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Kanton Aargau
Normalerweise liefern einheimische Bauern ihre Kartoffeln für den bekannten Chipshersteller Zweifel in Spreitenbach. Doch der Hersteller von Pommes Chips muss nun ausländische Kartoffeln importieren, weil die einheimischen die Anforderungen nicht erfüllen.
Längst nicht jede Kartoffel eignet sich zur Weiterverwertung zum Pommes Chips. Zuerst einmal muss sie der richtigen Sorte angehören. Trägt sie einen edlen Namen wie Lady Claire, Lady Rosetta, Marlen, Hermes oder Panda, dann steigen die Chancen, dass aus ihr feine Chips werden können. Falls sie den idealen Massen entspricht. Sie darf nicht kleiner als 42,5 und nicht grösser als 72 Millimeter sein.
Über 400 Bauern aus der ganzen Schweiz beliefern die Firma Zweifel Pomy-Chips AG in Spreitenbach, 32 davon stammen aus dem Aargau. Auf jeder Packung Zweifel Chips steht denn auch, von welchem Bauernbetrieb die verwendeten Kartoffeln stammen.
Die Kartoffelernte 2016 fiel schlecht aus. Das feuchte und das kühle Wetter im Frühling und Frühsommer 2016 setzte den Kartoffeln zu; ebenso die trockenen Tage im Sommer. Der Ertrag lag denn auch rund ein Drittel unter dem langjährigen Schnitt, zudem waren viele Kartoffeln kleiner geraten, als sich das die Produzenten gewünscht hätten.
Die schlechte Ernte hat auch Konsequenzen für die Bauern, die Kartoffeln für die Pommes Chips-Herstellung liefern: Die zu kleinen Kartoffeln genügen oft den Mindestanforderungen nicht und viele Produzenten können so die benötigten Mengen gar nicht liefern.
Guido Schleuniger, Kartoffelproduzent und Händler aus Klingnau, ist selber von der schlechten Ernte betroffen, hat aber Verständnis für die Qualitätsansprüche der Firma Zweifel: «Kleine Kartoffeln ergeben nun halt mal kleine Chips; und das würde der Konsument nicht akzeptieren», sagt er. Und Schleuniger bezeichnet die Firma Zweifel als äusserst fairen Abnehmer, der den Bauern so weit als möglich entgegenkomme. Aber die Situation sei unerfreulich: 2016 brachte bereits die dritte schlechte Kartoffelernte innerhalb der letzten sieben Jahre. Auch die Zahlen sprechen da eine deutliche Sprache: 2016 konnten im Schnitt 342 Kilogramm Kartoffeln pro Are geerntet werden; im guten Kartoffeljahr 2009 waren es noch 465 Kilogramm gewesen.
Mit der genossenschaftlich organisierten fenaco-Gruppe bestehen über die lokalen Landi Abnahmevereinbarungen mit vielen Kartoffelproduzenten aus dem Aargau. «Die schlechte Ernte hat zu einer Fehlmenge von rund einem Viertel der in der Schweiz konsumierten Speisekartoffeln für die veredelnde Industrie geführt», erklärte Christoph Kohli, Category Manager bei fenaco Landesprodukte.
Nun müssten die Fehlmengen aus dem Ausland importiert werden. «Aufgrund der knappen Ernte haben die beiden Branchenorganisationen die Übernahmebedingungen gelockert, um möglichst viele Kartoffeln verwenden zu können. So wurden auch kleine oder auch missförmige Kartoffeln vermarktet, die sonst im Markt schwer einen Abnehmer finden», erklärte Kohli weiter. Bauer und Händler Schleuniger schätzt diese Lockerung. Sie trägt auch dazu bei, dass weniger Kartoffeln, deren einziger Makel ist, dass sie zu klein für eine Verwertung sind, als Tierfutter verwertet oder gar vernichtet werden.
Für den Chips-Hersteller Zweifel bedeutet der Kartoffelengpass, dass die fehlenden Kartoffeln ebenfalls aus dem Ausland importiert werden müssen. Roger Harlacher, CEO der Zweifel Pomy-Chips AG, versichert aber: «Wir haben bei ausländischen Kartoffeln genau dieselben Qualitätsansprüche wie bei Schweizer Kartoffeln. Unsere Qualitätssicherung sorgt dafür, dass diese auch eingehalten werden.»
Über die Jahre gesehen, sind Zweifel-Chips zu 95 Prozent aus Schweizer Kartoffeln hergestellt; das Unternehmen gibt an, man würde liebend gerne nur mit Kartoffeln aus dem Aargau und der übrigen Schweiz arbeiten, so es denn genügend davon gäbe. Doch das ist vorderhand nicht möglich. «Wir rechnen mit einer Fehlmenge von rund 20 Prozent, die wir aus dem Ausland importieren müssen», erklärte Mediensprecherin Christina Schaffhauser. Die zugekauften Kartoffeln stammen aus Deutschland, Frankreich, Belgien, Holland oder Italien. Wenn man Zoll- und Transportkosten berücksichtige, seien die ausländischen Kartoffeln ungefähr gleich teuer wie die einheimischen, sagte Schaffhauser weiter.
Der Aargau liefert gut 6 Prozent der schweizerischen Kartoffelproduktion. Pro Jahr isst der Aargauer im Schnitt 45 Kilogramm Kartoffeln. Damit ist die Kartoffel noch immer beliebter als Teigwaren (40 Kilogramm pro Person und Jahr) und Reis (25 Kilogramm pro Person und Jahr. Auch wenn sie dieses Jahr vielleicht etwas kleiner daher kommt.