Landwirtschaft
Tote Rehkitze beim Mähen: «Die Anzeige wird kommen»

Erneut hat ein Landwirt im Aargau ein Rehkitz zu Tode gemäht – trotz Warnung und Hilfsangebot der Jäger. Der Bauernpräsident nimmt seine Berufskollegen in die Pflicht und der oberste Jäger kündigt an, wann er die Justiz einschalten will.

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"Es zieht mir den Magen zusammen, weil ich die Bilder kenne", sagt Rainer Klöti, Präsident des Aargauischen Jagdschutzverbandes. Sein Verband hilft den Bauern kostenlos, Rehkitze vor dem Mähen aus den Feldern zu vertreiben. Bleibt das Verjagen aus, kommt es zu Fällen wie in Suhr, wo ein Landwirt ein junges Reh mit der Mähmaschine tötete.

In einer ersten Reaktion nach dem Unglück hatte Klöti noch wenig Verständnis dafür gezeigt, dass Baumann die Leistungen der Jäger nicht beansprucht hatte. Er zog sogar eine Anzeige in Betracht. Am Dienstagabend zeigte er sich im Talk Täglich auf Tele M1 versöhnlicher: Tote Rehe beim Mähen seien nicht vollständig zu vermeiden. Baumanns Vorgehen könne er nicht beurteilen. Zum strafrechtlichen Aspekt sagte er: "Die Anzeige wird kommen, wenn es ein grober, evidenter Fall ist."

"Es tut einem auch als Bauer weh"

Alois Huber, Präsident des Aargauer Bauernverbands und Landwirt in Möriken-Wildegg, hat beim Mähen auch schon ein Rehkitz erwischt. "Es tut einem auch als Bauer weh", sagt Huber. Besonders schlimm sei es gewesen, als die Mutter am nächsten Tag das Kitz gerufen habe.

Der oberste Aargauer Bauer nimmt seine Berufskollegen in Schutz: "Wir machen alles, um Rehkitze zu schützen." Für die schwarzen Schafe könne er nicht hinstehen. Ihm ist es wichtig, dass die Bauern das ganze Jahr mit Jägern Kontakt haben. Das senke die Hemmschwelle, um vor dem Mähen um Hilfe zu bitten.

Die Jäger haben mehrere Methoden, mit denen sie Rehe aus Feldern treiben:

  • Mit Hunden an der langen Leine suchen sie die Felder ab. Dadurch hinterlässt der Hund ausserdem eine Duftspur, die Rehe fernhält.
  • Verblenden: Sie spannen auffällige Ballone, Säcke und Tücher auf, die auch mit Duftmarken versehen werden können.
  • Mit Drohnen können sie die Felder morgens und abends absuchen.

Gemeinsames Projekt

Jäger und Bauern führen seit zehn Jahren ein gemeinsames Projekt zur Rettung junger Rehe durch. Die Jäger haben laut Klöti fast 200'000 Franken investiert. Das Drohnenprojekt haben die Bauern initiiert und finanziert. Weil noch unklar ist, wie wirksam diese Methode ist, wird die Fachhochschule Nordwestschweiz sie analysieren.

Gemäss Huber warnt der Bauernverband seine Mitglieder regelmässig in Fachzeitschriften und Newslettern vor Rehkitzen in Feldern. Unternehme ein Bauer nichts, sei das doppelt fahrlässig: Zum einen sehe man die kleinen Tiere nicht, wenn man auf dem Mäher sitze. "Du hast keine Chance." Zum anderen gelangten vermähte Kadaver unbemerkt ins Heu und könnten ganze Silos verseuchen. In der Ostschweiz seien so schon 40 Kühe verendet.

Was also bleibt zu tun? Klöti sagt, die Bauern müssten sich daran gewöhnen, dass der Tierschutz wichtig sei. Ansonsten könne man das bestehende Konzept mit den Hilfeleistungen noch konsequenter durchsetzen – und schwarze Schafe eliminieren. Ein untolerierbares Vergehen sei es etwa, wenn ein Bauer zum dritten Mal ein Rehkitz töte und von einer Nachbarin sogar noch gewarnt wurde, wie es Ende Mai in Erlinsbach passierte.

Sehen Sie hier den ganzen Talk Täglich:

(mwa)