Der Kanton Aargau performt im Vergleich mit den anderen Kantonen überdurchschnittlich. Doch es gibt Verbesserungspotenzial bei der Wettbewerbsfähigkeit. Das hat die Regierung erkannt. Das Spitzentrio wird aber ausser Reichweite bleiben.
Es ginge ganz einfach noch besser. Zwar hat sich der Kanton Aargau im UBS-Ranking der relativen Wettbewerbsfähigkeit der Kantone im Vergleich zur letzten Studie aus dem Jahr 2019 um einen Platz auf Rang 4 verbessert. Damit performt er besser, als dies aufgrund seiner Geographie und anderer gegebener Faktoren zu erwarten wäre, doch er könnte sich mit bescheidenem Aufwand noch weiter verbessern und dem Spitzentrio Zug, Basel Stadt und Zürich annähern. Um das zu verstehen, muss man einen Schritt zurück machen.
Der kantonale Wettbewerbsindikator basiert auf der Bewertung von acht unterschiedlichen Bereichen (Wirtschaftsstruktur, Innovation, Humankapital, Arbeitsmarkt, Erreichbarkeit, Einzugsgebiet, Kostenumfeld, Staatsfinanzen). Die Werte dieser Einzelbereiche wiederum werden aufgrund unterschiedlicher Faktoren berechnet. Nehmen wir das Beispiel Erreichbarkeit: Da fliessen unter anderem die Reisezeit zum nächsten internationalen Flughafen mit dem Individualverkehr oder die Reisezeit zum nächsten Metropolraum mit Individual- und öffentlichem Verkehr ein.
Wichtig ist dabei, dass zahlreiche Faktoren nicht veränderbar sind (wie in den beiden Beispielen oben). Studienleiterin Katharina Hofer sagt:
«Berge lassen sich nicht versetzen.»
Anders formuliert: Die Geographie eines Kantons, die zum Beispiel grossen Einfluss auf die Erreichbarkeit und damit die Wettbewerbsfähigkeit hat, ist gegeben. Zugleich sind andere Faktoren, wie zum Beispiel die Unternehmensbesteuerung, welche die Säule Kostenumfeld massgeblich prägt, politisch veränderbar. Manche kurz-, andere langfristig.
Nun ist es in aller Regel so, dass der Anteil der unveränderbaren Faktoren die Mehrheit der Indikatorpunkte beisteuert. Ziemlich deutlich kommt das beim Kanton Aargau zum Ausdruck. Rund zwei Drittel der Indikatorpunkte macht er dank Faktoren, die er nicht beeinflussen kann. Die Tatsache, dass er Genf, das diesbezüglich noch bessere Voraussetzungen hätte, vom 4. Platz verdrängen kann, ist darauf zurückzuführen, dass die Genfer bei den veränderbaren Faktoren noch deutlich schlechter abschneiden (siehe auch Grafik unten).
Aber was sind das nun für Faktoren, die man innerhalb einer oder mehrerer Legislaturperioden verändern kann? Es geht dabei insbesondere um Dinge wie Unternehmenssteuern, Staatsfinanzen und Innovationspolitik. Rangiert man die Kantone nach den Faktoren, die sie beeinflussen können, zeigt sich nun, dass der Aargau deutlich schwächer abschneidet als die Konkurrenz. Belegt er insgesamt Rang 4, so muss er sich in dieser separaten Wertung mit dem 14. Platz begnügen.
Um herauszubekommen, wo dieses Potenzial vergraben liegt, lohnt sich der Vergleich des Aargaus mit dem künstlichen Konzept des Median-Kantons, einer Art Durchschnittskanton. Da zeigt sich, dass der Aargau bei den Staatsfinanzen überdurchschnittlich abschneidet. Auch im Bereich Innovation, wenn auch auf tiefem Niveau. Allerdings performt er im Bereich Kostenumfeld klar unterdurchschnittlich.
Woran das liegt? «Bei den Unternehmenssteuern ist der Kanton Aargau klar teurer als der Mediankanton», sagt Studienleiterin Hofer. Und der Faktor Unternehmenssteuern ist einer der gewichtigsten bei der Beurteilung des Kostenumfelds. Das hat die Regierung übrigens bereits erkannt und plant, wie Finanzdirektor Markus Dieth Ende April darlegte, die schrittweise Reduktion der Gewinnsteuer von 18,6 auf 15,1 Prozent.
Ein Blick auf das UBS-Ranking zeigt aber auch, dass es selbst bei einer deutlichen Verbesserung der veränderbaren Faktoren ein Ding der Unmöglichkeit wird, das Spitzentrio einzuholen. Da wiegen die Standortvorteile zu stark. Allerdings wird man sich noch deutlicher von der Konkurrenz dahinter absetzen könnten. Rosige Aussichten.