Am Mittwoch startet das neue Newsportal ArgoviaToday seinen Betrieb. Florian Wanner, Leiter Radio CH Media, sagt im Interview, was die Leserinnen und Leser erwarten können und welche Ziele er mit ArgoviaToday verfolgt.
Was konsumieren Sie persönlich an Medien an einem normalen Werktag?
Florian Wanner: Mein Tag startet mit dem Radio. Ich höre insbesondere die Sender von CH Media, aber auch die Produkte der Mitbewerber. Ich versuche, regelmässig die Sender zu wechseln. Je nach Möglichkeit nehme ich mir 30 Minuten Zeit für verschiedene Newsportale und E-Papers. Watson, Today-Portale und «Badener Tagblatt» ist mein Standardset. In der Regel gehe ich noch kurz auf Instagram. Anschliessend bleibt keine Zeit mehr und ich bin froh, wenn ich über Push-Meldungen noch gewisse Dinge mitbekomme.
Ab heute gehört zu Ihrem Tagesmenu auch ArgoviaToday . Wen will ArgoviaToday ansprechen?
Mit ArgoviaToday möchten wir das Mittelland ansprechen und dort insbesondere eine jüngere Zielgruppe, welche sich über ihre Region schnell und einfach informieren möchte. Selbstverständlich möchten wir damit auch die bestehenden Radio Argovia-Hörerinnen und -Hörer abholen sowie auch die Zuschauerinnen und Zuschauer von Tele M1.
Sind Sie mit 32 Jahren schon zu alt für Today?
Nein, ich gehöre noch voll zur Zielgruppe als Radio Argovia-Hörer. Die neuen Nutzer werden tendenziell etwas jünger sein.
Es heisst, Today soll die Nachfrage nach regionalen und lokalen News abdecken. Machen das nicht schon Radio Argovia, Tele M1 und vor allem die «Aargauer Zeitung»?
ArgoviaToday ist das konvergente Newsportal von Radio Argovia und Tele M1, welche ihre Stärke im linearen Bereich haben. Mit den Websites der beiden Medien bringen wir zu wenig attraktive Reichweite hin. Daher schaffen wir mit Today den Schritt in die digitale Welt. Da die Redaktionen von Radio Argovia, Tele M1 und ArgoviaToday konvergent arbeiten, versuchen wir die regionalen Geschichten auf allen Vektoren zu spielen.
Die «Aargauer Zeitung» bietet umfassendere und regionalere News. Mit unserer Redaktion können wir nicht die Tiefe bieten wie die «Aargauer Zeitung». Mit unseren Vektoren Radio, Regional-TV und Today decken wir das Relevante aus dem Mittelland ab.
ArgoviaToday gehört bei CH Media zum Bereich «Entertainment». Heisst, Today bietet also nicht in erster Linie Information, sondern vor allem Unterhaltung?
Wir decken beides ab. Obwohl der Bereich «Entertainment» heisst, betreiben wir unter anderem auch Radio- und TV Regional-Sender mit einem Service-public-Auftrag. Unsere Informationskompetenz und der journalistische Anspruch sind genauso vorhanden wie der unterhaltende.
Was ist eine typische ArgoviaToday-Geschichte? Was muss sie bieten?
Für mich muss eine Geschichte immer einen Nutzen stiften. Das kann sie auf vielfältige Art und Weise: sie informiert, sie unterhält oder sie bieten mir einen Service, den ich sonst nicht bekomme. Und unsere Geschichten sollten im Idealfall multimedial erzählt werden und eine Interaktion mit dem User auslösen.
Es gibt das Format schon in der Zentral- und Ostschweiz mit PilatusToday und FM1Today. Was hat Sie ermutigt, es jetzt auch im Aargau zu lancieren?
Today ist der Schritt in die digitale Welt von Radio und TV Regional. Zudem bietet es uns die Chance, die Redaktionen konvergent zu organisieren. Wir können so sehr effizient arbeiten und den Fokus auf die Regionen legen. FM1Today hat im herausfordernden Coronajahr den «Proof of Concept» bereits erbracht und PilatusToday hat im ersten Jahr die Erwartungen übertroffen. Daher wollten wir den nächsten Schritt im Aargau machen. Zuerst mussten wir aber den Umzug von Radio Argovia in die Telli abwarten, damit wir die trimediale Redaktion aufbauen konnten. Der Umzug erfolgte im Mai.
Die Medienverlage beklagten seit Jahren, dass die Werbung von der Zeitung ins Internet abwandert und dort vor allem zu Google und Facebook. Wollen Sie es mit Today wirklich mit den Techgiganten aufnehmen?
Mit regionaler Stärke und langen Kundenbeziehungen zu unseren TV-Regional- und Radio-Kunden bietet sich für uns eine super Ausgangslage. Viele unserer Kunden stehen ebenfalls vor der Herausforderung der Digitalisierung. Mit den Today-Portalen können wir das Bedürfnis abdecken.
Ist es nicht eher eine Kannibalisierung, indem Today etablierten Zeitungsportalen ein Stück vom kleinen Werbekuchen wegnimmt?
Nein, wir versuchen unsere TV- und Radio-Kunden in die digitale Welt zu bringen, weshalb primär die Gefahr besteht, dass wir unsere linearen Produkte kannibalisieren. Es wird aber schon auch leichte Nutzungsüberschneidungen von ArgoviaToday und den Zeitungsportalen geben. Die Zeitungen und die elektronischen Medien im Aargau haben sich ja schon immer etwas konkurrenziert.
Welche Erfahrungen machen Sie diesbezüglich in der Ost- und Zentralschweiz?
Wir nehmen uns dort kaum Kunden weg. Die Chance besteht, dass wir mit zunehmender digitaler Reichweite relevanter werden für nationale Kunden. Wir müssen versuchen diese gemeinsam zu holen.
In der AZ, die wie ArgoviaToday zu CH Media gehört, ist seit Anfang Jahr auch online nicht mehr alles gratis. Um vertiefte und exklusive Artikel zu lesen, muss man ein Abo lösen. Today ist gratis. Wie kommen die beiden aneinander vorbei?
Mit der kleinen Today-Redaktion können wir bei den Themen nicht in die Tiefe gehen. Wir haben den Anspruch, das Wichtigste aus dem Mittelland abzudecken, können aber nicht abschliessend sein. Diese Informationen sind in der Regel auf Gratisportalen der Mitbewerber verfügbar. Mit einer guten Zusammenarbeit können wir Möglichkeiten schaffen, neue Nutzer gezielt an die Inhalte der AZ und somit an die Paywall zu führen. Am Ende müssen wir auch realistisch sein, dass es die Welt von kostenlosen Reichweitenportalen immer geben wird. Eine Zusammenarbeit ist in diesem Fall sinnvoller.
Was muss ArgoviaToday erreichen, damit Sie sagen können: Das ist ein Erfolg?
Im ersten Schritt bin ich zufrieden, wenn der Start glückt und sich das Team gut einlebt und die Prozesse verbessert werden können. Im zweiten Schritt schauen wir auf den Umsatz- und die Reichweitenentwicklung.