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Finaljury kürt auf der Liebegg die besten Tropfen 2020 und überrascht alle Sieger und Finalisten auf ihren Weingütern.
Die Welt hat sich auch für die Aargauer Weinbauern seit März dramatisch verändert. Stillstand, kein Absatz mehr, triste Aussichten. Alles deutete darauf hin, auf die festliche Kürung der Staatsweine 2020 im Kanton zu verzichten. Doch Landammann und Finanzdirektor Markus Dieth rettete den Anlass – zumindest teilweise.
Mit einer überzeugenden, sympathischen Begründung: „Der Regierungsrat will ein Zeichen der Hoffnung setzen.“ Und der ganzen Branche Mut machen, die hohe Qualität zu halten sowie alternative Absatzkanäle zu suchen. So traf sich die 16-köpfige Finaljury bei Traumwetter im Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg ob Gränichen. Kein Problem, in der grossen Aula sogar zu viel Abstand einzuhalten.
Beim Kosten der vier Weine pro Kategorie blieben Abstand und Anstand auf der Strecke: Die Nase ging so tief ins Glas, wie sie Platz hatte, die edlen Tropfen kamen nach der Gaumenprobe in den Spucknapf. Sonst hätten die Laien nach der Hälfte immer bessere Noten verteilt.
Der zweite Teil des Traditions-Anlasses fiel leider doch dem verfluchten Virus zum Opfer, der festliche Abendanlass auf Schloss Liebegg. Doch Markus Dieth liess sich einen originellen, aber sehr aufwändigen, Ersatz einfallen. Mit einem Postauto von 1963 fuhr eine Delegation zu den Gewinnern der Staatsweine 2020. Quer durch den Kanton, über Staffelegg und Bözberg, in einer Weinlandschaft, fast wie in der Toskana.
Zwei weitere Busse besuchten die übrigen Finalisten, um auch ihnen Diplome und Geschenke zu überbringen. Denn es sind nur absolute Spitzenweine, die es von 101 eingereichten Proben durch die Profi-Degustationen in die je vier besten pro Kategorie (siehe Kontext) schafften. Der alte Saurier löste viel Staunen aus, wegen seiner Form, weniger wegen der vielen Promis an Bord.
Denn ausser Landammann Dieth reisten auch die weiteren Gotten und Göttis der Staatsweine mit: Grossrats-Präsidentin Edith Saner, Staatsschreiberin Vinzenca Trivigno, und Roland Michel, Präsdent des Verbandes Aargauer Wein. Plus als sehr willkommener Spezialgast Ulrich Giezendanner, Polit-Urgestein und langjähriger Nationalrat.
Der Jury-Entscheid war eindeutig. Der Saphir aus Schinznach wurde klarer Sieger der Riesling-Sylvaner. Damit traf das Glück dank Können Barbara und Pascal Furer von der Mosti in Staufen fast dreifach. Just an seinem 49. Geburtstag wurde Pascal mit Diplom, Geschenken und wörtlichen Gratulationen überhäuft.
So kommt es, dass der designierte Präsident des Grossen Rates in seinem Jahr als höchster Aargauer an Anlässen und Empfängen auch den eigenen Wein wird ausschenken können. Den Weinbauern muss man den speditiven Schnelldenker nicht vorstellen, er amtet ja auch erfolgreich als Sekretär des Verbandes.
Riesig auch die Freude im originellen Fassbau des Weinguts Fürst in Hornussen, als das Postauto hupend vorfuhr. Erika und Daniel Fürst strahlten vor Freude um die Wette. Der Entscheid fiel zwar knapp, aber ihr Sauvignon 2019 ist auch dank langer Gärung wirklich hervorragend gelunden.
Die hohe Präzision der Familie Fürst zeigt sich auf Schritt und Tritt im fürstlichen Weingut. Der dezent beleuchtete Keller mit den Holzfässern ist ein Bijou, wie man es sonst etwa in der Bündner Herrschaft, in Kalifornien oder in Südafrika sieht.
Es dämmerte bereits, als das Weingut und die Weinschule von Grossrat Andreas Meier in Würenlingen endlich erreicht war. Sein Familienbetrieb konnte einen Rekord-Erfolg einheimsen, mit dem Pinot Noir 2018 aus dem Gebiet Höll als Staatswein und drei weiteren Finalweinen, einem Kerner und zwei roten Cuvées.
Das ist nur mit höchstem Können möglich, auch wenn Andreas Meier zu bescheiden von ein wenig Glück sprach. Lange, lange mussten Yvonne und Meinrad Steimer mit den Töchtern Jasmin und Manuela in Wettingen ausharren. Erst bei Dunkelheit kam die frohe Botschaft an, dass ihr Pinot Noir Barrique 2018 zum Staatswein wurde und sich gegen drei Cuvées durchsetzen konnte.
Auf seinen 400 Hektaren in sieben Regionen pflegt der Aargau eine unbeschreiblich grosse Wein-Vielfalt. Von den über 90 Rebsorten dominieren Pinot Noir und Riesling-Sylvaner weiterhin, trotz vermehrt neuer Sorten.
Mit ihrer fachlichen Begleitung legten die Experten Markus Fuchs sowie Urs Podzorski als Leiter der Fachstelle Weinbau die Grundlagen für einen gelungenen Anlass. Für ein paar Stunden gingen die Sorgen der Produzenten vergessen. Und die Politiker bewiesen auch nach vielen Gläsern Wein eine enorme Standfestigkeit. Alles in der hehren Absicht, der Branche zu helfen. Es lohnt.
Riesling-Sylvaner: Staatswein: Schinznacher Saphir 2019 von der Mosti Furer, Staufen. Im Final: Chalmberger Weinbau, Sonja und Konrad Zimmermann, Oberflachs; Susanne Steiger-Wehrli, Weinbau Wehrli AG, Küttigen; Guido Oeschger, Wiler Trotte.
Weisse Spezialitäten, alle 2019: Staatswein: Hornusser Sauvignon Blanc vom Weingut Fürst, Hornussen. Im Final: Besserstein Wein, Villigen, mit Fumé Blanc; Nauer Weine AG, Bremgarten; Andreas Meier, mit Kerner, Höll.
Pinot Noir, alle 2018: Staatswein: Andreas Meier, Sternen, Würenlingen. Im Final: Nauer Weine, Bremgarten, mit Tegerfelder Spätlese; Weinbau Andrea und Gerhard Wunderlin, Zeiningen, je mit einem Pinot Noir aus Zeiningen und Magden.
Rote Spezialitäten: Staatswein: Meinrad Steimer, Wettingen mit Pinot Noir Barrique 2018. Im Final: Lukas Baumgartner, Tegerfelden, mit Cuvée Pinotivo 2018; zwei Cuvées von Andreas Meier, Sternen, Würenlingen, mit Sélection Cabernet 2017 und Sélection Malbec 2017.
Die Staatsweine werden an Anlässen der Regierung und des Grossen Rates den Gästen aus dem In- und Ausland ausgeschenkt, was oft Staunen und Freude auslöst.