Mundart
Mundart-Initiative: Das Parlament lehnt sie ab, doch Mitinitiant hofft auf Volk

Gestern lehnte der Grosse Rat die Mundart-Initiative der Schweizer Demokraten ab. Mitinitiant René Kunz bleibt optimistisch.BDP-Grossrätin Maya Bally hält dagegen, dass Kindergärtler nun schon reden dürfen, «wie ihnen der Schnabel gewachsen ist».

Aline Wüst
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Mundart im Kindergarten soll nicht als Gesetz verankert werden.

Mundart im Kindergarten soll nicht als Gesetz verankert werden.

Keystone

Ein langes Gesicht machte der ehemalige SD-Grossrat René Kunz nicht, als er erfuhr, dass der Grosse Rat seine Initiative «Ja zu Mundart im Kindergarten» deutlich abgelehnt hatte. Wenn schon, würde Kunz einen «Lätsch» machen – den Schweizerdeutsch ist dem Schweizer Demokraten lieber.

Aber Kunz sieht keinen Grund dafür. Er ist siegessicher: Auch in Zürich hat das Kantonsparlament sich gegen Mundart im Kindergarten ausgesprochen. Das Zürcher Stimmvolk interessierte das nicht – es nahm die Initiative an.

Die Schweizer Demokraten wollen nun auch im Aargau im Gesetz festschreiben, dass die Kindergartenlehrpersonen nur noch Mundart sprechen dürfen. Heute unterrichten sie die Hälfte der Zeit Hochdeutsch, auf Anfang Jahr hat der Regierungsrat diesen Anteil auf 30 Prozent gesenkt. Doch Kunz ist das immer noch zu viel. Ihm graut davor, dass der Aarauer Rüeblimärt irgendwann «Karottenmarkt» genannt wird.

Hochalten der eigenen Werte

Nach einer kurzen Debatte sprach sich der Grosse Rat mit 92:34 Stimmen gegen die Initiative aus. Für die Initiative war eine Mehrheit der SVP-Fraktion. Christoph Riner (Zeihen) redete passenderweise Schweizerdeutsch und erklärte, dass es in einer schnelllebigen und globalisierten Welt besonders wichtig sei, die eigenen Werte und die eigene Kultur hochzuhalten und auszuleben.

«Es gibt viele Kinder, die keinen Bezug haben zu unserer Mundart. Für diese Kinder ist es besonders wichtig, im Kindergarten Schweizerdeutsch zu lernen.» Mundart soll als Beitrag zur Integration verstanden werden. «Ich bin überzeugt, dass die Aargauerinnen und Aargauer der Initiative zustimmen werden», sagte Riner.

Anders sehen das die Aargauer Kindergartenlehrpersonen. «Wir würden es nicht begrüssen, wenn Mundart zur Pflicht würde», sagt Evelyne Haussener-Schmid. Sie ist Kindergärtnerin in Villmergen und stellvertretende Leiterin der Fraktion Kindergarten innerhalb des Aargauer Lehrerverbands. Gerade fremdsprachigen Kindern falle es leichter, Hochdeutsch als Schweizerdeutsch zu verstehen.

«Und es ist eine gute Vorbereitung für die Schule. Dort müssen die Kinder dann auch Hochdeutsch sprechen.» Die Kindergärtnerin beobachtet ausserdem, dass die Kinder das Hochdeutsche gern ausprobieren – bei Rollenspielen wechseln manche ins Hochdeutsche. Und sie finden es lustig, wenn ihnen die Kindergärtnerin erklärt, dass ihr Velo auf Hochdeutsch Fahrrad heisst.

Kinder sprechen, wie sie wollen

Auch CVP, BDP, FDP und SP lehnen die Initiative ab. Sie machen sich keine Sorgen, dass Mundart mit der bisherigen Regelung zu kurz kommt. «Nur die Kindergärtnerinnen sprechen einen gewissen Anteil Hochdeutsch. Die Kinder sprechen nach wie vor ‹wie ihne de Schnabel gwachse isch›», sagte BDP-Grossrätin Maya Bally aus Hendschiken.

Jeden Tag mit Sprache zu tun, haben die Logopäden. Katrin Schenker ist im Vorstand des Vereins Aargauer Logopädinnen und Logopäden. Sie sagt: «Mundart zu sprechen, ist wichtig im Kindergarten, weil die Entwicklung der Muttersprache noch nicht vollständig abgeschlossen und gefestigt ist.» Hochdeutsch sei wichtig als Vorbereitung, um in der Schule schreiben und lesen zu lernen.

Das Aargauer Stimmvolk wird voraussichtlich im Mai über die Mundart-Initiative abstimmen.