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Kanton Aargau
Wenn es im Aargau zu Streitigkeiten zwischen Eltern, Lehrpersonen und Schulleitungen kommt, geht es meist um Einteilungen, Schulweg oder finanzielle Fragen. Die Anzahl der bei der Schulaufsicht eingereichten Beschwerden ist gestiegen.
Immer öfter drohen Eltern gegenüber Lehrpersonen und Schulleitungen mit rechtlichen Schritten. Dies zeigte ein AZ-Artikel im März, in dem es unter anderem hiess, dass immer mehr Lehrer eine Rechtsschutz-Versicherung abschliessen. Dies empfiehlt auch der Schweizer Lehrerverband seinen Mitgliedern, zudem hat er eine Broschüre mit Ratschlägen für den Umgang mit «Problemeltern» herausgegeben.
In einem Vorstoss haben drei CVP-Grossräte die Streitigkeiten zwischen Eltern und Lehrpersonen thematisiert. Sie wollten vom Regierungsrat wissen, ob im Aargau mehr Reklamationen von Eltern registriert würden und welche Beschwerden besonders häufig seien. Die Regierung schreibt, die kantonale Schulaufsicht stelle in den letzten Jahren «eine kontinuierliche Zunahme der Anzahl der Elternkontakte» fest.
Inhaltlich stünden dabei schulrechtliche Fragen im Vordergrund, also Themen wie Notengebung, Laufbahnentscheide oder die Elternarbeit. «Eine klare Zunahme von Streitigkeiten zwischen Eltern, Lehrpersonen und Schulleitungen ist nicht erkennbar», hält die Regierung fest. Vielmehr lasse sich die Mehrzahl der Anfragen mit einer Auskunft oder Informationen zum weiteren Vorgehen erledigen.
Und die Regierung relativiert weiter: Obwohl es mehr Anfragen bei der Schulaufsicht gebe, lägen diese gemessen an der Zahl der Lernenden und Eltern in der Volksschule «im tiefen Prozentbereich».
Die Schulräte der Bezirke behandelten letztes Jahr insgesamt 84 Beschwerden. Damit liegt die Zahl noch unter dem Schnitt der letzten Jahre seit 2010, die in der Antwort der Regierung in einer Tabelle aufgeführt werden. Der Rechtsdienst des kantonalen Bildungsdepartements musste sich im vergangenen Jahr mit 11 Beschwerden befassen. Dies ist die höchste Zahl in den letzten acht Jahren, wobei es auch 2010 und 2013 schon 9 Fälle gab.
Grundsätzlich sei die Mehrheit der Eltern der Schule wohlgesinnt, hält der Regierungsrat fest. Dabei bezieht er sich auf Befragungen bei der externen Schulevaluation in den Jahren 2012 bis 2015. Damals hätten rund 90 Prozent der befragten Eltern angegeben, sie seien zufrieden mit dem Schulbetrieb und dem Engagement der Lehrpersonen für die Schülerschaft. Kritik gab es zum Umgang mit Konflikten, schwierigen Situationen oder einzelnen Vorfällen. Zudem zeige die Erfahrung, dass Probleme zwischen Schule und Elternhaus «in der Art und Weise liegen, wie miteinander kommuniziert wird».
Insgesamt habe es in den letzten Jahren mehr Streitigkeiten um die örtliche Zuteilung von Schülern, den Schulweg und Schulgelder gegeben, schreibt die Regierung. Beschwerden gegen Laufbahnentscheide, also zum Beispiel zur Frage, ob ein Kind nach der Primarschule in die Bez, Sek oder Real übertritt, hätten indes eher abgenommen.
Die Regierung sieht bei Lehrpersonen kein höheres Risiko, in eine rechtliche Auseinandersetzung zu geraten, als bei anderen Berufsgruppen. Letztlich müssten Lehrer selber entscheiden, ob sie eine Rechtsschutzversicherung abschliessen wollten.
Eine neue Ombudsstelle für Elternbeschwerden ist aus Sicht der Regierung nicht nötig. Mit der Schulorganisation vor Ort, der kantonalen Schulaufsicht, der Lehrerberatung sowie der Schlichtungskommission für Personalfragen gebe es genügend bestehende Stellen. Wichtig seien gute «Auftritts-, Kommunikations- und Gesprächsführungskompetenzen», schreibt die Regierung. Der Kanton stelle ein Aus- und Weiterbildungsangebot zur Verfügung, «um im Umgang mit anspruchsvollen Eltern professionell agieren zu können».