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Aargau
Isabelle Gasparrini und Michelle Rotondo haben mit «Senza» ein Ladenkonzept in ihr Dorf geholt, das es in dieser Form in der Region noch nicht gab.
Es braucht Mut, um in der Pandemiezeit ein Geschäft zu eröffnen. Noch mehr Mut braucht es, um mitten im ländlichen Reinach ein modernes Ladenkonzept auszuprobieren, das es in dieser Form erst wieder in Aarau gibt: der Offenverkauf von Lebensmitteln. Will heissen: Teigwaren, Linsen, Quinoa, Schokobons – alles feinsäuberlich verstaut in Säulen und Glasbehältern, um es vor Ort abzufüllen. Die beiden Frauen Michelle Rotondo und Isabelle Gasparrini, privat seit langem gute Freundinnen, haben den Schritt gewagt. Sie eröffneten Anfang April an der Hauptstrasse 41 in Reinach ihr Lokal Senza.
Rotondo führte zuvor elf Jahre als Floristin Blumenläden in Unterkulm und Reinach, Gasparrini war in der Gastronomie tätig. Entsprechend gross ist das Know-how der beiden, das sie nun kombinieren. Denn neben den ausschliesslich hochwertigen Lebensmitteln gibt es auch Blumen, Dekorationen und ein kleines Café auf dem Vorplatz. «Dieses Gesamtpaket auf kleinem Raum, das wir hier anbieten, habe ich in dieser Form noch nirgends gesehen», sagt Rotondo. Das Ziel der beiden ist klar: «Senza soll ein Treffpunkt werden, an dem man sich wohlfühlt.»
Für den Standort haben sich die beiden 39-Jährigen entschieden, weil sie einen grossen Bezug zur Region haben. Rotondo ist in Reinach aufgewachsen, Gasparrini lebt mit ihrer Familie im Dorf. «So einen Laden gibt es hier nicht und das fehlt den Leuten aber», ist Gasparrini überzeugt:
«Es gibt viele Einwohner, die gerne nachhaltig und bewusst in dieser Form einkaufen würden. Sie hatten bloss nicht die Möglichkeit dazu.»
Das hätten sie auch durch die vielen positiven Rückmeldungen erfahren. Zudem seien sie von der Anzahl Kunden überrascht. Angst vor fehlender Kundschaft haben sie nicht. «Auch Grossfamilien decken sich bei uns ein», sagt Rotondo. Man kaufe automatisch bewusster ein. Das sei etwas, das die beiden auch im eigenen Haushalt schätzen und deshalb weiterzugeben versuchen. Weil man schon anders einkaufe, geniesse man die Esswaren und das Essen anders. «Einfach bewusst», umschreiben die beiden das Gefühl. «Die Teigwaren sehen bei den Grosshändlern zwar verschieden aus, aber sie schmecken alle gleich», so Gasparrini.
Ganz anders sieht es bei Senza aus: «Jedes Produkt in diesem Raum hat seine Geschichte», schwärmt sie. Bei praktisch allen ist es eine regionale Geschichte, die Qualität verspricht. Die Eier etwa sind von Hühnern, die in transportfähigen Containern untergebracht sind, um wöchentlich woanders Freilauf zu haben, wie sie sagt:
«Sie sind quasi von reisenden Hühnern.»
Solche und andere Geschichten sorgen dafür, dass man auch schnell ins Gespräch mit den Kunden komme, sagt Rotondo.
Die beiden klapperten in den letzten drei Monaten auf eigene Faust unzählige Betriebe und Bauernhöfe ab, um gezielt ihre Produkte zu testen. Anschliessend fielen sie eine Auswahl, wobei das Sortiment stets etwas wechselt. «Wir brauchen auch kein Lager, weil alles aus der unmittelbaren Umgebung kommt», so Rotondo weiter.
Ins Auge stechen die knallig farbigen Blütenblätter in gläsernen Behältern mit der Aufschrift «Senza Tee». «Alleine der Duft spricht für die Qualität», sagt Gasparrini. «Unsere Blütenfrau Rita Kaufmann pflückt und dörrt die Blumenblätter selbst und das merkt man.» Die vor allem erdigen Naturfarben aller Produkte im Laden sind aufeinander abgestimmt. Mit dem Café und den sechs Sitzplätzen starten die beiden am Montag. Dies, nachdem der Bundesrat entschieden hatte, dass die Terrassen wieder öffnen dürfen. Auch Süsses werden sie dann anbieten. Bisher boten sie Coffee-to-go an.
Der Laden hat von Montag bis Samstag offen. Sie teilen sich die Zeit, denn nebenbei haben beide auch zwei Kinder und Familie. Ein Highlight sei bisher der Besuch eines älteren Herren gewesen, der sein Mittagessen bei ihnen abfüllte. Sie führen ein Buch, um Wünsche der Kunden aufzunehmen. Er wünschte sich für das künftige Sortiment Weinbeeren.