Jubiläum
Regionaljournal sendet seit 30 Jahren – und rüstet sich für die Zukunft

Seit 30 Jahren sendet das «Regionaljournal Aargau Solothurn» täglich Nachrichten und Hintergründe in einem eigenen «Fenster» auf der ersten Programmschiene von Radio DRS respektive SRF. Zu Ottmar Hitzfeld gelang einst ein denkwürdiger Primeur.

Hans Fahrländer
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Arbeiten trotz Geburtstag: Redaktor Mario Gutknecht gestern im Studio an derBahnhofstrasse 88 in Aarau.Jiri Reiner

Arbeiten trotz Geburtstag: Redaktor Mario Gutknecht gestern im Studio an derBahnhofstrasse 88 in Aarau.Jiri Reiner

Die Regionalisierung der schweizerischen Radiolandschaft begann in den 70er-Jahren. Bis 1978 erhielten sämtliche Regionen ihre Lokalfenster – doch die Kantone Aargau und Solothurn blieben ein weisser Fleck auf dieser Karte.

Der Grund: Es fehlte an «abtrennbaren» Sendern. Hier empfing man zwar das nationale Radioprogramm problemlos, über die grossen UKW-Sender St. Chrischona, Bantiger, Rigi, Üetliberg etc. Doch eigene Sender für eigene Sendungen hatte man nicht, die Standorte Wasserfluh, Baden-Hörndli, Froburg, Weissenstein etc. wurden erst später gebaut.

Tag der offenen Tür zum 30. Geburtstag

Das Team des Regionaljournals Aargau Solothurn umfasst heute 18 Journalistinnen und Journalisten (knapp 11 volle Stellen) für Redaktion und Moderation, dazu kommen Backoffice und Technik. Gesendet wird fünfmal am Tag auf SRF 1: nach den Nachrichten von 6.30, 7.30, 8.30 und 12 Uhr sowie ein Abendmagazin von 17.30 bis 18 Uhr. Zusätzlich ist man je nach Nachrichtenlage in den nationalen Sendegefässen präsent.

Die Trägerschaft, die ehemalige RFGAS, heisst heute «SRG idée suisse Aargau Solothurn». Sie vertritt die Interessen der beiden Kantone in der SRG. Private und juristische Personen und öffentlich-rechtliche Körperschaften können Mitglied werden. Heute Samstag öffnen sich die Türen der Büro- und Studioräume an der Bahnhofstrasse 88 in Aarau. Von 10 bis 16 Uhr können Interessierte auf Studioführungen hinter die Kulissen blicken.

Die Krone des energischsten Förderers eines eigenen aargauisch-solothurnischen Regionalfensters kommt dem heute 73-jährigen Roland Meyer zu. Der aus Wohlen stammende und heute in Zurzach lebende ehemalige Schauspielschüler und Radiojournalist berichtete ab 1965 vom Studio Basel aus über die Kantone Aargau und Solothurn.

Sein Ziel war eine eigene Sendung für die beiden Kantone. «Doch die SRG winkte ab und die PTT war nicht bereit, ohne SRG-Auftrag neue Sender zu bauen, also ging ich auf die Politiker los», erinnert sich Meyer. Mit Erfolg: Die Aargauer und die Solothurner Regierung beschlossen, sich für eine tägliche Regionalsendung und eine eigene Mitgliedgesellschaft bei der SRG einzusetzen. Die Radio- und Fernsehgesellschaft Aargau-Solothurn (RFGAS) wurde 1980 gegründet, zum ersten Präsidenten wurde der ehemalige Ständeratspräsident Robert Reimann aus Wölflinswil gewählt.

Der Primeur mit Hitzfeld

Roland Meyer erlebte den Start seines «Kindes», die tägliche Regionalsendung aus Aarau, nicht mehr im Studio: Er verliess Radio DRS 1983. Die RFGAS wählte den damals 35-jährigen Peter W. Frey, zuvor beim «Regionaljournal Zürich-Ostschweiz» tätig, zum Leiter des «Regionaljournals Aargau-Solothurn».

Am 2. Januar 1984 moderierte er die erste tagesaktuelle Sendung. Es gab vor 30 Jahren jeden Tag eine Abendsendung und unter der Woche zusätzlich eine kurze Mittagssendung. Das Studio befand sich im Dachgeschoss einer alten Villa an der Bachstrasse in Aarau. «Unklimatisiert und zum Teil noch recht improvisiert war es», sagt Frey in der Rückblende.

Die Startformation für das tägliche Regionaljournal Aargau Solothurn im Jahr 1984. Oben Urs Tremp und Felix Baumgartner, unten Alwin Gasser, Sabina Bucher, Peter W. Frey und Peter Bertschi (von links).

Die Startformation für das tägliche Regionaljournal Aargau Solothurn im Jahr 1984. Oben Urs Tremp und Felix Baumgartner, unten Alwin Gasser, Sabina Bucher, Peter W. Frey und Peter Bertschi (von links).

ZVG

Zu seinem ersten Team gehörten fünf Männer und eine Frau (Foto oben). «Dass zwei aus unserem Team SP-Mitglieder waren, führte zu einem freisinnigen Vorstoss im Grossen Rat», schmunzelt der heute 65-jährige, in Hausen wohnhafte Frey, «man argwöhnte, der linke Radiodirektor Andreas Blum habe sich ein linkes Team gewünscht, was natürlich blanker Unsinn war.»

Man habe in den ersten Jahren einige Primeurs landen und so die traditionellen ansässigen Medien ärgern können. «Dass Ottmar Hitzfeld 1984 Trainer des FC Aarau wurde, verbreiteten wir, bevor es die Spieler des FCA wussten», freut sich Frey noch heute.

Service public bleibt aktuell

1989 war die Zeit in der Villa zu Ende: Das Regionaljournal zügelte in ein modernes Glasgebäude am Bahnhof Aarau. Der heutige Redaktionsleiter, der 61-jährige, in Turgi wohnhafte Andreas Capaul, stiess 1996 zum «Regionaljournal». Zuvor gehörte er unter anderem der legendären «Schlussredaktion» des «Aargauer Volksblatts» an, das 1992 seinen Betrieb einstellen musste.

Seit 2006 leitet Capaul das Team. Hält er das Modell mit den regionalen Fenstern im nationalen Kanal nach wie vor für zeitgemäss? Capaul zögert nicht lange: «Unbedingt. Einerseits entsprechen regionale Informationen einem grossen Bedürfnis. Anderseits ist der Service public, welchen die SRG dem Land und den Landesteilen bietet, wichtig für den Zusammenhalt.» Capaul sieht im «Regi» auch ein gewisses Gegengewicht: «Viele Medien in den beiden Kantonen gehören den AZ Medien. Da ist es wichtig, dass auch andere Stimmen vernommen werden.»

Aargau und Solothurn sind von der Geschichte her keine Einheit – ist ihre gemeinsame Betreuung nicht etwas «künstlich»? Capaul: «Ursprünglich schon. Doch wir haben mit dem ‹Regi› in den letzten 30 Jahren einiges zur Bildung einer gemeinsamen Identität beigetragen. Andere Institutionen, zum Beispiel im Bildungsbereich, sind gefolgt. Wir haben quasi Schneepflugarbeit verrichtet.»

Capaul betont, die Radios stünden heute vor ähnlichen Herausforderungen wie die Zeitungen: «Die jungen Leute hören nicht mehr so viel Radio. Wir entwickeln deshalb Gegenstrategien, um sie trotzdem an uns zu binden, mit Online-Angeboten und der Präsenz in sozialen Medien.»