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Am 10. Juni kommt die Vollgeld-Initiative an die Urne. Am Mittwoch präsentierte sich das Aargauer Komitee im Hotel Aarauerhof in Aarau den Medien.
Am 10. Juni kommt die Vollgeld-Initiative an die Urne. Was sie will, ist im Grunde schnell erklärt: Banken sollen kein eigenes Geld mehr herstellen dürfen. Der Gedanke dahinter: Nur 10 Prozent unseres Geldes sind heute Vollgeld, also Münzen und Banknoten, die von der Schweizerischen Nationalbank hergestellt und zum Gebrauch in den Umlauf gebracht werden. Die anderen 90 Prozent sind elektronisches Geld, genannt Buchgeld, das die Banken selber «herstellen», allerdings nur digital.
So liegt auf einem Bankkonto kein «echtes» Geld, sondern nur ein Guthaben, das man bei der Bank eben «zugute hat». Mit der Vollgeld-Initiative soll auch dieses Geld echt werden, sprich nur noch von der Nationalbank hergestellt werden dürfen und nicht von den Banken in Eigenregie. Das mache das System krisensicher und stabiler.
Am Mittwoch präsentierte sich das Aargauer Vollgeld-Komitee im Hotel Aarauerhof in Aarau den Medien. Dabei kam zum Ausdruck: Vollgeld ist zwar keine Aargauer Erfindung und als Idee über 100 Jahre alt – doch die Idee, daraus eine Volksinitiative zu machen, wurde sehr wohl im Aargau geboren. Und zwar von Hansruedi Weber, einem pensionierten Primarlehrer aus Ennetbaden.
Inspiriert wurde er von einem Buch; beunruhigt und stark beschäftigt hatte ihn vor zehn Jahren die in den USA geplatzte Immobilienblase. «Wir haben diese Krise bis heute nicht bewältigt, wir haben sie nur vor uns hergeschoben», sagte Weber. Die Banken könnten heute ihr selber geschöpftes Geld uns als Gesellschaft aufzwingen. Das wolle man ändern: «Eigentlich könnte man unsere Initiative auch Befreiungsinitiative nennen.»
Nach einer Einführung in die Vollgeld-Idee und Erklärungen zur technischen Umsetzung machten sich die Initianten sofort daran, Aussagen der Gegner aufzugreifen und zu widerlegen. Denn: Die Gegner sind zahlreich. Nebst Bundesrat und Parlament haben sich sämtliche grossen Parteien für ein Nein ausgesprochen. Das häufigste Argument: Die Vollgeld-Initiative sei ein riesiges Experiment mit ungewissem Ausgang. Die Schweiz dürfe nicht als Versuchskaninchen missbraucht werden.
Geri Müller, Alt-Stadtammann von Baden und seit Anfang Jahr wieder als Unternehmer im Beratungsbereich tätig, sagt dazu: «Es mag sein, dass es ein Experiment ist. Aber das wirkliche Experiment erleben wir jetzt. Dass es mit immer noch mehr Schulden nicht ewig weitergehen kann, ist offensichtlich. Irgendwann ist die Party vorbei.»
Alec Gagneux aus Schinznach-Bad, gelernter Maschineningenieur und als selbstständiger Friedensaktivist und Entwicklungsphilosoph in der ganzen Welt tätig, ergänzte: «Das System führt in den Abgrund, es kollabiert mit hundertprozentiger Sicherheit.» Die Frage sei nur wann. Gagneux sieht die Initiative als Schritt zu einem gerechteren Zusammenleben. Wer wage, könne verlieren. Wer nicht wage, habe verloren.
Für Geri Müller ist die Vorlage «der Versuch eines Auswegs». Als er noch als Stadtammann im Amt gewesen sei, habe er nichts dagegen gehabt, etwa für Schulbauprojekte Schulden zu machen. «Aber Schulden zu machen, einfach um neues Geld zu schaffen, funktioniert nicht.» Initiant Hansruedi Weber, der zehn Jahre an der Idee gearbeitet hat, erklärte, die Kritik der Gegner verwundere ihn nicht. «Für die, die heute mass- und rücksichtslos vom System profitieren, ist es zwingend, dass sie jene, die mit einer Alternative kommen, verunglimpfen. Das ist eine klassische Projektion.» Die Chancen einzuschätzen, sei schwierig, sagt Gagneux.
Aber er ist sich sicher: «Die Leute spüren die Ungerechtigkeit. Man strampelt wie blöd, und die Bank gewinnt trotzdem immer.» Das Aargauer Vollgeld-Komitee ist sich einig: Die Schweiz sei sehr privilegiert und habe wohl als einziges Land der Welt die Möglichkeit, über eine solch grundlegende Frage abzustimmen. Das gelte es am 10. Juni zu nutzen. Budget für teuere Kampagnen hat das Komitee – im Gegensatz zu den Initiativgegnern – keines. Man setzt auf Flyeraktionen und verteilt Sympathisanten Plakate zum selber Aufhängen.