Startseite
Aargau
Kanton Aargau
Für jährlich 10 Milliarden Franken kaufen Schweizerinnen und Schweizer im Ausland ein – legitim oder unpatriotisch? Konsumentenschützerin Sara Stalder und SVP-Parteipräsident Thomas Burgherr diskutieren diese Frage im «TalkTäglich» auf Tele M1.
Der starke Franken verlockt zum Einkauf im grenznahen Euroraum – seit dem Nationalbank-Entscheid mehr denn je. Bereits jetzt fliessen so jedes Jahr 10 Milliarden Franken ins Ausland. Doch das gefällt nicht allen. Toni Brunner etwa sagt im Interview mit der Aargauer Zeitung: «Der Einkaufstourismus nervt mich.»
Kritik am günstigen Shopping im Ausland kommt auch von Thomas Burgherr, Präsident der Aargauer SVP: «Das ist für mich unverständlich.» Seine Familie kaufe grundsätzlich alles hierzulande ein. Durch die Einkäufe ennet der Grenze werde die einheimische Wirtschaft geschwächt, sagt er im «TalkTäglich» auf Tele M1. Man müsse dabei auch die unterschiedlichen Bedingungen berücksichtigen: In der Schweiz seien etwa die Löhne höher, was sich auf die Preise auswirke.
Dem widerspricht Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz. Eine Studie des Detailhandels zeige, dass die Lohnkosten nicht für das hohe Preisniveau bei Kosmetik, Zeitschriften oder Sportartikel verantwortlich seien. «Die weltweiten Konzerne passen die Preise an die hohe Kaufkraft des Schweizer Markts an, um den Gewinn zu maximieren.» Den grossen Ansturm auf die Einkaufsläden im Ausland erklärt sie sich mit der Unzufriedenheit der Leute über die hohen Preise in der Schweiz.
Seit der Einführung des Mindestkurses von 1.20 vor vier Jahren hätten die Unternehmen Zeit gehabt, um die Produkte günstiger zu machen. Das sei aber nicht passiert, sagt Stalder. Im Gegenteil: «Die Preise sind gleich geblieben oder gar gestiegen.» Dass es auch anders ginge, zeige das Beispiel der Elektronikbranche. Die Preise bewegen sich auf einem ähnlichen Niveau wie im Ausland. Andere Produkte seien nach wie vor deutlich teurer, manche bis zu 100 Prozent.
Die Konsumentenschützerin selbst kauft deshalb seit Jahren ihre Hygieneartikel im Ausland, wie sie auf die Frage von Moderator und az-Chefredaktor Christian Dorer sagt. Allerdings wehrt sie sich gegen den Vorwurf, sie habe im «Sonntags Blick» – «Wenn sich die Politik nicht bewegt, bewegt sich halt der Konsument» – zum Einkauf im Ausland aufgerufen. Sie sei falsch zitiert worden, sagt sie. «Aber wir raten: Vergleicht die Preise.»
«Die Leute sind nicht mehr bereit, den Grosskonzernen bei der Gewinnmaximierung zu helfen», sagt Stalder. Nicht die Einkaufstouristen würden der Schweiz schaden, sondern die Wirtschaft selbst. «Die Gewerbetreibenden müssen zusammen stehen und mehr Druck auf die Importeure ausüben.» Denn auch sie müssten bei den Importeuren überteuert einkaufen. Könnten sie allein nicht genug Druck auf die Zulieferer ausüben, müsste die Politik dabei helfen.
Von einer politischen Einmischung will Thomas Burgherr nichts wissen. «Wir müssen mehr Vertrauen in die Wirtschaft haben. Verdient ein Unternehmer nichts mehr, muss er die Preise anpassen.» Der Markt werde sich richten. «Ein Eurokurs von einem Franken ist unhaltbar, die Unternehmen müssen derzeit von den Reserven leben.» Die aktuelle Situation sei «ganz aussergewöhnlich» und sehr schwierig für die produzierenden Betriebe.
Kritik übt Thomas Burgherr an der SBB. Als «sehr problematisch» bezeichnet er die Extrazüge, welche die Einkaufstouristen ins grenznahe Ausland transportierten. «Das sollte ein Staatsbetrieb nicht anbieten.»
(Mbü)