Legislatur-Ende
So verabschiedet der Grosse Rat Hochuli und Brogli

Nach den vielen harten politischen Auseinandersetzungen der vergangenen vier Jahre gab es in der letzten Grossratssitzung der Legislatur vor allem versöhnliche Worte.

Marco Hardmeier
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Grossratspräsident Marco Hardmeier verabschiedet Regierungsrätin Susanne Hochuli mit einem Blumenstrauss.
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Marco Hardmeier würdigt an der letzten Grossratssitzung der Legislsatur die Leistungen von Susanne Hochuli und Roland Brogli, die beide abtreten.
Susanne Hochuli (Grüne) gehörte acht Jahre der Aargauer Regierung an.
Applaus für Sozialdirektorin Susanne Hochuli.
Roland Brogli (CVP) gehörte 16 Jahre der Aargauer Regierung an.
Applaus für Finanzdirektor Roland Brogli.
Blumen von Grossratspräsident Marco Hardmeier auch für Roland Brogli.
Hochuli und Brogli im Grossen Rat verabschiedet

Grossratspräsident Marco Hardmeier verabschiedet Regierungsrätin Susanne Hochuli mit einem Blumenstrauss.

Raphael Hünerfauth

Roland Brogli (CVP) prägte 16 Jahre lang die Finanzpolitik des Kantons Aargau. Susanne Hochuli (Grüne) – in diesem Jahr Frau Landammann – tat dasselbe während acht Jahren in der kantonalen Gesundheits-, Sozial- und Asylpolitik. Sie beide sind bei den jüngsten Wahlen nicht mehr für das Regierungsamt angetreten. Brogli altershalber und Hochuli zur Überraschung aller.

Beide wurden in der letzten Sitzung der zu Ende gehenden Legislatur vom Grossen Rat mit einer stehenden Ovation verabschiedet. Gewürdigt wurden sie von Grossratspräsident Marco Hardmeier. Die Würdigungen lesen im O-Ton lesen Sie unten(von der Redaktion gekürzt).
Zu sich selbst – Hardmeiers Jahr als Ratspräsident geht auch zu Ende – bekannte, dass ihm seine sechs Stichentscheide grosse Freude bereitet haben. Manche dächten wohl, er habe konsequent falsch gestimmt. Jenen gab er zu bedenken, es wäre zu keinem Stichentscheid gekommen, wenn jeweils nur ein einziger Grossrat anders gestimmt hätte.

Roland Brogli dankte allen voran seiner Frau Rosmarie, seiner Familie, Freunden, Mitarbeitern und vielen mehr. Er wünsche dem Aargau, «dass die Politik auch in Zeiten, in denen man glaubt, es stehe alles still, Reformen anpackt». Dass aus unterschiedlichen Positionen heraus keine unverrückbaren Prinzipien gemacht, sondern Lösungen gefunden werden.

Frau Landammann Susanne Hochuli bekannte, sie wisse noch nicht, was sie jetzt erwarte. Darüber könne sie auf ihrem Weg in den Norden nachdenken. Sie dankte für das Trennende und Verbindende, das die Politik bringe: «Verzeihen Sie mir, wenn ich Ihnen ab und zu auf die Nerven gegangen sein sollte. Ich verzeihe Ihnen auch.» (mku)

Die Rede von Marco Hardmeier zu Susanne Hochuli

«Liebe Susanne,

30. November 2008. In den Medien als «Polit-Erdbeben» betitelt, war deine Wahl in den Regierungsrat für (uns) alle eine grosse Überraschung. In 213 Jahren Kantonsgeschichte warst Du erst die zweite Frau im Regierungsrat.

Als grüne Grossratsfraktionspräsidentin, ausgebildete Kindergärtnerin und Journalistin gelang dir der politische Coup. Diese Vielseitigkeit kam Dir auch zugute, als Du 2009 Deine Aufgaben als Regierungsrätin und Vorsteherin des Departements Gesundheit und Soziales übernommen hast. Keinesfalls die leichteste Aufgabe. Eine Grüne als Militärdirektorin? In Deiner Amtszeit hast Du bewiesen, dass dies kein Widerspruch ist. Anstatt Dich auf ideologische Gefechte einzulassen, hast Du stets Sachpolitik betrieben und Dich von zunehmender Kritik nicht beirren lassen. Insbesondere in der umstrittenen Asylpolitik des Kantons hast Du über die gesamte Amtszeit Stärke bewiesen und stets Verantwortung übernommen. Denken wir an Bettwil, so zeigt sich, dass Du trotz Rückschlägen nie Deinen Charme und Dein Lachen verloren hast und Dir selbst stets treu geblieben bist.

