Bericht
Regierungsrat hat kantonale Abfallplanung aktualisiert

Die 35 Massnahmen in der Abfallplanung sind den Schwerpunktthemen Deponieplanung, Förderung von Recycling-Baustoffen, Klärschlammentsorgung, Abfallverwertung in Zementwerken und energetische Nutzung von Abfällen zugeordnet.

Urs Moser
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Die Aargauer Kehrichtverbrennungsanlage (im Bild Buchs) sind bis jetzt voll ausgelastet, doch tendenziell drohen Überkapazitäten. Der Kanton Aargau fordert deshalb vom Bund eine nationale Koordination des Bedarfs. Archiv/Walter Schwager

Die Aargauer Kehrichtverbrennungsanlage (im Bild Buchs) sind bis jetzt voll ausgelastet, doch tendenziell drohen Überkapazitäten. Der Kanton Aargau fordert deshalb vom Bund eine nationale Koordination des Bedarfs. Archiv/Walter Schwager

Walter Schwager

In den Kehrichtverbrennungsanlagen in Buchs, Turgi und Oftringen werden jährlich um die 300 000 Tonnen Siedlungsabfälle verbrannt, im ganzen Kanton fallen etwa drei Millionen Kubikmeter Aushubmaterial und 540 000 Tonnen Bauschutt an, die Reinigung von 150 Millionen Kubikmetern Abwasser in den 49 Kläranlagen lässt 680 000 Kubikmeter Klärschlamm zurück und für die ganze Abfallentsorgung dürften im Aargau um die 400 Millionen Franken jährlich aufgewendet werden.

Das sind eindrückliche Zahlen, die ersichtlich machen, warum die Kantone verpflichtet sind, eine Abfallplanung zu erstellen, in der sie die aktuelle Entsorgungssituation darlegen und allfälligen Handlungsbedarf aufzeigen. Der Regierungsrat ist eigentlich verpflichtet, die Abfallplanung mindestens alle acht Jahre zu aktualisieren.

Der erste Bericht stammt aus dem Jahr 1997, am Freitag hat der Regierungsrat die neue Planung in die Anhörung geschickt. Höchste Zeit also, länger konnte und wollte man nicht mehr zuwarten, auch wenn die neue «Technische Verordnung über Abfälle» (TVA) des Bundes, die massgebenden Einfluss auf die Abfallwirtschaft in den Kantonen hat, noch nicht ganz spruchreif ist.

Zentrale Rolle der Zementwerke

Gerade für den Aargau entscheidend werden zum Beispiel die Vorgaben zur Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm sein. In den beiden Zementwerken in Würenlingen und Wildegg wird etwa gleich viel Abfall als Brennstoff eingesetzt wie die drei Kehrichtverbrennungsanlagen zusammen verbrennen – und eben auch eine erhebliche Menge entwässerter Klärschlamm.

Darum setzt sich der Regierungsrat dafür ein, dass Verfahren zugelassen werden, bei denen die Phosphor-Rückgewinnung vor der Klärschlamm-Verbrennung erfolgt. Andernfalls wäre die Verwertung in den Zementwerken nicht mehr möglich bzw. dieser Entsorgungsweg verbaut. Wie der Abfallplanung zu entnehmen ist, läuft derzeit eine Studie zu den Möglichkeiten einer nasschemischen Rückgewinnung von Phosphor aus dem Abwasser, an welcher der Kanton Aargau beteiligt ist. Resultate sollen im Frühjahr vorliegen.

Wohin mit dem Aushubmaterial?

Der Punkt «Vertiefung des Wissens bezüglich Phosphor-Rückgewinnungsverfahren» ist nur eine von insgesamt 35 Massnahmen in der Abfallplanung, die fünf Schwerpunktthemen zugeordnet sind: Deponieplanung, Förderung von Recycling-Baustoffen, Klärschlammentsorgung, Abfallverwertung in Zementwerken und energetische Nutzung von Abfällen.

Handlungsbedarf besteht bei den Deponiekapazitäten für die Ablagerung von Aushubmaterial. Es kann zum Auffüllen von Kiesgruben verwendet werden, aber seit Ende der 1990er-Jahre muss im Aargau mehr Aushubmaterial deponiert werden, als Kies abgebaut wird. Im Jahr 2013 waren es 2,9 Millionen Kubikmeter Aushub und 2,5 Millionen Kubikmeter Kiesabbau. Befördert wird das strukturelle Deponievolumen-Defizit durch eine durchaus gewünschte Entwicklung: die vermehrte Verwendung von Recycling-Baustoffen.

Das Bauschutt-Recycling führt zu einem verminderten Abbau von primären Baustoffen, diese Volumen fehlen dann für das Auffüllen mit sauberem Aushubmaterial. Der Kanton hat nun einen Leitfaden für die Evaluation neuer Deponieplätze erarbeitet. Für die anderen Deponietypen (Inertstoffe, Reststoffe, Schlacken- und Reaktordeponien) besteht kein akuter Handlungsbedarf. Der Aargau verfügt zwar zum Teil über zu kleine oder gar keine Deponiekapazitäten, die ausserkantonale Entsorgung stelle aber «aktuell kein Problem» dar, heisst es im Abfallplan.

Der Bund soll koordinieren

Tendenziell eher mit dem Problem von Überkapazitäten könnten in Zukunft hingegen die Kehrichtverbrennungsanlagen konfrontiert sein. Das Entsorgungsmonopol der öffentlichen Hand für Gewerbekehricht fällt und die Menge an separat gesammeltem Kunststoff steigt. Und mit der Inbetriebnahme der Kehrichtverbrennungsanlage im luzernischen Perlen mit einer Jahreskapazität von 200 000 Tonnen dürfte zumindest die Anlage in Oftringen einen Teil der Abfälle, die sie heute verbrennt, verlieren.

Daher Massnahme 33 in der Abfallplanung: Der Aargau fordert vom Bund, dass er die Federführung beim Umgang mit Überkapazitäten in den Schweizer Kehrichtverbrennungsanlagen und bei der Planung und Koordination der künftigen Kapazitäten übernimmt.