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Gerüchte über die Todesursache des Lenzburger Anwalts Roland Padrutt kommentiert dessen amtlicher Verteidiger nicht. Er verweist auf die laufende Untersuchung, aber er erklärt, weshalb es sehr fraglich sei, dass die Geschädigten jemals Geld sehen.
Nach dem Tod von Roland Padrutt kursieren Gerüchte, der Lenzburger Rechtsanwalt habe Suizid begangen. Padrutt war am Montag laut «gut informierten Kreisen seiner engsten Familie» in Wien verstorben, wie sein amtlicher Verteidiger Wilhelm Boner bestätigte.
Boner äussert sich nicht zu Spekulationen über die Todesursache, er sagt aber: «Gesundheitlich war Roland Padrutt schon vor einem Jahr angeschlagen.» Damals liess sich der Angeklagte mit einem Arztzeugnis von der Teilnahme an der Verhandlung vor dem Bezirksgericht Lenzburg dispensieren. Laut dem Pflichtverteidiger verbesserte sich der Gesundheitszustand seines Mandanten seither kaum. Boner sagt: «Roland Padrutt war in permanenter ärztlicher Behandlung an seinem Wohnsitz in Wien.»
Dort wird der Tod des Anwalts nun untersucht. Dabei geht es laut Boner darum, eindeutig festzustellen, ob eine natürliche Todesursache, eine Fremdeinwirkung oder ein Suizid vorliegt. Der amtliche Verteidiger von Padrutt rechnet damit, dass diese Untersuchung eine gute Woche dauern wird.
Weder verurteilt, noch freigesprochen
Vor knapp einem Jahr, am 2. Mai 2014, wurde Roland Padrutt vom Bezirksgericht Lenzburg wegen Veruntreuung zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Lenzburger Anwalt mit Vermögensdelikten einen Schaden von insgesamt 1,7 Millionen Franken verursacht hat. Gegen das Urteil erhob er beim kantonalen Obergericht Berufung - doch diese ist nun hinfällig, nachdem Padrutt am Montag verstorben ist.
Nicole Payllier, Sprecherin der Aargauer Gerichte, erklärt auf Anfrage: «Stirbt ein Beschuldigter während des Berufungsverfahrens, kann kein Urteil ergehen.» Das Strafverfahren sei somit einzustellen, auf die Berufung werde das Obergericht nachträglich nicht eintreten. Der verstorbene Roland Padrutt gilt damit weder als rechtskräftig verurteilt, noch als freigesprochen.
Mit der Einstellung des Strafverfahrens, die laut Payllier vom Obergericht noch offiziell vollzogen werden muss, ist das erstinstanzliche Urteil vom vergangenen Mai hinfällig geworden. Definitiv einstellen kann das Obergericht das Verfahren laut dem amtlichen Verteidiger von Padrutt aber erst, wenn die offizielle Bestätigung für dessen Tod aus Wien vorliegt.
Vermutlich kein Geld für Geschädigte
Roland Padrutt hatte sich aber nicht nur gegen die vierjährige Haftstrafe, sondern auch gegen die finanziellen Ansprüche der Geschädigten gewehrt. «Im erwähnten Berufungsverfahren waren die erstinstanzlich zugesprochenen Zivilforderungen angefochten», sagt Gerichts-Sprecherin Payllier.
Wilhelm Boner, der amtliche Verteidiger von Padrutt, hat die Berufung in dessen Auftrag verfasst. «Dabei ging es um eine partielle Neubeurteilung von einzelnen Punkten, dies primär in rechtlicher Hinsicht», sagt er. Bei einer Gutheissung hätte dies laut dem Pflichtverteidiger zu Freisprüchen führen können, was wiederum Auswirkungen auf die Zivilansprüche gehabt hätte.
Auch darüber wird das Obergericht nun nicht entscheiden, die Forderungen der Geschädigten gelten nach dem Tod von Padrutt als auf den Zivilweg verwiesen. Das bedeutet konkret: Wer finanzielle Ansprüche hat, muss diese gerichtlich gegenüber den Erben des Verstorbenen geltend machen.
Es ist allerdings fraglich, ob die Geschädigten jemals Geld sehen werden. Boner erklärt: «Die potenziellen Erben von Roland Padrutt haben das Recht, das Erbe auszuschlagen.» Dies scheint derzeit sehr wahrscheinlich, zumal keine Vermögenswerte, sondern vielmehr Forderungen in Millionenhöhe vorliegen.
Daran ändert auch die im Februar erfolgte Versteigerung der Villa Malaga in Lenzburg nichts, wo Padrutt einst seine Kanzlei hatte. Wie hoch der Kaufpreis war, ist unbekannt, in den Verkaufsunterlagen wurden 2,25 Millionen Franken genannt.
Auch wenn diese Summe erreicht wurde, dürfte sie nicht reichen, um die Geldforderungen der rund 30 Geschädigten zu decken. Denn aus dem Erlös müssen zuvor noch die Ansprüche von Bauhandwerkern abgegolten werden – auf dem Grundstück lasten verschiedene Pfandrechte.