Strassengesetz
Strassenfinanzierung: Nur eine Aargauer Gemeinde wird vom Regierungsrat nicht entlastet

Der Kanton nimmt eine Neuregelung der Gemeindebeiträge an den Bau und den Unterhalt der Kantonsstrassen vor. So will er die Gemeinden um 12 Millionen entlasten. Davon profitieren alle ausser Schmiedrued – für diese Gemeinde ändert sich als einzige faktisch nichts.

Mathias Küng
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Baudirektor Stephan Attiger bei einem Spatenstich in Brugg. Die Strassenkasse ist dafür ausreichend dotiert.

Baudirektor Stephan Attiger bei einem Spatenstich in Brugg. Die Strassenkasse ist dafür ausreichend dotiert.

Severin Bigler

Das bestehende Strassengesetz vermag die heutigen Anforderungen inhaltlich nicht mehr in allen Teilen zu erfüllen, ist formal veraltet und soll deshalb revidiert werden. Dies sagte Landstatthalter und Verkehrsdirektor Stephan Attiger gestern bei der Vorstellung von Vorschlägen für ein erneuertes Gesetz vor den Medien in Aarau. Die Vorschläge gehen jetzt bis Ende September in eine Vernehmlassung. Nach der regierungsrätlichen Planung soll die Neuregelung ab Januar 2023 gelten.

Kernpunkt ist eine Neuregelung der Gemeindebeiträge an den Bau und den Unterhalt der Innerortsstrecken der Kantonsstrassen. Diese sollen neu einheitlich auf 35 Prozent festgesetzt werden. Heute leisten die Gemeinden an den Bau und Unterhalt der Innerortsstrecken der Kantonsstrassen Beiträge zwischen 20 und 60 Prozent. Die Beiträge sind seit 1971 von durchschnittlich 36,6 auf heute 48,3 Prozent angestiegen.

«Dieser Anstieg war nicht die Folge eines bewussten politischen Entscheids, sondern erfolgte, weil die heutige Berechnungsformel der Gemeindebeiträge auf die Finanzkraft der Gemeinden abstellt», sagte Attiger. So ein indirekter Finanzausgleich habe hier aber keinen Platz. Jetzt werden die Gemeinden insgesamt jährlich um 12,1 Millionen Franken entlastet. Die Strassenrechnung belaste das nicht, hiess es an der Medienkonferenz. Die Mehrausgaben würden durch Agglomerationsbeiträge des Bundes bei zunehmender Grösse der Projekte letztlich wieder ausgeglichen. Attiger: «Die Finanzierung der Kantonsstrasseninfrastruktur ist damit langfristig sichergestellt.»

Bis auf eine Gemeinde zahlen künftig alle einen tieferen Beitrag

Erste Reaktionen

Die Aargauische Verkehrskonferenz (AVK) erachtet die Vorlage als absolutes Muss. Eine Reform sei «zwingende Basis einer zeitgemässen und nachfragegerechten Verkehrsinfrastruktur». Man unterstütze deren Stossrichtung, heisst es bei der AVK, einem Zusammenschluss von TCS, ACS und anderen Verbänden. Auch die FDP sieht Handlungsbedarf. Der Finanzierungsschlüssel sei zwar neu zu regeln, die FDP fordert zugleich jedoch eine Auslegeordnung über die Langzeitfinanzierung der Strassenkasse. Anders tönt es bei der GLP. Die Revision sei längst überfällig. Die GLP würde den Beitragsansatz aber neu bei 45 Prozent festlegen. Bis auf 35 Prozent verbessern könnte man sich, wenn Qualitätsvorgaben erfüllt werden, etwa zu den Themen Lärm, Licht, Bepflanzung, Berücksichtigung des Langsamverkehrs sowie siedlungsgerechter Gestaltung (Beschattung, Bäume). (mku)

29 Aargauer Gemeinden leisten heute laut Hans-Martin Plüss, Projektleiter im Departement Attiger, einen Beitrag von 60 Prozent. Das sind vorab bessergestellte Gemeinden wie Aarau, Baden, Kaiseraugst, Meisterschwanden und weitere. Die grosse Mehrheit der Gemeinden zahlt heute 40 bis 59 Prozent. 19 zumeist finanziell schlechtergestellte Gemeinden zahlen heute zwischen 35 und 39 Prozent, sie profitieren also finanziell weniger von der Reform. Mehr bezahlen muss hingegen keine Gemeinde. Schmiedrued liegt als einzige heute schon bei 35 Prozent.

Für sie ändert sich finanziell also nichts. Ärgert das Marliese Loosli, Frau Gemeindeammann von Schmiedrued? Gut sei schon mal, wenn keine Zusatzbelastung droht, schickt Loosli voraus. Gewiss würden besser situierte Gemeinden stärker entlastet. Diese zahlen aber auch in den Finanzausgleich ein, von dem Schmiedrued profitiere. Mehr lasse sich noch nicht sagen: «Die Anhörungsunterlagen wurden eben erst publiziert. Diese werden wir in Schmiedrued jetzt genau studieren, bevor wir abschliessend antworten.»

Soll mit diesem Entgegenkommen des Kantons das Interesse der Gemeinden an einer gutdotierten Strassen­kasse gestärkt werden, da ja regelmässig Vorstösse von links ganz andere ­Mittelpriorisierungen verlangen? Regierungsrat Stephan Attiger verneint. Die politischen Mehrheiten im Grossen Rat seien klar, demnach solle die Strassenrechnung bestehen bleiben. Hingegen habe der Grosse Rat 2018 mit einer Motion die Regierung beauftragt, einen neuen Verteilschlüssel vorzulegen, mit dem die Gemeinden bei den Grosssanierungen der Kantonsstrassen innerorts weniger belastet werden. Das macht die Regierung jetzt.

Kantonsstrassen innerorts: Beleuchtung geht an Kanton

Bewährte Verfahren und Instrumente – darunter die Strassenkasse – sollen ­bleiben. Hinein kommt jedoch eine Regelung des Verkehrsmanagements. Entsprechend der integralen Verantwortung für die Verkehrssicherheit auf den Kantonsstrassen soll der Kanton zudem die Beleuchtung der Innerortsstrecken von den Gemeinden schrittweise jeweils dann übernehmen, wenn ein Strassenabschnitt saniert wird.