Startseite
Aargau
Kanton Aargau
Hunderte von Schülerinnen und Schülern essen täglich in der Mensa. In fünf von sechs Kantonsschulen im Aargau sind Catering-Anbieter wie SV Schweiz und Compass Group tätig – in Wettingen verfolgt eine Genossenschaft ein anderes Konzept.
Zu wenig Platz, zu wenig Essen, zu viele Leute, zu hohe Preise, ständig dieselben Menüs: Glaubt man den gängigen Klischees, hat schon manche Mensa und Cafeteria Schüler dazu getrieben, lieber von daheim etwas mitzunehmen oder während der sonst schon kurzen Mittagspause zum Dönerstand zu pilgern.
Von Dauerstress und verzweifelten, hungrigen Schülern ist in der Löwenscheune, der Mensa der Kantonsschule Wettingen, aber nichts zu merken. Ganz im Gegenteil: Hier fühlt man sich ans gemeinsame Essen mit der Familie erinnert – ruhig, manierlich und mit genügend Zeit für Gespräche und Verdauungspausen.
Die az hat die Löwenscheune besucht und festgestellt: Entgegen den oft gehörten Vorurteilen muss Mensa-Essen nicht wie das Aufgewärmte von vor zwei Wochen aussehen und schmecken. Und auch Platzprobleme am Mittag lassen sich durchaus vermeiden.
Es ist kurz nach halb 12, und schon bevor man die Löwenscheune betritt, weht einem der Geruch von Essen entgegen. Die ersten Schülerinnen und Schüler werfen ihre Rucksäcke und Jacken in die Ecke und nehmen an den 12er-Tischen Platz. Dann holen die einen Gläser, füllen Karaffen mit speziellem Haus-Eistee, richten Besteck und Teller für ihre Kollegen oder füllen eine grosse Schüssel mit Salat für alle. Kaum ist das Buffet eröffnet, bildet sich eine Schlange vor der Essensausgabe.
Heute gibt es Rindsragout Stroganoff mit Butterspätzli. Platten und Schüsseln, gefüllt mit dem Mensa-Menü, werden an die Schüler verteilt. Von einer Platte werden zwölf Hungrige satt, bei Bedarf kann auch nachgeschöpft werden. Sympathisch: Koch Tobias Braga steht an der Theke und wünscht einen guten Appetit. Oder fragt, ob die Prüfung gut gelaufen sei.
Christoph Mosimann, Betriebsleiter der Mensa und der Cafeteria der Kantonsschule Wettingen, sagt: «Wir leben das Familientischkonzept.» Dass die Schüler gemeinsam am Tisch sitzen, zusammen schöpfen und zusammen auf- und abdecken ist unter den Aargauer Kantonsschulen einzigartig. «Vor 2008 war die Mensa noch im alten Klostergebäude untergebracht. Dort war der Raum viel zu klein, aber auch damals wurde schon am Familientisch gegessen», so Mosimann.
Mit dem Neubau der Löwenscheune sei neuer Platz entstanden, das Konzept wurde beibehalten. «Gemeinsam und in Ruhe zu essen, ist wichtig. Der Familientisch gibt den Schülern auch mehr Möglichkeiten, sich besser auszutauschen, und garantiert eine gute Verpflegung», sagt Mosimann.
An einem Spitzentag, wie beispielsweise dem Montag oder Donnerstag, verpflegen sich rund 400 von mehr als 1000 Schülerinnen und Schülern in der Mensa. «Die Jugendlichen können sich vor Semesterbeginn anmelden und festlegen, wie oft und wann sie bei uns essen möchten. Auch auf Extrawünsche wie ein veganes oder glutenfreies Menü kann eingegangen werden.»
Damit auch jeder satt wird, führt Mosimann eine Liste mit allen Anmeldungen, auf der auch das Geschlecht der Schüler vermerkt ist: «Die Jungs essen mehr als die Mädchen. Manchmal veranstalten sie Wettessen. Deswegen ist es wichtig, dass wir wissen, wie viele Frauen und Männer zu uns kommen.»
Von dem Menü, das Fr. 9.70 kostet, lassen die Schüler kaum etwas übrig. Und auch über den im Vergleich zu anderen Kantonsschulen höheren Preis (siehe unten) beschwert sich keiner der Jugendlichen: «Man bekommt gute Qualität und gesundes Essen für sein Geld. Getränk, Vorspeise, Hauptspeise und eine Frucht sind inbegriffen», sagt Leoni Zühli, eine 17-jährige Schülerin. «Die Rechnung, die am Ende des Semesters kommt, zahlen meine Eltern. Aber so wissen sie auch, dass ich gut verpflegt werde und mir keine Chips zum Zmittag kaufe.»
Für das Essen in der Mensa gibt es also Lob. Was die Kantischüler in Wettingen manchmal stört, sind Schwarzesser: «Vor allem dann, wenn es Pommes frites oder Chicken Wings gibt, kommen viele ohne Anmeldung in die Mensa», erklärt ein Schüler.
Christoph Mosimann freut sich, dass das Familientischkonzept bei den Schülerinnen und Schülern gut ankommt. Er verweist aber auch auf die finanziellen Herausforderungen, die damit einhergehen: «Wir sind eine Genossenschaft, gehören keinem Grossbetreiber an und bekommen auch keine Subventionsgelder.
Unser Ziel ist es, den Preis für die Schüler möglichst tief zu halten.» Um das zu erreichen, braucht es weitere Einnahmen. So werden auch Hochzeiten in der Löwenscheune ausgerichtet, oder man bietet einen Cateringservice an. «Wir funktionieren wie ein Uhrwerk», sagt Mosimann. «Ohne den Einsatz von Freiwilligen und Schülern, die mithelfen, könnten wir das Konzept so nicht durchführen.»