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Kanton Aargau
Nach dem Verzicht von SVP-Grossrat Martin Keller auf einen Listenplatz haben vier Kandidaten ihre Ambitionen angemeldet.
Vor gut vier Monaten, am 24. Januar, nominierte die SVP in Rothrist ihre Kandidatinnen und Kandidaten für die Nationalratswahlen. Naveen Hofstetter wohnt in Rothrist und präsidiert dort seit Ende Februar auch die Ortspartei. Er wäre damals wohl gern für einen Sitz in Bundesbern nominiert worden und hätte mit den SVP-Kandidaten mit der Schweizerkreuz-Kappe für das Gruppenfoto posiert. Auf die Liste schafften es 16 andere Vertreter der Volkspartei – doch nun tut sich für Hofstetter unverhofft eine neue Chance auf.
Mit dem Verzicht von Grossrat Martin Keller wird ein Platz auf der Liste frei. Bereits letzte Woche hat der 24-jährige Sandro Wächter, IT-Unternehmer und Gemeinderat aus Schinznach, seine Ambitionen darauf angemeldet. Die SVP des Bezirks Brugg, aus dem bisher keine Kandidatur kam, hat Wächter schon bei der Findungskommission gemeldet.
Ganz so weit ist Naveen Hofstetter noch nicht. Aber: Seine Ortspartei Rothrist hat ihn an der letzten Versammlung zuhanden der SVP Bezirk Zofingen nominiert. Christian Glur, Bezirkspräsident und selber Nationalratskandidat, bestätigt dies auf Anfrage. «Wir haben alle Ortsparteien gebeten, uns mögliche Kandidaten zu melden, Rothrist hat dies mit Naveen Hofstetter getan.» Ob der Politiker, der am rechten Rand der SVP steht, von der Bezirkspartei auch als Kandidat vorgeschlagen wird, steht damit aber noch nicht fest. «Darüber entscheidet der Bezirksvorstand mit allen Mandatsträgern und Ortsparteipräsidenten», sagt Glur. Er persönlich sei der Meinung, dass der Bezirk Zofingen mit vier Kandidaturen schon sehr gut vertreten sei auf der SVP-Liste. «Ich werde bei der Entscheidung des Parteivorstands aber in den Ausstand treten, weil ich ja selber kandidiere», hält Glur fest.
Hofstetter machte schon mehrfach mit umstrittenen Aussagen und Aktionen auf sich aufmerksam. Der dunkelhäutige SVP-Vertreter wurde in Indien geboren und als Baby von einem Schweizer Paar adoptiert. Vor zwei Jahren wetterte er an einem Anlass seiner Partei gegen erleichterte Einbürgerungen. «In naher Zukunft werden es all die schwarzen Köpfe sein, die uns derzeit aus dem afrikanischen Kontinent bewandern, die dann auf der Einbürgerungsrampe stehen.» In einem Video, das er auf Facebook postete, sagte Hofstetter weiter: «Wenn wir so weiterfahren, sehe ich schwarz für unser Land.» Dass er bei der Rede provoziere, indem er auf seine eigene Hautfarbe anspielt, liess Hofstetter nicht gelten: «Ich habe lediglich etwas Selbstironie gezeigt, darf man das denn nicht mehr?»
Auch andernorts im Kanton machen sich SVP-Vertreter ernsthaft Gedanken, sich für den freien Sitz zu bewerben. Einer davon ist Ueli Haller, der laut mehreren Quellen ebenfalls auf die SVP-Liste möchte. Als diese Zeitung ihn am Handy erreicht, steht er gerade am Steuer eines Hallwilerseeschiffs. «Ja, ich habe meine Bewerbung bei der Bezirkspartei eingereicht», sagt Haller, der 2011 die SVP Meisterschwanden wieder aktivierte und Gemeindeammann seines Wohnorts ist. Vor acht Jahren, als die Ortspartei wiederbelebt wurde, war Martin Keller als Gast bei einer Podiumsdiskussion dabei.
«Ich kenne ihn persönlich und habe mich nach seinem Rückzug entschieden, für den frei werdenden Sitz zu kandidieren», sagt Haller über Keller. Er sei kein Polteri und kein Hardliner, sondern ein kompromissbereiter Pragmatiker, sagt der Geschäftsführer der Schifffahrtsgesellschaft Hallwilersee über sich selber. Nach den personellen Querelen der letzten Wochen und Monate brauche die SVP mehrheitsfähige und wählbare Kandidaten, ergänzt Haller.
Er hat Verständnis dafür, dass der bisher nicht auf der Liste vertretene Bezirk Brugg mit Sandro Wächter einen Kandidaten vorschlage. Doch es gehe bei der Auswahl nicht nur um die regionale Verteilung: «Ich bin im Aargau durch meine berufliche Tätigkeit sicher bekannt und würde mich freuen, in den Wahlkampf einzusteigen», betont Haller.
«Grundsätzlich würde mich das Amt als Nationalrat sehr reizen», sagt Christoph Hagenbuch, Landwirt und Grossrat aus Oberlunkhofen. Über einen möglichen Platz auf der Liste entscheide er aber nicht selber, hält der Vizepräsident des Bauernverbandes Aargau fest. Ob er vorgeschlagen werde, liege im Ermessen der Bezirkspartei. Hagenbuch sagt über sich selber, er sei kein Politiker, der viele Vorstösse lanciere und versuche, sich in den Vordergrund zu stellen. Wichtiger sei ihm, mehrheitsfähige Anliegen einzubringen, die im Grossen Rat gutgeheissen würden.
Klare Worte scheut Hagenbuch aber nicht, so forderte er im Herbst 2017: «Problembiber, die enorme Schäden an Kulturland und Infrastrukturen wie Strassen und Kanälen verursachen, müssen konsequent und speditiv beseitigt werden können.» Als letztes Mittel könnte er sich den Abschuss der Tiere vorstellen, sagte der Landwirt damals. Kürzlich hat der Nationalrat, der für Hagenbuch bei einer Nomination auch zum Ziel werden könnte, in seinem Sinn entschieden. Künftig sollen Biber reguliert werden können, der Abschuss von «Problembibern» wäre zulässig.
Ob sich neben Wächter, Hofstetter, Haller und Hagenbuch noch weitere SVP-Bewerber für den freien Platz auf der Liste melden, zeigt sich in den nächsten zwei Wochen. Bis zum 7. Juni nimmt die Findungskommission der Partei weitere Meldungen entgegen. Danach will die Kommission alle Kandidaten bekannt geben, «damit eine Meinungsbildung stattfinden kann», wie es in einer Mitteilung der SVP heisst. Die Findungskommission wird keine Auswahl treffen, sondern alle vorgeschlagenen Kandidaten dem Parteitag präsentieren. Dieser ist auf den 21. Juni angesetzt, dann entscheiden 350 Delegierte und 118 Kantonalvorstandsmitglieder darüber, wer anstelle von Martin Keller nachnominiert wird.