Das Tierheim des Aargauischen Tierschutzvereins hat im vergangenen Jahr mehr als 400 Tiere in Untersiggenthal aufgenommen. Präsidentin Astrid Becker erklärt die Gründe für Abgaben, und sie erzählt, wie der Verein mit Tierschutzfällen umgeht.
Der Aargauische Tierschutzverein ATs hat auch im Jahr 2022 alle Hände voll zu tun gehabt. Wie er in seiner Informationsbroschüre schreibt, wurden ihm 119 Tierschutzfälle gemeldet, insgesamt 787 Tiere waren involviert. Am häufigsten (313 Fälle) waren Vögel und Geflügel betroffen. Wie der Tierschutzverein schreibt, seien «sowohl leichte Haltungsmängel als auch grobe Verstösse gegen das Tierschutzgesetz» festgestellt worden.
Auf Anfrage der AZ erklärt Astrid Becker, Präsidentin des Tierschutzvereins, dass die Zahlen im Vergleich zum Jahr 2021 ein bisschen tiefer ausgefallen sind. Eine Tendenz über mehrere Jahre gebe es allerdings nicht, sagt sie.
Oft sei Unwissenheit oder Überforderung der Grund für die Haltungsfehler der Besitzerinnen und Besitzer. Was passiert in solchen Fällen? Der Aargauische Tierschutzverein geht auf die Halterinnen und Halter zu und sucht den Dialog. Man wolle den Ball aber bewusst flach halten, sagt Becker. «Wir wollen ja vor allem helfen, den Leuten und den Tieren», sagt sie. Häufig gehe es um Kleinigkeiten.
Insgesamt sind im vergangenen Jahr fast 200 Verzichtstiere nach Untersiggenthal ins Tierheim des Aargauischen Tierschutzvereins gebracht worden. Das sind Tiere, die die Besitzerinnen und Besitzer nicht mehr wollen oder – beispielsweise aufgrund von Allergien – nicht mehr halten können. Gerade die 155 Katzen sind laut Becker «ein absoluter Rekord». Jeden Tag habe man mindestens einen Anruf von jemandem, der seine Katzen loswerden wolle, erklärt sie. «Aber wir können nicht alle aufnehmen.» Auch für Hunde würden mehrmals pro Woche Plätze gesucht.
Das würde sie als grosse Tierliebhaberin natürlich nur zu gerne, doch es geht nicht, vor allem des limitierten Platzes wegen.
Zu den knapp 200 Verzichtstieren kommen die 176 Findeltiere, die im vergangenen Jahr vom Tierheim aufgenommen wurden. Auch hier sind die Katzen die Spitzenreiter mit 132-facher Vertretung. Als Findeltiere werden jene bezeichnet, die zum Beispiel jemandem zugelaufen sind und nicht mehr weggehen – namentlich in ihr angestammtes Zuhause.
Astrid Becker erklärt den dann eintretenden Vorgang: Zuerst werde geschaut, ob das Tier gechippt ist. Anschliessend werde es fotografiert und auch ausgeschrieben, unter anderem in den sozialen Medien und bei der Schweizerischen Tiermeldezentrale. Meldet sich der Besitzer innerhalb von zwei Monaten nicht, kann ein Tier platziert werden. In der Zwischenzeit steht auch ein Besuch beim Tierarzt an, die Kastration ebenso.
Im Jahr 2022 hat der Aargauische Tierschutzverein insgesamt 428 Tiere aufgenommen. Auch das ist gegenüber dem Vorjahr ein leichter Rückgang, wie Astrid Becker sagt. Das habe auch damit zu tun, dass man einige schwierigere Tiere in Obhut genommen habe. Darunter versteht man etwa grosse Hunde, die länger bleiben, und scheue Katzen. Diese könne man nicht innerhalb von vier oder sechs Wochen schon wieder platzieren, sagt Becker. Sonst wäre die Zahl wohl noch höher ausgefallen.
Waren am Anfang der Coronapandemie die Tierheime leer, weil sich viele ein Haustier angeschafft haben, ist es inzwischen genau umgekehrt. Astrid Becker und der Aargauische Tierschutzverein spüren einen solchen «Pandemie-Effekt», aber: «Man darf nicht alles auf die Pandemie schieben, auch wenn es ziemlich sicher auch damit zu tun hat, dass die Leute nun vermehrt keine Zeit mehr für ihre angeschafften Tiere haben», sagt sie.
So seien Tiere teilweise auch unüberlegt angeschafft worden. Becker sagt: «Ein Büsi oder ein Hund hat auch Bedürfnisse. Es sind Lebewesen, keine Tamagotchis, die man im Schrank versorgen kann, wenn man sie nicht mehr will.»