Fragen zu stellen und die Dinge zu hinterfragen – eine wichtige Eigenschaft in der Rolle einer Regierungsrätin. Dein grosses persönliches Engagement war im gesamten Kanton spürbar und hat zu Fortschritt geführt. Mit der Revision der Gesundheitspolitischen Gesamtplanung, der Einführung der sektorisierten Psychiatrie, der Einführung einer Spitalliste, der Umsetzung der neuen Pflege- und Spitalfinanzierung, dem Masterplan der integrierten Vorsorge und insbesondere dem eHealth Aargau, hast Du die Gesundheitspolitik des Kantons Aargau vorangetrieben. Gleiches gilt für den Bereich Soziales. Mit der sozialpolitischen Planung und dem neuen Kinderbetreuungsgesetz – um nur einige wichtige Stationen zu nennen – hast Du dem Kanton Aufwind gebracht. Mit Deinem partizipativen, aber entschlossenen Führungsstil hast Du Dein Departement geleitet und Deine Mitarbeitenden gefördert sowie gefordert.

Der englische Schriftsteller George Orwell schrieb einst: «Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen». Ein Zitat das nur allzu gut auf Dich und Deine Tätigkeit zutrifft. Denn Freiheit ist auch das Recht, konsequent seinen Weg zu gehen, auch wenn man hin und wieder an der einen oder anderen Stelle aneckt. Daher bleibt uns nur zu danken: für Deine offene Art Dinge anzusprechen, Dein grosses Engagement für unseren Kanton und den frischen Wind in der Regierung des Kantons Aargau. Im Namen aller Anwesenden wünsche ich Dir auf deinem weiteren Weg – ob in der Schweiz oder auf den 1000 km bis zur Ostsee – nur das Beste! Vielen Dank, Susanne.»

Die Rede von Marco Hardmeier zu Roland Brogli

«Lieber Roland,

die Leistungen eines jeden Finanzministers werden erst einmal an den nackten Zahlen gemessen: Als Du 2001 das damalige Finanzdepartement übernommen hast, hatte der Kanton Aargau aus finanzieller Sicht eine lange unerfreuliche Phase hinter sich. Wie der Bund, die anderen Kantone und die Gemeinden, gab man mehr Geld aus als man eingenommen hat. Seit Beginn der 90er-Jahre war der Kanton Aargau durchgehend durch ein Defizit geprägt.
Nach zehn defizitären Jahren hast Du nur gerade zwei Jahre nach der Übernahme des Finanzdepartements den Haushaltsausgleich geschafft. Zehn Jahre lang verzeichnete der Aargau steigende Überschüsse und konnte seine Verschuldung kontinuierlich abbauen. Vor Deinem Amtsantritt hatte der Kanton Aargau einige finanzpolitische Makel zu verzeichnen. Die Aargauische Pensionskasse (APK) war angeschlagen, die Lehrpersonen mussten von der dramatisch unterdeckten Lehrerpensionskasse (obwohl dies hier drin so entschieden wurde) in die APK überführt werden und die Finanzierung der Sanierung der Sondermülldeponie Kölliken hat den Kanton belastet.

Insgesamt ist der Aargau vor einem Berg von 2,7 Milliarden Franken «Altlasten» gestanden. Mit der Schaffung der Spezialfinanzierung Sonderlasten hast Du diesen Berg angegangen. Der Kanton Aargau hat die angeschlagene Aargauische Pensionskasse (APK) reformiert. Und rund 2,3 Milliarden der Spezialfinanzierung Sonderlasten sind bereits abbezahlt. Du hast aber nicht nur die Altlasten des Kantons saniert, sondern auch zwei vom Grossen Rat beschlossenen Steuergesetzrevisionen aufgegleist.

In Deinen Worten hat der Wohn- und Wirtschaftsstandort an Attraktivität gewonnen. Gemäss einer CS-Studie belegt der Kanton Aargau sowohl als Wohn- als auch als Firmenkanton – nicht nur, aber teilweise auch dank seiner Steuerpolitik – im interkantonalen Standortwettbewerb einen Spitzenplatz. Während Deiner Amtszeit 2001–2015 im Bankrat hat sich die Bilanzsumme der AKB auf 24 Milliarden Franken verdoppelt und der Jahresgewinn auf hohe 155 Millionen Franken mehr als verdreifacht.

Möglicherweise war Dir die Rolle als oberster Personalchef in den letzten drei Jahren nicht immer nur die Angenehmste, konntest Du doch nur noch Nullrunden und den Abbau von Nebenleistungen verkünden. Als oberster Personalchef gelang es Dir aber, moderne Führungs-, Förderungs- und Entwicklungsinstrumente im Personalbereich einzuführen.

Das Wichtigste aber zum Schluss: Mit grossem Verantwortungsbewusstsein hast du unsere Kantonsfinanzen getragen, bist stets Rede und Antwort gestanden und hast Dich gerne unters Volk gemischt. Dies macht Dich zu dem was Du bist: ein Politiker aus Leidenschaft!
Lieber Roland, für diese Leidenschaft, Deine Energie und Dein Engagement zugunsten unseres Kantons, danke ich Dir! Im Namen aller Anwesenden wünsche ich Dir nun auf Deinem weiteren Weg alles Gute.»