Abstimmung
SVP-Knecht über Grundbuchabgabe: «Der Kanton soll nicht an Gebühr verdienen»

Hansjörg Knecht hat vor sechs Jahren als Grossrat einen Vorstoss eingereicht, um den Steueranteil der Grundbuchabgabe abzuschaffen. Am 5. Juni kommt die entsprechende Vorlage nun vors Volk – der heutige SVP-Nationalrat erklärt, warum er mit einer breiten rechtsbürgerlichen Allianz für die Abschaffung kämpft, während die Regierung vor Ausfällen warnt.

Fabian Hägler
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Hansjörg Knecht

Hansjörg Knecht

Mario Heller

Herr Knecht, wie viele Häuser haben Sie im Aargau schon gekauft – und wie viel Grundbuchabgabe bezahlt?

Hansjörg Knecht: Privat besitze ich ein Haus, dazu kommen an mein Unternehmen angrenzende Liegenschaften, welche wegen möglichen Erweiterungen eine strategische Bedeutung haben. Der Betrag liegt im fünfstelligen Bereich.

Hat die Grundbuchabgabe für Sie eine Rolle gespielt beim Hauskauf oder Sie gar von einem Kauf abgehalten?

Nein, von einem Kauf abgehalten hat mich die Grundbuchabgabe nicht. Dennoch ist nicht einzusehen, warum sie so hoch sein soll. 84 Prozent der Abgabe sind eine reine Wohnsteuer, die eigentliche Amtshandlung, also die Änderung im Grundbuch, kostet viel weniger. Es ist falsch, wenn der Bürger für eine Dienstleistung des Staates mehr als kostendeckende Gebühren zahlen muss.

Der Steueranteil der Grundbuchabgabe beträgt 4 Promille des Liegenschaftswertes. Bei einem Kaufvolumen von 500 000 Franken wird also eine Abgabe von 2000 Franken fällig – das tut doch niemandem weh?

In der Bundesverfassung steht, das Wohneigentum sei zu fördern. Tatsache ist aber, dass es gerade für junge Familien immer schwieriger wird, ein Haus zu kaufen. Die Wohneigentumsquote ist in der Schweiz tief und stagniert in den letzten Jahren. Bei dieser Tendenz versuchen wir mit der Reduktion der Grundbuchabgabe, ein bisschen Gegensteuer zu geben.

Kritiker sagen, ein Privater kaufe im Leben wohl einmal ein Haus, eine tiefere Grundbuchabgabe helfe aber nur Immobilienfirmen. Betreiben Sie als Präsident des Hauseigentümerverbandes einfach Klientelpolitik?

Das ist ein absurder Vorwurf. Der Hauseigentümerverband setzt sich dafür ein, dass möglichst viele Bürger Wohneigentum erwerben können. Zudem schadet die Abgabe auch Unternehmen, wenn sie ihr Land umparzellieren wollen. Und die Immobilienhändler überwälzen diese Abgabe einfach auf die Käufer, letztlich wird immer der Bürger zur Kasse gebeten.

Dann würden also die Hauspreise im Aargau sinken, wenn die Grundbuchabgabe reduziert wird?

Ja, davon gehe ich aus, dass eine tiefere Abgabe auch wieder den Käufern von Liegenschaften zugutekommen würde.

Regierungsrat Urs Hofmann sagte vergangene Woche im Interview in der az, für die Attraktivität des Wohnkantons Aargau spiele die Grundbuch-
abgabe keine Rolle – Sie hingegen sprechen von einer «Wohnsteuer»?

In anderen Kantonen agieren die Regierungen anders als im Aargau und senken die Abgabe, so zum Beispiel in Bern oder Zürich. Natürlich ist beim Entscheid, ob jemand im Aargau oder anderswo eine Liegenschaft kauft, nicht nur die Grundbuchabgabe ausschlaggebend. Aber sie ist ein durchaus wichtiges Mosaiksteinchen, wie der Eigenmietwert, die Steuerbelastung oder andere Faktoren. Und warum soll ein Hauskäufer mit der Grundbuchabgabe andere staatliche Leistungen finanzieren? Das verstehe ich nicht.

Finanzdirektor Roland Brogli sagt, der Kanton könne nicht auf die 33 Millionen verzichten, die bei einer Abschaffung verloren gehen würden.

Das ist pure Schwarzmalerei und masslos übertrieben. Bei einem Kantonsbudget von rund 5 Milliarden sind 33 Millionen kaum relevant. Ein solcher Ausfall, nicht einmal 0,7 Prozent im Vergleich zum ganzen Kantonsbudget, ist kaum spürbar, das lässt sich auf jeden Fall verkraften. Wohlverstanden: Ich habe nichts dagegen, dass der Staat für seine Leistungen angemessene Gebühren erhebt. Aber dass er daran noch verdient, das darf nicht sein.

