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Franziska Roth denkt auch nach der Kritik ihrer Partei nicht daran, ihr Amt als Regierungsrätin abzugeben. Vielmehr greift sie die Leitung der SVP Aargau an und kritisiert, weder die Hilfsangebote noch die geforderten Verbesserungen seien konkret. Auch ihr Departement funktioniere, dass es vor dem Kollaps stehe, sei «dummes Zeug».
Dass eine amtierende Regierungsrätin von ihrer eigenen Partei öffentlich kritisiert wird, ist sehr ungewöhnlich. Franziska Roth äussert sich im Interview.
Frau Roth, warum waren Sie nicht dabei an der Medienkonferenz der SVP?
Das war die Pressekonferenz der SVP, nicht meine, zudem hatte ich noch einen anderen Termin. Die Geschäftsleitung der SVP Aargau wollte diese Information durchführen, das ist ihre Entscheidung.
An der Medienkonferenz hat Ihr Parteipräsident Sie offen kritisiert – wie reagieren Sie darauf?
Ich bin immer offen für konstruktive Kritik, mir ist aber wichtig, dass diese auf Fakten beruht. Das habe ich bei der Kritik der SVP-Geschäftsleitung an mir weitgehend vermisst.
Sie haben also das Gefühl, die Kritik erfolgt auf persönlicher Ebene – oder die SVP Aargau schätzt die Situation falsch ein?
Die Kritik kommt nach diversen Vorkommnissen der letzten Monate. Ich habe sicher Fehler gemacht im Umgang mit der Gesundheitskommission und bei meiner Aussage betreffend Vorstösse. Dafür habe ich mich entschuldigt.
Ihre Partei findet, Sie hätten in den letzten zwei Jahren mehr Hilfe annehmen sollen, gerade als Quereinsteigerin in der Politik – sehen Sie das im Rückblick auch so?
Es ist sicher so, dass ich auch heute noch Hilfe brauchen kann. Aber die Hilfsangebote meiner Partei, bzw. der Geschäftsleitung, waren nie wirklich konkret.
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Offenbar haben wir aneinander vorbei geredet, wobei es in der politischen Arbeit und im Networking sicher noch Potenzial für mich gibt.
Die Geschäftsleitung hat heute angekündigt, man wolle Sie stärker unterstützen – gibt es denn jetzt konkrete Angebote, die Sie auch annehmen würden?
Wenn konkrete Angebote seitens der Fraktion oder SVP Aargau bei mir eingehen, werde ich diese sicherlich prüfen und – falls diese zielführend sind – auch annehmen. Bis heute wurden diese Unterstützungsangebote jedoch nie konkretisiert.
Der Regierungsrat hat eine externe Analyse ihres Departements in Auftrag gegeben...
Ich hatte zuvor selber schon eine interne Analyse in Auftrag gegeben, letzte Woche lag der Vertrag dafür zur Unterschrift vor. Diese hätte nicht die gleiche Breite abgedeckt, wie die externe Analyse, die nun durchgeführt wird. Nach dem Beschluss des Regierungsrats habe ich die Vorbereitungen für unsere eigene interne Analyse gestoppt.
Franziska Roth reagiert im "Talk Täglich" auf die Kritik:
Die externe Untersuchung soll Organisation, Führung und Betriebskultur prüfen – ist das nötig?
Ich begrüsse die externe Organisationsanalyse und werde schauen, welche Resultate dabei herauskommen. Es besteht ein gewisser Handlungsbedarf, mutmasslich im Generalsekretariat. Ich erwarte von dieser Analyse eine objektive Auslegeordnung, sie soll mir auch Instrumente in die Hand geben, um dort Optimierungen vorzunehmen, wo dies nötig ist.
Ihre Partei schreibt, Sie hätten 2017 ein Departement im "Wohlfühlmodus" übernommen...
Das sind nicht meine Worte!
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Das sind nicht meine Worte! Ich habe vor zwei Jahren ein Departement mit gewachsenen Strukturen übernommen – diese Strukturen sollen nun überprüft werden. Deshalb erwarte ich, dass die externe Analyse die eine oder andere Möglichkeit zur Optimierung ergibt. Hart gearbeitet wurde im DGS auch schon vor meiner Zeit, das ist keine Frage.
