Zentrumslasten
Studie zeigt: Die Gemeinden liegen den Aargauer Städten auf der Tasche

Aarauer und Badener kommen für die Infrastruktur ganzer Regionen auf. Solange die Städte die Kosten schultern können, rückt die Idee eines Ausgleichs in den Hintergrund. Anders siehts aus, wenn die Steuern steigen. Fusionen könnten eine Lösung sein.

Mathias Küng
Drucken
Pro-Kopf-Zentrumslasten in den Aargauer Städten im Jahr 2010.

Pro-Kopf-Zentrumslasten in den Aargauer Städten im Jahr 2010.

Die urbanen Zentren der Schweiz haben im Schnitt deutlich höhere finanzielle Lasten zu tragen als die übrigen Gemeinden ihres Kantons. Dies ist eine zentrale Erkenntnis einer gestern publizierten Studie des Bundesamts für Raumentwicklung.

Ins Gewicht fallen in den Zentren vor allem die Aufwendungen für soziale Sicherheit, öffentliche Ordnung, Sicherheit, Kultur, Sport, Freizeit und Kirche. Die Mehrausgaben der grossen Städte im Vergleich zum «Restkanton» liegen zwischen knapp 900 Franken (Bern) und 3700 Franken (Zürich) pro Einwohner.

Baden-Brugg an der Spitze

Auch Aarau und Baden tragen sogenannte Zentrumslasten, von denen die umliegenden Gemeinden profitieren, ohne dafür zu zahlen. Am meisten schultert das Zentrum Baden-Brugg. Dort beträgt die jährliche Nettobelastung pro Person stolze 4406 Franken. Das sind 1619 Franken mehr als die durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausgaben im Kanton. Im Umland liegen die Ausgaben dafür sogar leicht unter dem Schnitt.

Weniger gross sind die Differenzen in Aarau. Die Hauptstadt weist eine Nettobelastung pro Kopf von 3309 Franken aus, also 522 Franken mehr als der Restkanton. Im Umland von Aarau ist die Belastung mit 2447 Franken ebenfalls unterdurchschnittlich hoch.

Die Studie weist auch die Belastung zweier kleinerer Agglomerationen aus. Lenzburg kommt auf 3228 Franken (441 Franken über dem Schnitt), Wohlen auf 2175 Franken (612 Franken darunter).

2009 konnte man es sich leisten

Braucht es also einen speziellen Lastenausgleich für die Städte? Darüber wird auch im Kanton Aargau schon länger diskutiert. Im Rahmen der Gemeindereform 2009 war auch ein Ausgleich der Zentrumslasten geplant. Aufgrund einer Studie kam man aber zum Schluss, dass die Kernstädte Aarau, Zofingen, Lenzburg, Wohlen, Baden und Brugg wohl erhebliche Zentrumslasten tragen, dass sie sich das aber auch leisten können. Diese schickten sich drein.

Heute setzen beide auf Fusionen

2009 schränkte der Aarauer Stadtpräsident Marcel Guignard allerdings ein: «Wenn wir den Steuerbezug erhöhen müssten, sähe es anders aus.» Wie ist es heute? Grundsätzlich habe sich nichts geändert, sagt Guignard. Aber: «Unsere erheblichen Zentrumslasten steigen weiter.» Er denkt etwa an die neue Aarebrücke, die Polizei, Sporthalle, Kunsteisbahn, Kultur usw.

Derzeit arbeitet die Region am «Zukunftsraum Aarau». Da will man Formen der künftigen Zusammenarbeit bis hin zu Fusionen andenken. Die Diskussion über einen Ausgleich sei nicht gestorben, sagt Guignard. Bevor er mehr sagen kann, will er aber erst neue Zahlen sehen.

Der Badener Stadtammann Geri Müller verweist auf die hohen Zahlungen der Stadt in den Finanzausgleich. Baden sei mit seinen hohen Einnahmen begünstigt. Die Stadt übernimmt gegen Entgelt auch Aufgaben umliegender Gemeinden, etwa bei Polizei, Jugendarbeit etc. Baden kann so seine Infrastruktur weiter verbessern und die umliegenden Gemeinden halten ihre Kosten tief.

Müller gibt aber zu bedenken, dass laufend neue Aufgaben und Lasten auf die Städte zukommen. Er setzt ebenfalls auf Zusammenschlussdiskussionen. Offenkundig kann Baden die Lasten heute noch schultern, «es sähe aber anders aus, wenn die Steuerbelastung aufgrund der Zentrumslasten steigen sollte», so auch Müller mahnend.