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Das sind die Trends in den Studios – von manchen Motiven lassen die Tätowierer aber ihre Finger.
Christa Rigozzi (34) hat sich letzte Woche die Namen ihrer Zwillings-Mädchen auf die Innenseite des Unterarms tätowieren lassen. Mit einem Herzchen zwischen Alissa und Zoe. Patricia Schmid (32), das Top-Model aus Rothrist, hat hinter dem linken Ohr das Tattoo «K.H.S.M.». Es steht für ihre Familie: K ist Vater Kurt, H Mutter Hedi, S Schwester Simone und M Bruder Manuel. Nadine Strittmatter (32), das weltweit bekannte Model aus Baden, liebt es poetischer: Sie hat sich ein Gedicht des englischen Lyrikers T. S. Eliot stechen lassen. Und das jüngste unter den Aargauer Top-Models? Manuela Frey (20) ist noch ganz Natur. Ein Tattoo sei kein Thema, sagte sie im letzten Sommer.
Was sind denn die Trends bei den weniger prominenten Besuchern in Aargauer Tattoo-Studios? «Die Leute wollen etwas Individuelles», erklärt Andy Humm von Swiss-Tattoo in Hausen. Viele würden sich die Namen ihrer Kinder oder ihrer Familienangehörige tätowieren lassen. Oft würden auch Erinnerungen in die Haut gestochen. Humm erzählt: «Mein älteste Kundin ist 74. Sie hat sich die Anfangsbuchstaben ihrer Kinder tätowieren lassen – verziert mit Blumen.» Und jetzt bricht sie zu neuen Ufern auf. «Sie will gerade ihr Kreuzfahrtschiff stechen lassen, mit dem sie so gerne fährt», verrät Humm.
Patrick Huber von Kunststich in Aarau erzählt von einer 85-jährigen Kundin: «Sie hat sich ein Herz aufs Handgelenk tätowieren lassen – als Andenken an ihren verstorbenen Ehemann.»
Was läuft in den Tattoo-Studios zurzeit besonders gut? «Grafische Motive sind im Trend. Dotworks und Mandalas», sagt Rosario «Rossi» Sorbello von Inner Fire in Baden. «Kunststich»-Huber sagt: «Schriften, Dotworks, Henna, La Catrina.» La Catrina ist eine Figur, die in Mexiko das Symbol für den Tag der Toten ist.
Björn Bleninger, Geschäftsführer des Tattoo-Studios Raketenwacholder in Lenzburg, sagt: «Es gibt Millionen Gründe, ein Tattoo stechen zu lassen. Sei es, um den Körper zu verschönern, um eine Freundschaft für immer festzuhalten, weil ein Familienangehöriger gestorben ist oder wegen des Schmerzerlebnisses.»
Wegen des Schmerzerlebnisses? «Es gibt Leute, die stehen auf den Schmerz, sagen das aber nicht offen», erklärt Björn Bleninger. Das Tätowieren sei eine Möglichkeit, den Körper zu spüren.
Wie schmerzhaft ist das Tätowieren? «Wenn Epilieren auf der Schmerzskala 10 ist, ist das Tätowieren zwischen 6 und 8», erklärt Patrick Huber von Kunststich. «Je nach Stelle tut es mehr oder weniger weh. Dort, wo es weniger Fleisch unter der tätowierten Stelle hat, sind die Schmerzen meistens grösser. Wir tätowieren nur drei bis vier Stunden am Stück.» Die Trends wechseln schnell. Ein «Arschgeweih», eine längliche, meist symmetrische Tätowierung oberhalb des Steissbeins, lässt sich kaum jemand mehr stehen. Chinesische Zeichen und Freundschaftsbänder sind auch out. Warum die schnellen Trendwechsel? «Sobald es in der Bevölkerung zu viele gleiche Motive gibt, wird es langweilig», erklärt Andy Humm von Swiss-Tattoo.
Die von der az befragten Tätowierer erfüllen nicht jeden Wunsch: «Wir sind kein Studio für extremistische Tattoos. Das liegt uns nicht», sagt etwa Rosario Sorbello aus Baden. Patrick Huber aus Aarau sagt: «Alles, was extrem ist, machen wir nicht – das gilt auch für sexistische Sachen.» Und Andy Humm aus Hausen meint: «Hakenkreuze? Die, die das wollen, haben ihre Szenentätowierer.»
Rosario Sorbello ergänzt: «Bei einem 18-Jährigen machen wir kein Tattoo ins Gesicht. Bei einem 40-Jährigen schon eher. Das hat mit Reife zu tun. Der Junge kann die Konsequenzen noch nicht abschätzen.» Patrick Huber betont: «Kinder tätowieren wir nur mit dem Einverständnis der Eltern. Und nur kleine Sachen.»
Das schrägste Tattoo, das gerade bei Kunststich in Aarau gemacht wurde, gab eine Frau in Auftrag. Sie liess sich die chemische Formel von Schoggi tätowieren – auf das Füdli.
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