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Unia fordert Rücktritte im GE-Management, Arbeit Aargau spricht von gebrochenen Versprechen, Gewerkschaftsbund kritisiert CEO-Lohnmodell – der Volkswirtschaftsdirektor ist enttäuscht von der Firmenleitung.
Der dritte massive Stellenabbau in Folge bei General Electric im Aargau macht die Arbeitnehmer-Vertreter wütend. Thomas Leuzinger, Pressesprecher der Sektion Aargau-Nordwestschweiz der Gewerkschaft Unia, spricht von einem «Schlag ins Gesicht» der Angestellten von General Electric. «Natürlich besteht die Hoffnung für Anschlusslösungen, aber GE übernimmt keinerlei Verantwortung, überlässt die Betroffenen ihrem Schicksal.»
Das Unternehmen erreiche mit dem nun angekündigten Stellenabbau eine neue Ebene der Respektlosigkeit, kritisiert Leuzinger. Die «miserable Personalpolitik» müsse Folgen haben, fordert die Unia: «Die Verantwortlichen, welche mit der Existenz von Tausenden Mitarbeitenden und ihren Familien spielen, sollten sich ihr fatales Missmanagement eingestehen und per sofort die Posten räumen.»
Auch der Aargauische Gewerkschaftsbund übt heftige Kritik an der Unternehmensführung: «GE hat in den letzten Jahren die Entwicklung weg von der fossilen Stromerzeugung hin zu den erneuerbaren Energien total verschlafen», sagt Präsident Florian Vock. Das liege eindeutig am Management, hält der SP-Grossrat fest und legt nach: «Es ist doch absurd, den Lohn des CEO an den Aktienkurs zu koppeln. Das führt zu kurzfristigen Entscheiden, die rein finanziell motiviert sind, statt dass sich das Management überlegen würde, mit welcher Strategie die Firma langfristig erfolgreich sein könnte.»
Arbeit Aargau, der kantonale Dachverband der Gewerkschaften, hatte bereits 2017 von GE verlangt, die Angestellten vollumfänglich und transparent über die Strategie des Konzerns zu informieren. «Entgegen früheren Versprechen sollen nun erneut Angestellte entlassen werden», kritisiert Arbeit Aargau in einer Mitteilung. Die Personalpolitik lasse Zweifel aufkommen, inwiefern der Konzern langfristig plane. «Dies zeugt von einer grossen Respektlosigkeit gegenüber den Angestellten», schreibt Arbeit Aargau. Der Verband zeigt sich solidarisch mit den Betroffenen und kündigt an, diese im Kampf um ihren Arbeitsplatz zu unterstützen.
«Wenn man die Entwicklung im Energiesektor betrachtet, musste man leider fast davon ausgehen, dass ein weiterer Stellenabbau droht», sagt Landammann Urs Hofmann. Der Aargauer Volkswirtschaftsdirektor musste am Montag zum wiederholten Mal eine Hiobsbotschaft für den Industriekanton kommentieren. Hofmann sagt, verbindliche Zusagen habe es nicht gegeben. «Dennoch bin ich enttäuscht, denn die GE-Führung hat gegenüber dem Regierungsrat andere Aussagen gemacht.» So war in der Vergangenheit mehrfach zu hören gewesen, mit dem letzten Stellenabbau sei die Restrukturierung der Firma abgeschlossen.
Der Regierungsrat erwartet laut einer Mitteilung, dass GE intensiv nach Lösungen sucht, um die Zahl der Kündigungen möglichst gering zu halten. Weiter fordert er die Firma auf, alles daranzusetzen, um soziale Härtefälle zu vermeiden. «Oberstes Ziel bei den beginnenden Konsultationsverfahren mit den Sozialpartnern muss sein, für möglichst viele betroffene Mitarbeitende neue Arbeitsplätze zu finden», teilt die Regierung mit. Das Amt für Wirtschaft und Arbeit sei mit einem mobilen Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum vor Ort und stehe in engem Kontakt mit GE-Personalverantwortlichen.
Nach den ersten Abbaurunden bei GE in der Schweiz kritisierten Gewerkschafter, Frankreich habe besser verhandelt und der Firma Garantien für Standorte abgerungen. Kürzlich wurde bekannt, dass GE auch im französischen Belfort 1000 Jobs streichen will.
Gewerkschaftsbund-Präsident Vock sagt, für ihn sei ein Arbeitsplatz in Frankreich gleich viel wert wie einer in der Schweiz. «Ich finde es richtig, dass der französische Staat Zusicherungen verlangt und GE büsst, wenn sie diese nicht einhält.» Dies helfe aber nur kurzfristig, längerfristig müsse sich die Politik auch in der Schweiz überlegen, wie sie Innovation zugunsten von Arbeitsplätzen unterstützen könne. «Eine wichtige Rolle spielt dabei die Standortförderung, die im Aargau leider immer noch befristet ist», sagt Vock. Auch die Hightech-Strategie des Kantons sei ein bedeutender Faktor, allerdings investiere der Kanton hier viel zu wenig. «Grundsätzlich muss sich die Politik stärker dafür einsetzen, was der Volkswirtschaft und damit den Angestellten hilft», fordert er. Steuergeschenke seien kein Mittel, «das nachhaltig ist und Arbeitsplätze erhält».
«Der Kanton Aargau verfolgt seine Hightech-Strategie und betreibt Standortförderung, aber der Einfluss der Politik ist in solchen Fällen beschränkt», sagt Urs Hofmann. Er sieht trotz der Enttäuschung über die Abbaupläne auch einen positiven Aspekt. «Erfreulich ist, dass der Bereich von GE, der von Oberentfelden nach Birr verlegt wird, offenbar boomt.»
Es sei sehr zu begrüssen, dass die Firma in Birr nun ungefähr 30 Millionen Franken investiere. «Das werte ich als Bekenntnis zum Standort», sagt Hofmann. Wie von GE schon früher angekündigt, soll die Produktion am Standort Oberentfelden nach Birr verlegt werden. Davon betroffen sind rund 500 GE-Mitarbeitende, deren Arbeitsplätze bleiben erhalten.