Im ehemaligen Sanitätsposten in Birmenstorf gibt es keine Kochgelegenheit. Es kommt stattdessen ein Catering zum Einsatz. Der Kanton kürzt den Flüchtlingen deshalb die Asylsozialhilfe auf einen Franken pro Tag.
Mitte Januar hat der Kanton die Notlage im Asylwesen ausgerufen. Anfang März wird in Birmenstorf eine Notunterkunft in Betrieb genommen. Im ehemaligen Sanitätsposten können bis zu 200 Personen untergebracht werden. Die Betreuung der Geflüchteten übernimmt die ORS Service AG. In einer ersten Phase unterstützen rund zehn Mitglieder der Zivilschutzorganisation Baden den Betrieb. Sie leisten Hilfe bei der Abdeckung von Nacht- und Brandwachen, bei Transportdiensten oder beim Catering, wie das Department Gesundheit und Soziales mitteilt.
Anders als in allen bisherigen Asylzentren im Aargau gibt es in der unterirdischen Notunterkunft in Birmenstorf keine geeignete Kochgelegenheit für die Menschen, die dort einquartiert werden. Deshalb komme ein Catering zum Einsatz, sagt Stephan Müller, Leiter Sektion Betreuung Asyl, auf Anfrage der AZ.
Für die Geflüchteten heisst das, dass sie jeden Tag «warm und ausreichend» verpflegt werden. Es heisst aber auch, dass sie weniger Asylsozialhilfe erhalten. «Bei einem Betrieb mit Catering wird das Verpflegungsgeld von acht Franken pro Tag nicht ausbezahlt», sagt Müller. Die Geflüchteten in Birmenstorf erhalten folglich nur noch einen Franken Sackgeld pro Tag und fünf Franken Kleidergeld pro Woche.
Für Rolf Schmid, Präsident von Netzwerk Asyl Aargau, ist es «nachvollziehbar, dass weniger Sozialhilfe ausbezahlt wird». Der eine Franken Taschengeld, der übrig bleibt, erscheine «in dieser Logik aber umso lächerlicher». Schmid ist überzeugt, dass die Mahlzeiten des Caterings sicherlich mehr als acht Franken kosten. «Dies allein zeigt, dass acht Franken pro Tag also auch für Menschen, die selber kochen, nicht ausreichen.»
Schmids Parteikollegin, SP-Grossrätin Lelia Hunziker, findet es «alles andere als ideal, dass Geflüchtete in Unterkünften ohne Kochmöglichkeit einquartiert werden». Umso wichtiger sei es, dass es «eine absolute Notlösung bleibt und die Geflüchteten schnellstmöglich in andere oder private Unterkünfte ziehen können».
Dass das Verpflegungsgeld in Unterkünften mit Catering gekürzt wird, stellt auch Hunziker nicht in Frage. Dies sei nötig, damit es keine Ungleichbehandlung gebe. Eine Kürzung um acht Franken ist der SP-Grossrätin aber zu viel. «Drei Franken weniger erschienen mir angemessen, so blieben noch sechs Franken.» Hunziker gibt zu bedenken, dass die Asylsozialhilfe ohnehin zu tief sei und die Geflüchteten damit auch Shampoo, ein Handy-Abo oder ÖV-Billette bezahlen müssten. «Ein Franken Taschengeld pro Tag reicht dafür nicht.»
Stephan Müller sagt, das Verpflegungsgeld sei für das Essen vorgesehen und werde beim Angebot einer Vollverpflegung gekürzt. «Die Geflüchteten erhalten im Erstaufnahmezentrum in Buchs ein Set mit Hygieneartikeln.» Zudem würden ihnen Haushaltsartikel wie beispielsweise Waschmittel zur Verfügung gestellt und die Unterkunft sei mit WLAN ausgestattet. Bei spezifischen Bedürfnissen von Einzelpersonen könnten zusätzlich situationsbedingte Leistungen beantragt werden, so Müller. «Der Kantonale Sozialdienst entscheidet im Einzelfall über deren Bewilligung.»
Birmenstorf ist zwar die erste Asylunterkunft mit Catering, wird aber nicht die letzte bleiben. Auch die Notunterkünfte in Aarau und Lenzburg, die in den nächsten Wochen für den Betrieb vorbereitet werden, verfügen laut Stephan Müller über keine Kochmöglichkeiten.
Am 4. März findet von 10 bis 12 Uhr in der Asylunterkunft in Birmenstorf ein Informations- und Begehungsanlass für die Bevölkerung statt.