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Kanton Aargau
Wer von der Sozialhilfe abhängig war und wieder an Geld kommt, muss seine Schulden begleichen. Doch nicht alle halten sich daran. Die Aarburger Sozialvorsteherin und SVP-Nationalrätin Martina Bircher will eine Informationspflicht.
Wer in die Sozialhilfe rutscht, verschuldet sich. Denn Sozialhilfe muss grundsätzlich an die Gemeinde zurückbezahlt werden, sobald das den Betroffenen möglich ist. Der Grundsatz ist unbestritten, die Details aber sorgen für rote Köpfe.
Aktuell zeigt sich das in der Diskussion um die Tilgung von Sozialhilfeschulden mit Altersguthaben bei der Frühpensionierung. Aargauer Linke- und Mitte-Politiker wollen dieses Vorgehen einiger Aargauer Gemeinden verbieten, Bürgerliche hingegen finden, sie brauchen diese Autonomie.
Praxis wird in Aarburg angewendet
Jetzt meldet sich auch Martina Bircher, SVP-Nationalrätin und Sozialvorsteherin von Aarburg, zum Thema. Auch in ihrer Gemeinde wird mit frühpensionierten, ehemaligen Sozialhilfeempfängern das Gespräch gesucht, inwiefern sie mit ihrer Freizügigkeitsleistung ihre Schulden begleichen sollen. «Dieses Modell sollten wir beibehalten, absolut», sagt Bircher.
In den meisten Fällen seien die Altersguthaben der Betroffenen klein, ohne Ergänzungsleistungen (EL) erreichten sie das Existenzminimum auch damit nicht. «Wenn die Gemeinde auf die Rückzahlung verzichtet, ändert sich für die Betroffene n nichts, ausser dass sie dann immer noch verschuldet wären», so Bircher. Für die Gemeinde und ihre Sozialhilfe seien die Rückzahlungen aber genau so wichtig, wie jene ehemaliger Sozialhilfebezüger, die durch Arbeit, eine Schenkung oder ein Erbe in der Lage sind, ihre Schulden zu tilgen.
Sozialämter sollen direkt informiert werden
Aber nicht immer melden diese sich, wenn es soweit wäre. Darum sollen in Zukunft die Sozialämter über den Bezug von Freizügigkeitsleistungen, Erbschaften und Schenkungen informiert werden - wie es bei den Steuerämtern bereits heute der Fall ist. Das forderte vor einem Jahr Adrian Schoop (FDP) im Grossen Rat. Eine solche Gesetzesanpassung betreffe den Bund, antwortete ihm der Regierungsrat damals. Deswegen reicht Martina Bircher am kommenden Montag eine Parlamentarische Initiative im Nationalrat ein, die verlangt, dass die gesetzlichen Grundlagen auf Bundesebene angepasst werden.
Erbe nicht angegeben, wieder auf dem Sozialamt gelandet
«Es kann nicht sein, dass grosse Geldbeträge an der Gemeinde quasi vorbeigeschmuggelt werden, bis sie verschenkt oder so investiert sind, dass es uns nicht mehr möglich ist, eine Rückzahlung zu verlangen», stellt die Nationalrätin klar. Sie nennt ein Beispiel aus den letzten Tagen: Ein Einwohner von Aarburg bezog einen grossen Geldbetrag aus einer Erbschaft und steckte diesen rasch in eine Stiftung, wo das Geld jetzt gebunden ist. Dabei hat er Sozialhilfe- und Steuerschulden, in der Summe eines Bruchteils seines Erbes. Dem IV-Rentner wurden wegen des Erbes die Ergänzungsleistungen gestrichen, weshalb er wieder auf dem Aarburger Sozialamt anklopft.
«Das ist massiv stossend. Wir brauchen gesetzliche Grundlagen um solches, raffiniertes Vorgehen zu unterbinden», so Bircher.
Für die Aarburger Sozialhilfe sei 2020 aber insgesamt ein gutes Jahr gewesen, sagt sie. Rund 300'000 Franken an Schulden seien zurückerstattet worden, in einem durchschnittlichen Jahr sei es etwa ein Drittel dessen.