Jugendliche gehen selten freiwillig ins Museum. Thomas Pauli-Gabi, Leiter Abteilung Kultur beim Kanton, erklärt im Interview, wie und warum er Jugendliche in Ausstellungen und Museen locken will.
Herr Pauli, erinnern Sie sich an Ihren ersten Museumsbesuch?
Thomas Pauli-Gabi: Ja, ich erinnere mich. Ich war vielleicht sieben- oder achtjährig und besuchte mit meinen
Eltern eine kleine Ausstellung beim Amphitheater in Avenches. Ich erinnere mich auch, wie ich im archäologischen Gelände unterwegs war und durch römische Kanäle kroch.
Nein. Überhaupt nicht. Ich kann mich nicht an weitere Museumsbesuche in meiner Kindheit oder Jugendzeit erinnern. Ich stamme aus einer Arbeiterfamilie. Da gehörten Museumsbesuche nicht zum Sonntagsprogramm. Auch in der Schule waren Museumsbesuche nie ein Thema. Erst im Erwachsenenalter habe ich begriffen, wie wichtig Museen sind und welche Chancen sie dem Einzelnen bieten.
Museen helfen, die eigene Geschichte und Kultur besser zu verstehen. Wie etwas war und warum es so geworden ist. Sie bieten Anschauungsmaterial, neue Zugänge. Sie führen zu den Wurzeln unserer Herkunft und weisen in die Zukunft; Museen sind wie ein Rucksack, der gefüllt ist mit den Erfahrungen der früheren Generationen – Erfahrungen, die wir für uns nutzen können. Der Bezug auch zur eigenen Vergangenheit wird zunehmend wichtig in einer sich schnell verändernden Zeit. Museen können diesen Bezug herstellen.
Das ist richtig. Jugendliche kommen selten freiwillig ins Museum. Diese haben ein verstaubtes Image, sind oft auch schulisch belastet. Mit der Aktion «Eingeladen» möchten wir Jugendlichen die Türen zu unseren Museen, Schlössern und Ausstellungen öffnen, ihnen zeigen, was der Aargau kulturell zu bieten hat – und dass das durchaus auch mit ihnen zu tun hat. Aber zugegeben, das ist ein ehrgeiziges Vorhaben und braucht einige Anstrengungen. Schulklassen wären einfacher zu gewinnen. Aber unsere Aufgabe ist es, einer breiten Bevölkerung Kultur zu vermitteln – und da sind die Jugendlichen besonders wichtig.
Nichtschulische Jugendgruppen erhalten kostenlos Eintritt und Beiträge an Führungen und Workshops. Das tönt banal, ist aber ein gutes Argument bei einer Zielgruppe, die oft knapp bei Kasse ist. Zudem bieten viele Kulturinstitutionen massgeschneiderte Angebote für die Jugendlichen an. Die Museen sind gefordert, aktiv auf die Jugendarbeit zuzugehen, sie mit speziellen Angeboten einzuladen, die Museumsschwelle zu überschreiten. Dass das funktioniert, erleben wir mit den Schloss-Foxtrails Lenzburg und Wildegg oder mit der Stapferhaus- Ausstellung «Geld. Jenseits von Gut und Böse», die bei den Jugendlichen sehr beliebt sind.
Ich glaube, ein wichtiger Gegentrend geht in die andere Richtung. In der virtuellen Welt sind die Menschen als Individuum unterwegs. Im Legionärspfad, auf dem Foxtrail oder im Workshop im Kunsthaus kann man selber aktiv werden, ist aber auch gleichzeitig Teil einer Gruppe, teilt ein gemeinsames Erlebnis. Wir stellen zudem fest, dass die Menschen scharenweise interaktive Museen besuchen, dass sie dorthin gehen, wo die echten, originalen Objekte attraktiv inszeniert sind. Ich bin überzeugt, dass auch Jugendliche begeistert sind, wenn sie sich erst einmal darauf einlassen. Die Aktion «Eingeladen» wirkt hier als Türöffner.
Wir sind überrascht und erfreut, dass 51 Museen, Schlösser und Ausstellungen mitmachen. Das zeigt das Interesse der Kulturhäuser für die Aktion. Und an einer Infoveranstaltung im Stapferhaus nahmen 45 Jugendarbeitende teil. Das stimmt uns zuversichtlich.
Der Regierungsrat hat 237'000 Franken aus dem Swisslos-Fonds bewilligt. Wir rechnen damit, dass 6000 Jugendliche vom Angebot Gebrauch machen. Und wir sind zuversichtlich, dass dabei auch einige dauerhaft auf den Kultur-Geschmack kommen.