Nun fordert Ihre Partei vor den Sommerferien klare Verbesserungen ihrerseits, Sie wollen die externe Analyse abwarten – das passt zeitlich nicht zusammen.
Die externe Analyse wird eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, sonst ist sie nicht seriös. Zur Forderung meiner Partei: Da müsste mir die Geschäftsleitung schon mitteilen, was genau denn verbessert werden müsste. Und ich müsste wissen, welche Person mir konkret welche Art der Unterstützung anbietet.
Sie vermissen also klare Ziele, die messbar sind, um die Verbesserungen zu erreichen?
Ja, und es ist ja auch nicht alles derart schlecht, wie es jetzt dargestellt wird. Die Sachgeschäfte laufen aus meiner Sicht erfolgreich.
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Ja, und es ist ja auch nicht alles derart schlecht, wie es jetzt dargestellt wird. Die Sachgeschäfte laufen aus meiner Sicht erfolgreich. Wir haben zum Beispiel im Asylwesen bereits rund 7,5 Millionen Franken eingespart, die Spitalliste ist soweit auf Kurs. Dank „ambulant vor stationär“ wurde bei der Spitalfinanzierung im letzten Jahr 25 Millionen Franken weniger ausgegeben als budgetiert. Und dies bei unverändert hoher medizinischer Qualität. Das ist auch auf die gute Zusammenarbeit zwischen den Leistungserbringern und dem Departement zurückzuführen.
In diesem Punkt widersprechen Sie also Ihrer Partei?
Ja, hier bin ich definitiv anderer Meinung. Die SVP ist aus irgendwelchen Gründen gegen das Spitalgesetz und sie hält es offenbar nicht für nötig, einer Einladung zum Gespräch darüber zu folgen. Es ist mir ein Anliegen, dass sich die Fraktionen einbringen können – alle haben sich für die Einladung bedankt und kommen gern, mit Ausnahme der SVP.
Sie sagten mehrfach, Sie seien dem Wahlvolk verpflichtet – wie wichtig ist Ihnen die Unterstützung und Rückendeckung Ihrer Partei?
Ich bin aus Überzeugung in der SVP, ich mache SVP-Politik, die SVP ist meine Partei, das sind meine Leute. Aber die Geschäftsleitung, diese siebenköpfige Delegation, ist nicht zwingend repräsentativ für die ganze Partei.
Aus Ihrer Sicht müsste also ein Parteitag über ein Ultimatum gegen Sie oder eine Rücktrittsforderung entscheiden?
Diese Frage stellt sich für mich gar nicht. Ich bleibe im Amt und habe auch im Sinn, in der Partei zu bleiben. Ich habe einige Erfolge bereits genannt, mein Departement ist nicht kurz vor dem Zusammenbruch, die Leute laufen nicht in Scharen davon. Wir hatten diesen Monat drei Abgänge im Generalsekretariat, die lassen sich aber erklären. Und mit der Organisationsanalyse wollen wir künftig für stabilere Verhältnisse sorgen.
Dennoch hat die Geschäftsleitung Sie am Freitag vor die Wahl gestellt, umgehend zurückzutreten, oder rasch Verbesserungen zu erreichen – was sagen Sie zu diesem Vorgang?
Ich habe das zur Kenntnis genommen, aber nochmals: ein Rücktritt drängt sich nicht auf. Mein Departement leistet gute Arbeit, die Mitarbeiter sind trotz aller Widerwärtigkeiten motiviert, die Geschäfte sind aus Kurs. Für mich steht ein Rücktritt absolut ausser Frage.
Sie haben der Geschäftsleitung also nicht zugesagt, Sie würden im Sommer zurücktreten, wenn die geforderten Verbesserungen nicht gelingen?
Nein, auf keinen Fall, ich bin dem Wahlvolk verpflichtet und mache zusammen mit meinen über 400 Mitarbeitern gute Arbeit. Ich habe in den letzten Tagen auch sehr viele Rückmeldungen – interne wie externe – von Menschen erhalten, die mich ermutigt und zum Durchhalten aufgefordert haben. Dass das Departement kurz vor dem Kollaps stehe und der Regierungsrat um fünf vor Zwölf habe einschreiten müssen – diese Darstellung ist ganz einfach dummes Zeug.
Die Medienkonferenz mit SVP-Präsident Thomas Burgherr: