Obwohl das E-Voting-Projekt im Aargau gescheitet ist, schneidet der Kanton im schweizweiten Vergleich gut ab, was die digitale politische Partizipation anbelangt. Dies bescheinigt eine Studie des Zentrums für Demokratie Aarau.
Das Zentrum für Demokratie Aarau hat untersucht, wie gut es um die politische Partizipation in den Kantonen steht. Den höchsten Wert erreicht der Kanton Genf mit 55 von 100 möglichen Punkten. Überraschend gut schneidet der Kanton Aargau mit 43,5 Punkten ab, damit teilt er sich mit dem Kanton Luzern Rang 5.
Besonders überraschend scheint dies im Anbetracht des gescheiterten E-Voting-Projekts. Zwar war E-Voting für Auslandschweizer eine Zeit lang möglich, und ein Pilotversuche in fünf Aargauer Gemeinden war geplant, doch dieses Projekt wurde beerdigt. Der Grund: Die Genfer Regierung hat entschieden, ihr vom Aargau und anderen Kantonen (Bern, Basel-Stadt, Luzern, St. Gallen und Waadt) mitbenutztes E-Voting-System und dessen Weiterentwicklung per Februar 2020 einzustellen.
Da in der Studie nicht nur berücksichtig wird, ob E-Voting möglich ist, sondern auch schon der besagte Versuch Punkte einschenkt, liegt der Aargau hier in der Mitte der Skala, etwas über dem Schweizer Durchschnitt. Das E-Voting ist dabei nur eines von sieben Themenfeldern, die sich grob in die Überkategorien Meinungsbildung, Mitwirkung und Entscheidung fassen lassen.
Besonders gut schneidet dabei der Aargau im Bereich Konsultation ab, weil er über ein eigens Tool verfügt, das zur Teilnahme an Vernehmlassungen und Anhörungen dient. Für den routinemässigen Gebrauch und die Benutzerfreundlichkeit gibt's Extrapunkte.
Nur einen Viertel der möglichen Punkte verbucht der Aargau im Bereich «e-Deliberation», mit der gemessen wird, «wo und wie in einem Kanton im Internet eine politische Diskussion über Abstimmungsthemen, Wahlen, politische Massnahmen und generell über Politik geführt werden kann». Damit liegt er allerdings ziemlich genau im gesamtschweizerischen Schnitt. Der Aargau verfüge zwar über verschiedene Kanäle auf Social Media, die regelmässig bedient würden. Bemängelt wird aber die Interaktion mit den Userinnen und Usern.
In einen ähnlichen Bereich geht die digitale politische Bildung, hier sammelt der Kanton Punkte für die App «VoteInfo» (die allerdings in allen Kantonen zur Verfügung steht) und dem Informationssystem smartvote. «Zusätzlich veröffentlicht er auf YouTube Erklärungsvideos zu den kantonalen Vorlagen.»
In der Kategorie Transparenz fällt positiv ins Gewicht, dass der Kanton Protokolle der Grossratssitzungen, Regierungsberichte und wichtige Statistiken online als PDF zur Verfügung stellt.
Verglichen mit den anderen Kantonen steht der Aargau auch bei den «e-Anliegen» gut da – allerdings gibt es hier nach Einschätzung der Autoren in der ganzen Schweiz noch einen grossen Handlungsspielraum nach oben. Zum Aargau schreiben sie: «Im Kanton gibt es mehrere parteigebundene private Online-Petitionsplattformen, die regelmässig genutzt werden.»
In der Kategorie Entscheidung wurden nebst dem E-Voting auch die elektronische Identifikation, also die e-ID, berücksichtigt. Auch hier liegt der Aargau nahe beim Durchschnittskanton. Punkte gibt's für das e-government Portal, bei dem man sich ohne Verifikation der Identität anmelden kann. «Das Login über einen zentralen Button ist sehr intuitiv», heisst es in der Bewertung.
Insgesamt sehen die Verfasser der Studie in den meisten Bereichen noch viel Luft nach oben. «Tendenziell führen bevölkerungsreichere und finanzstärkere Kantone das Ranking an. Auch die an der Spitze liegenden Kantone können sich jedoch noch in allen Bereichen deutlich verbessern.»
Die digitale politische Partizipation ergänze zunehmend analoge Formen politischer Beteiligung, heisst es weiter. «Elemente des politischen Prozesses wie Dialog, Konsultation, Beteiligung sowie Abstimmen und Wählen im digitalen Raum haben gerade in Zeiten von COVID-19 wieder einen Schub erhalten», schreiben die Verfasser.