Güterabwägung.
Was sagen Sie jenen, die seit dem 21. Dezember 2015 daran zweifeln?
Schauen wir nach vorne! Das Leben geht weiter. Wir haben ein wunderbares Dorf, in dem man gemeinsam leben kann.