Einbürgerungen
Sind Einbürgerungen langweilig? Gemeinderat statt Gmeind soll einbürgern

In Suhr soll neu der Gemeinderat statt der Gmeind über Einbürgerungsgesuche befinden. Weil es so viele sind, würden die Leute der Gmeind fernbleiben. Jetzt zeigt sich: Auch andere Gemeinden wie Bremgarten oder Muri denken über denselben Schritt nach.

Urs Moser
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Es war der Casus Belli: Das neue Bürgerrechtsgesetz hätte niemals eine Mehrheit gefunden, wenn den Gemeindeversammlungen das Recht entzogen worden wäre, über die Einbürgerungen zu befinden.

Allerdings können die Gemeinden selber entscheiden, ob sie die Kompetenz an ihren Gemeinderat abtreten wollen. Kaum ist das neue Gesetz in Kraft, hat Suhr als erste Gemeinde angekündigt, dass sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen will.

Aufhorchen lässt die Begründung: Es gab Reklamationen, die Gemeindeversammlungen seien zu langfädig. Man befürchtet nun, dass sich immer weniger Einwohner an der Gemeindepolitik beteiligen, wenn sie an den Gemeindeversammlungen ständig über Einbürgerungsgesuche abstimmen müssen, die sie faktisch nur abnicken können.

Um von einem Trend zu sprechen, ist es zu früh, aber Suhr wird keine Ausnahme bleiben. So plant man zum Beispiel auch in Oberentfelden, eine Änderung der Gemeindeordnung zu beantragen, wie der stellvertretende Gemeindeschreiber Dario Steinmann bestätigt. Es kämen immer weniger Leute an die Gemeindeversammlung.

Sicher sei man nicht, aber man vermute schon einen Zusammenhang mit dem Einbürgerungswesen. Im Klartext: Es ist den Leuten einfach zu langweilig, wenn die Einbürgerungen, über die sie alle einzeln abstimmen müssen, die Traktandenliste dominieren.

Auch in Muri will der Gemeinderat beantragen, ihm die Kompetenz für Einbürgerungen zu übertragen. Es kämen keine Gesuche – mit dem neuen, vereinheitlichten Prüfverfahren erst recht – vor die Gemeindeversammlung, wo die Voraussetzungen zur Einbürgerung nicht klar erfüllt sind, so Gemeindeschreiber Erich Probst.

Es gebe auch kaum je eine Diskussion. Wenn die Leute dann sähen, dass an einer Gemeindeversammlung 15 oder 20 Einbürgerungen traktandiert sind (man ist in Muri mit der Behandlung der Gesuche etwas in Rückstand), halte das eher von der Teilnahme ab.

Einbürgerungen seien nun einmal zu 99 Prozent ein Verwaltungsakt, sagt Bremgartens stellvertretender Stadtschreiber Michael Schär. Wenn die Kriterien erfüllt sind, sei eine Ablehnung an der Gemeindeversammlung kaum zu begründen.

Spruchreif ist das Thema im Bremgarter Stadtrat zwar noch nicht, die Tendenz geht daher aber auch hier in die Richtung, der Gemeindeversammlung eine Kompetenzdelegation schmackhaft zu machen.

Auch in Spreitenbach (ca. 30 Einbürgerungen jährlich) ist Ammann Valentin Schmid «fast überzeugt», dass eine Kompetenzabtretung an den Gemeinderat durchgehen würde. Mit der öffentlichen Ausschreibung der Einbürgerungsgesuche sei die Mitwirkungsmöglichkeit der Bevölkerung gesichert.

Das Thema ist hier aber nicht brandaktuell, da man gerade in der Fusionsdiskussion mit Killwangen steckt. Noch zuwarten will man auch in Rothrist, wo Ammann Hans Jürg Koch aber in der Bevölkerung ebenfalls eher «einen gewissen Missmut» als Demokratie-Stolz ausmacht, wenn er eine Gemeindeversammlung mit einem Dutzend Einbürgerungsgesuchen auf der Traktandenliste einberuft.