Sie selber haben den Vorstoss für die Reduktion der Grundbuchabgabe vor sechs Jahren als Grossrat eingereicht. Damals schrieb der Kanton schwarze Zahlen, jetzt drohen hohe Defizite.

Die Regierung hat immer wieder versucht, meinen Vorstoss, der für sie offenbar missliebig war, zu «bodigen». Dies hat der Grosse Rat ebenso regelmässig verhindert. Man kann sicher nicht mir einen Vorwurf machen, wenn der Regierungsrat einen überwiesenen Vorstoss sechs Jahre lang nicht umsetzt und nun jammert, die finanzielle Lage sei zu schlecht.

Gegner von links kritisieren, Sie würden stur an Ihrem Vorstoss festhalten und dem Kanton damit Mittel entziehen, die in anderen Bereichen fehlen.

Deshalb ist der Grosse Rat der Regierung ja auch entgegengekommen und hat beschlossen, die Reduktion der Grundbuchabgabe zu etappieren. Ein erster Teil würde 2018 wegfallen, der zweite dann 2020 – das ist eine moderate Lösung und aus meiner Sicht ein guter Kompromiss.

Finanzdirektor Brogli sagt, der Ausfall bei der Grundbuchabgabe würde etwa zwei Prozent beim Kantonssteuerfuss ausmachen – es kann ja nicht in Ihrem Sinn sein, dass die Steuern steigen?

Nein, auf keinen Fall, das wäre ein völlig falsches Signal in der aktuellen Situation. Dass sich die Finanzlage des Kantons verschlechtert hat, ist korrekt. Das Problem liegt aber nicht bei den fehlenden Einnahmen, sondern bei den zu hohen Ausgaben. Es kann nicht sein, dass diese überproportional wachsen und die Regierung dann einfach mehr Geld beim Bürger holen will, um die Defizite zu decken.

Wie soll der Kanton denn die 33 Millionen Franken kompensieren, die pro Jahr wegfallen würden?

Es geht nur mit Sparen, mit Verzicht auf Luxuslösungen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Hier in Leibstadt soll der Dorfbach saniert werden. Der Gemeinderat schlägt mit dem Einverständnis des Kantons eine Luxuslösung vor, die rund eine Million teurer ist als die einfache Variante. Für die Gemeinde sind die Mehrkosten bescheiden, den grössten Teil übernimmt der Kanton. Auf diese Weise das Geld aus dem Fenster zu werfen, geht in der heutigen Zeit einfach nicht mehr.

Aber man kann nicht jedes Jahr 33 Bäche günstiger sanieren, um die Ausfälle auszugleichen.

Natürlich nicht, das ist auch nur ein Beispiel, aber ich bin überzeugt, dass es an ganz vielen Orten noch Sparpotenzial gibt, wenn man nur will.

Hauseigentümer-Verband kritisiert Eigenmietwert

Hansjörg Knecht ist Präsident des Hauseigentümerverbandes Aargau. An der Generalversammlung vom Mittwoch in Bremgarten kritisierte er den Eigenmietwert. Knecht forderte, dieses «eigentümliche Konstrukt» gehöre abgeschafft. Mit dem Eigenmietwert müsse in selbst genutzten Liegenschaften ein Einkommen versteuert werden, das gar nie erzielt worden sei, argumentierte Knecht. Zudem fördere der Eigenmietwert die Verschuldung. Hauseigentümer würden sich absichtlich verschulden, um in der Steuererklärung dem Eigenmietwert Zinsabzüge entgegenstellen zu können. Der Eigenmietwert bedeute auch Bürokratie. Denn es gebe nicht einen, sondern 26 kantonale Eigenmietwerte, plus jene des Bundes. Und: periodische Anpassungen seien mit einem grossen Aufwand für die Steuerämter verbunden. Gerade erst hat der Grosse Rat beschlossen, die regional unterschiedlichen Eigenmietwerte zu erhöhen. Dies wurde nötig, weil diese wegen der Immobilienpreisentwicklung im Schnitt auf unter 55% des Marktwerts gesunken waren, was dem Gesetz widerspricht. Knecht kritisierte, der errechnete Wert von knapp 54,8 Prozent basierte nicht auf einer professionellen Schätzmethode, sondern auf einer Umfrage unter Vermietern. Dennoch nehme der Kanton nun auf dem Buckel der Hauseigen-tümer 14 Millionen Franken zusätzliche Steuern ein.