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Cédric Wermuth ist mit 33 Jahren der jüngste Kandidat im Rennen um einen Aargauer Ständeratssitz. In den sozialen Medien kann man seit Wochen mitverfolgen, wie er regelmässig Aargauerinnen und Aargauer in ihrem Zuhause besucht. #triffdenwermuth heisst die Aktion, einmal wird grilliert, einmal wird gefrühstückt. Immer werden Fragen gestellt.
«Es war von Anfang an Bedingung, dass dies keine Parteianlässe werden», sagt Cédric Wermuth, als er in Zofingen vor dem Wohnhaus wartet, wo er heute Abend zu Gast ist. Bei den 30 Hausbesuchen, die er bisher abgestattet hat, waren Menschen aus allen Parteien dabei. Wermuth, der in der Vergangenheit schon oft polarisiert hat, wurde überall herzlich empfangen, erzählt er: «Die Leute schätzen, dass man sich die Zeit nimmt, um ihre Fragen zu beantworten.»
Ein bedeutender Teil seines Wahlkampfs findet in den sozialen Medien statt: «Facebook und Instagram sind die zentralen Plattformen», sagt Wermuth. Der Onlinewahlkampf sei im Vergleich zu den klassischen Wegen frischer und innovativer. Insgesamt wird der SP-Nationalrat bis Ende Juni 60 Stuben besucht haben. «Am Anfang habe ich Leute gefragt, die ich kenne. Aus diesen Treffen heraus sind andere Treffen entstanden», erklärt er.
Die heutige Gastgeberin Sandra Olar kennt Cédric Wermuth aus Zofingen. Sie hat 14 Bekannte und Verwandte eingeladen, die sich bei einem Apéro auf der grosszügigen Terrasse am Zofinger Waldrand gegenseitig vorstellen. Die Stimmung ist so ausgelassen wie bei einem Geburtstagsfest. Von Teenagern bis zu Senioren sind alle Alterskategorien vertreten. «Das ist eine gute Gelegenheit, um einem Politiker Fragen zu stellen, über Themen, die einen persönlich interessieren», sagt Sandra Olar. «Oft bekommt man diese in den Medien nicht beantwortet.»
In der Serie «Unterwegs mit ...» stellt die AZ in loser Folge Ständeratskandidatinnen und -kandidaten abseits des üblichen Wahlkampfs vor.
Bereits erschienen:
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In der Stube gibt es anschliessend Pasta. Zu Beginn spricht Wermuth über den Klimawandel und über die sozialen Ungleichheiten. Über die reichsten Firmen, die ihre Milliarden mit fossilen Industrien verdienen, und über schlecht bezahlte Arbeit, die im Care-Bereich stattfindet. Wermuth spricht so, als würde er seine Sicht auf die Probleme in der Politik Freunden erklären. Auf die Einführung folgt eine offene Fragerunde, auf die Teigwaren folgen Kaffee und Kuchen.
Fast zwei Stunden lang tauschen sich der Politiker und die Gäste aus. Sie stellen Fragen, die sie als Bürger beschäftigen, etwa zu den steigenden Gesundheitskosten oder zur Preispolitik der SBB: «Vor 20 Jahren hat man in der Schweiz entschieden, so zu tun, als wären die SBB und der öffentliche Verkehr das Gleiche wie Unternehmen der Privatwirtschaft», sagt Wermuth. Verlange man von den SBB, dass sie mehr ihres Aufwands selber decken, dann stiegen natürlich auch die Ticketpreise. «Gerade in der Klimafrage wäre es richtig, die Flüge zu verteuern. Aber gleichzeitig müsse man die öffentlichen Verkehrsmittel günstiger machen.» Oder es werden Fragen gestellt dazu, wie und wo man als Konsument einkaufen soll, wenn man Nachhaltigkeit unterstützen will. «Es wäre viel logischer, wenn diese Frage durch ein Gesetz geregelt würde», sagt er. In den Läden sollten laut Wermuth überhaupt nur Produkte angeboten werden, die ökologisch und sozial nachhaltig sind.
Was er denn als Ständerat überhaupt für den Aargau machen würde, will jemand wissen: «Der Aargau hat Stärken, die er nicht ausspielt.» Der Kanton müsse dafür sorgen, dass der Lebensraum für die Menschen interessant werde: «Der Aargau ist ein Entwicklungsland, wenn es um familienexterne Kinderbetreuung geht», sagt der Vater von zwei Kleinkindern.
Zum Schluss kommt Wermuth auf seinen Wahlkampf zu sprechen. Er verteilt Flyer, auf denen die Gäste ausfüllen können, ob sie seinem Unterstützungskomitee beitreten oder sich selbst engagieren möchten. «Ich bin überzeugt davon, dass das die richtige Art ist, um Politik zu machen», obwohl diese Besuche laut Wahlkampfberater völlig ineffizient seien. «Wir wollen über Menschen funktionieren. Sie sollen unsere Ideen weitertragen», sagt Wermuth. Rund 4160 Personen hätten sich bisher fürs Komitee eingeschrieben.