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Was es mit oft gehörten Ausdrücken wie Ludi, Dubel oder Sürmel laut dem Schweizerischem Idiotikon auf sich hat.
Es gibt immer wieder Situationen, in denen man sein Gegenüber aufgrund einer Unflätigkeit, Bosheit oder frechen Aussage zurecht weisen möchte. Manchen gelingt dies ebenso unflätig, andere wissen sich gewählter auszudrücken. Ludi oder Dubel gehören wie Sürmel zur helvetisch gewählteren Sorte.
In Eggenwil liegen der Tuubler und die Flur Ludi so eng beieinander, dass sie nur gerade durch die Badenerstrasse getrennt werden. Beide Namen sind auf historischen Karten nicht belegt, aber schweizweit finden sich so manche Ludi und Dubel, Tubel oder Tubler. Mehr als ein Duzend Ludi verteilen sich zwischen Kleinlützel SO über Oberdorf BL, Sirnach TG bis nach Mels SG. Auch um Dubel und seine Varianten ist es nicht schlecht bestellt. Dubel in Rünenberg BL, Tubel in Warth-Weiningen TG, der Dubelacker in Laupersdorf SO, Dubler in Nuglar-St.Pantaleon SO oder die Dubelmatten in Halse LU belegen die Verbreitung. Was es da wohl überall zu schimpfen gab?
Was sich anhört wie ein einstiger bayrischer König, der nach fränkischer Sitte einen Namenszusatz nach seinem Verhalten erhalten hat, ist eng verbunden mit der Deutung des (Flur-)Namens Ludi. Im Schweizerdeutschen Wörterbuch Idiotikon finden sich mehrere Deutungsansätze: Ludi ist die Kurzform des Taufnamens Ludwig, aber auch eine entstellte Form von Judas. Einen Ludi schilt man aber auch einen, der etwas eine Spur zu leidenschaftlich tut oder liebt. Während Salz- oder Speckludi auf eine verfressene Person verweist, zeugen Bränz-, Suf- oder Schnapsludi in ihrer Vielfalt von der einst weitverbreiteten Landplage der Säufer und Alkoholiker. Ein Ludi ist auch ein einfältiger oder unreinlicher Mensch. In den meisten Fällen verweisen die Flurnamen Ludi auf ein einstiges Besitzverhältnis einer Person namens Ludwig. Dies dürfte auch in Eggenwil die Namensmotivation gewesen sein.
Nicht ganz so einfach zu deuten ist der Eggenwiler Tuubler. Als Flurname kann Dubler in Bezug stehen zu schweizerdeutsch Dub, Tuff im Sinne von Tuffstein und auf das Vorkommen dieses Gesteins verweisen. Der Kalktuff entstand aus kalkübersättigtem Wasser bei Quellen sowie in Bächen und schlägt sich beispielsweise an Moosen nieder. Früher wurde der Tuff abgebaut und als Baustein besonders für Gewölbe und Kamine vielseitig verwendet. Tatsächlich entspringt im Raum Tuubler die Quelle des Boderebe-Bachs.
Ebenso naheliegend ist der in Wohlen bezeugte Familienname Dubler, entstanden aus der Berufsbezeichnung des Holzdübelhauers. Ein Dübel oder Dubel ist ein sorgfältig zugeschnittenes Holzstück, meist als Nagel oder Pflock verwendet, aber auch ein grösseres Holzstück als Riegel oder Fangvorrichtung für Wildtiere. Zugrunde liegt das mittelhochdeutsche «tübel» im Sinne von Pflock, Zapfen, (Holz-)Nagel. Ein Dubel ist aber auch das, wie wir es heute noch verwenden: Ein störrischer, beschränkter Mensch. Historische Schreibungen wären jetzt hilfreich. Vielleicht hilft der Ansatz, den Namen in seine Bestandteile zu zerlegen und mit dem Suffix -ler zu beginnen. In Verbindung mit Substantiven zeigt diese Endung an, dass das gemeinte Objekt an der besagten Stelle in grosser Menge vorkommt. Beispielsweise weist Steinler in Arisdorf BL, Beromünster LU, Hüttlingen TG, Villnachern AG oder Möriken-Wildegg AG auf ein steiniges Gelände hin.
In Verbindung mit Tuub bietet sich nicht nur ein Bezug zum oben erwähnten Tuffstein, sondern auch zum Tiernamen Taube. Tauben wurden schweizweit zahlreich gehalten und gezüchtet und geniessen als Haustier eine historisch bedeutungsvolle Rolle. Somit kann ein Tuubler auch jemand sein, der Tauben züchtet und hält oder einen Standort beschreiben, an dem Tauben gehalten werden; einen Taubenschlag. Da einzig nur die Quelle des Boderebe-Bachs als gesichertes Indiz vorliegt, ist diesem Deutungsansatz der Vorzug zu geben.