Reportage
Sanierung im Heitersberg-Tunnel: «Schaffen nachts zwischen 72 und 90 Meter»

Seit Anfang Januar läuft die Sanierung der Gleiselemente im fast 5 km langen Eisenbahntunnel unter dem Heitersberg zwischen Killwangen und Mellingen. Der 200 Meter lange Bauzug ist ungefähr in der Mitte angelangt: «Es liegt Baustaub in der Luft»

Fabian Hägler
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Die alten Schwellen werden zum Abtransport vorbereitet
12 Bilder
Der Portalkrahn bringt das neue Gleisstück.
Die Aussparungen werden gereinigt
Die Schwellenlöcher werden gereinigt.
Arbeiter beim Portalkrahn.
Die neuen Schwellen werden eingepasst
Die Schrauben des Gleisstücks werden angezogen.
Heitersbergtunnel
Eine Schicht dauert 8 Stunden von 22 Uhr bis 06 Uhr
Neue Schwellen werden verlegt
Medienschaffende holen sich Informationen zur Gleisrevision
Tote Ratten sind ein gaengiges Bild im Tunnel

Die alten Schwellen werden zum Abtransport vorbereitet

Emanuel Freudiger

Sicherheit ist alles im Heitersberg: «Halten Sie sich hinter mir, berühren Sie keine herunterhängenden Teile und bleiben Sie an der Tunnelwand, wenn auf der Gegenspur ein Zug vorbeifährt», sagt Projektleiter Thomas Rubi.

Ausgerüstet mit Schutzhelm und Leuchtweste folgen wir ihm in den 4929 Meter langen Eisenbahntunnel. Seit dem 6. Januar läuft die Sanierung der «festen Fahrbahn» im 39 Jahre alten unterirdischen Gang. «Wir haben auf der Killwanger Seite begonnen und sind momentan etwa in der Mitte», sagt Rubi.

Weg hinein ins Tunnel bis zum Bauzug

Bis zum Bauzug, dessen Lichter in der Ferne leuchten, sind es rund zwei Kilometer. Neben uns weisen orange Lampen und eine Tafel die Lokführer darauf hin, dass die Höchstgeschwindigkeit im Tunnel während der Bauarbeiten auf 80 km/h beschränkt ist. «Normalerweise fahren die Züge hier mit 140 Stundenkilometern durch, das wäre jetzt aber zu gefährlich», sagt Thomas Rubi. Die rund 30 Arbeiter auf der Baustelle werden durch ein oranges Drehlicht und ein lautes Horn gewarnt, wenn ein Zug naht.

«Man merkt dies auch am Ohrendruck, noch bevor der Zug zu hören ist», sagt Rubi, der auch für die Inbetriebnahme der Zürcher Durchmesserlinie verantwortlich und häufig auf Tunnelbaustellen unterwegs ist. Kurz nach der ersten Fluchtwegtafel, die uns anzeigt, dass wir inzwischen 320 Meter vom Tunnelportal in Mellingen entfernt sind, spüren wir es: Ähnlich wie bei einer Luftseilbahn, die rasch aufsteigt, ändert sich der Ohrendruck. Als wir uns umdrehen, ist der Zug weit entfernt.

Ein paar Sekunden später gleitet er erstaunlich leise an uns vorbei. «Die Personenzüge machen heute kaum noch Lärm», sagt Rubi, während er dem Lokführer zuwinkt. Lauter ist der Güterzug, der kurz darauf vorbeifährt – und auch der Baulärm wird stärker.

Warm, laut und staubig: der Bauzug

Zuerst war es nur ein leises Brummen, als wir uns dem 200 Meter langen Bauzug nähern, wird daraus ein Gemisch aus Zischen, metallischen Schlägen, tiefem Grollen, dumpfen Vibrationen und Kratzgeräuschen. Und die Temperatur steigt: Je weiter wir in den Tunnel hineinkommen, umso wärmer wird es.

Den kalten Luftzug der ersten Meter spüren wir auf der Baustelle längst nicht mehr, stattdessen liegt Baustaub in der Luft. «Am Wochenende, wenn weniger Züge durch den Tunnel fahren, ist die Sicht noch schlechter», sagt Rubi.

Im Tunnel liegen die Schienen nicht auf Schotter, sondern auf Betonschwellen. Die Schwellen, umgeben von einem Plastikschuh, der Vibrationen dämpft, sind in Löcher eingelassen. Vorne lockern Arbeiter ein 18 Meter langes Gleisstück, der Portalkran hebt es an und lädt es auf einem Wagen ab.

Ein paar Minuten später bringt der Kran das neue Joch, senkt das Schienenstück ab und die Männer beginnen mit der Feinarbeit: Mit Händen, Füssen, Zangen und Hämmern wird das Element zentimetergenau eingepasst.

Einbahn gilt nur in der Nacht

«In einer Nacht schaffen wir zwischen 72 und 90 Meter», sagt Thomas Rubi auf dem Rückweg zum Tunnelportal. An die Züge, die wenige Meter neben uns verkehren, haben wir uns schon gewöhnt. Neben dem gesperrten Gleis gehen wir zurück in Richtung Mellingen. In gut fünf Stunden, morgens um 6 Uhr, werden beide Fahrbahnen wieder für den Zugverkehr freigegeben – bis abends um 22 Uhr. Dann fährt der Bauzug wieder ein.

Fertig ist die erste Sanierungsetappe im Heitersbergtunnel Ende März. «Wir sind gut im Zeitplan», sagt Thomas Rubi, als wir ins Freie kommen und neben uns die Tafel blinken sehen, die ein Betreten des Tunnels für Unbefugte verbietet.