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Kantonsärztin Yvonne Hummel erlaubt den Einsatz von Pflegekräften, die nach engem Kontakt mit Infizierten in Corona-Quarantäne müssten. Dies ist zulässig, wenn ein akuter Personalmangel besteht. Die Spitäler können darüber individuell entscheiden.
Es ist ein brisantes Dokument, das am Mittwoch gegen Mittag auf Twitter auftauchte. SP-Aargau-Präsidentin und Nationalrätin Gabriela Suter verbreitete den Screenshot eines E-Mails von Kantonsärztin Yvonne Hummel, in dem es um den Einsatz von Pflegekräften mit Covid-19-Symptomen geht. Schon jetzt bestehe in einzelnen Spitälern aufgrund der Coronasituation ein «relevanter Personalmangel», oder dies sei in baldiger Zukunft zu erwarten, hält Hummel fest.
Deshalb gelten für Spitäler im Aargau ab sofort «Erleichterungen» für den Einsatz von Pflegepersonal, wie es Hummel formuliert. Demnach dürfen bei Personalmangel künftig auch Pflegekräfte weiterarbeiten, die nach Kontakt mit einer angesteckten Person in Quarantäne sein müssten.
Hummel schreibt, auch Angestellte die engen Kontakt mit einem Corona-Infizierten hatten, könnten bei akutem Personalmangel weiterarbeiten, solange sie keine Krankheitssymptome zeigten. Zudem müssten sie bei engem Patientenkontakt unter 1,5 Metern eine chirurgische Maske tragen sowie die Handhygiene strikt einhalten.
Die Spitäler können gemäss dem E-Mail individuell über die «Erleichterung der Quarantänemassnahmen» – also den Einsatz von Mitarbeitenden, die eigentlich in Quarantäne sein müssten – entscheiden. Der kantonsärztliche Dienst müsse nicht informiert werden. Die Weisung der Kantonsärztin löst auf Twitter heftige Kritik aus. Gabriela Suter schreibt: «Na bravo. Wegen Personalmangel an den Spitälern sollen Covid-19-positiv getestete Gesundheitsfachleuteim Aargau weiterarbeiten und müssen nicht in Quarantäne.»
Na bravo. Wegen Personalmangel an den Spitälern sollen #Covid-positiv getestete Gesundheitsfachleute im #Aargau nun weiterarbeiten und müssen nicht in Quarantäne. https://t.co/rCukxG1o4J
— Gabriela Suter (@suter_gabriela) October 28, 2020
Kantonsärztin Yvonne Hummel erklärt auf Anfrage, aufgrund der raschen und exponentiellen Zunahme der Coronafälle sei die Zahl der Personen, die im Gesundheitswesen arbeiten und engen Kontakt zu Infizierten hätten, stark gestiegen. «Wenn diese Kontaktpersonen nun alle weiterhin in Quarantäne gehen, können die medizinischen und pflegerischen Leistungen in vielen Gesundheitsinstitutionen wie Spitälern und Alters- und Pflegeheimen nicht mehr aufrechterhalten werden», betont Hummel.
Konsequenzen könnten Schliessungen von ganzen Abteilungen sein. Um dies zu verhindern, lässt der Aargau bei Personalmangel den Einsatz von Pflegekräften zu, die engen Kontakt zu angesteckten Personen hatten. Diverse andere Kantone hätten diese Massnahme auch umgesetzt, sagt Hummel und betont: «Medizinalfachpersonen sind hervorragend ausgebildet und können sich und ihr Umfeld gut schützen.»
Sie beruft sich auf die Empfehlungen des nationalen Zentrums für Infektionsprävention. Auf dessen Website wurde am 23. Oktober ein Dokument veröffentlicht, in dem es zu Pflegekräften mit Coronasymptomen und ausstehendem Test heisst: «Wenn es der Allgemeinzustand erlaubt (milde Symptome, kein Fieber oder Husten), ist das Weiterführen der Arbeit möglich.»
Auch Pflegende mit positivem Test können laut den Empfehlungen arbeiten, wenn sie sich nicht krank fühlen und kein Fieber haben. Für Covid-19-positive Pflegekräfte werden neben Masken und Abstand weitere Massnahmen empfohlen: getrennte Mittags- oder Kaffeepausen, Einschränkung des direkten Patientenkontakts, oder Arbeit auf Covid-19-Stationen.
Dies ist im Aargau aber noch nicht zulässig - coronapositive Pflegerinnen und Pfleger müssen in Isolation, wie Hummel mitteilt. Aktuell bestehe die Erleichterung nur für asymptomatische Medizinalfachpersonen - also potenziell infizierte Personen ohne Testergebnis.
Zudem erkranken laut Hummel bei weitem nicht alle Personen in Quarantäne. "Treten Symptome auf, erfolgt ein Test, fällt dieser positiv aus, müssen die Personen in Isolation", betont sie.
Hummel sagt dazu: «Nach Absprache mit dem Bundesamt für Gesundheit und kantonsinternen Fachärzten schliesst sich der Aargau den Verhaltensempfehlungen an.» Die sogenannte Quarantäneerleichterung – also die Erlaubnis, trotz Quarantänepflicht zu arbeiten – betreffe nur die berufliche Tätigkeit. Quarantänemassnahmen im privaten Umfeld gelten für positiv getestete Medizinalfachpersonen also weiterhin.