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Kanton Aargau
Nachdem die Vorlage zur Kinderbetreuung im Grossen Rat mit vereinten Kräften der SP und SVP zurückgewiesen wurde, ist nun Regierungsrätin Susanne Hochuli gefordert. Doch ihre Aufgabe scheint beinahe unlösbar.
Formell ist der Auftrag eigentlich klar: Der Regierungsrat soll dem Parlament ein Gesetz vorlegen, das detailliertere und für die Gemeinden verbindliche Regelungen bezüglich Definition des Bedarfs an Krippenplätzen, Qualitätsstandards und sozialverträglicher Finanzierung enthält als die am Dienstag vom Grossen Rat zurückgewiesene Vorlage.
Der Haken ist nur: Genau das scheint nicht die kleinste Chance zu haben. Das präsentierte Rahmengesetz schien der minimalste gemeinsame Nenner, auf den man sich allenfalls hätte einigen können. Für die von der SP mit dem Zweck zur Nachbesserung geforderte Rückweisung gab es nur dank den taktischen Stimmen der SVP eine Mehrheit, die jegliche gesetzliche Regelung der familienergänzenden Kinderbetreuung ohnehin kategorisch ablehnt.
Der Beschluss schickt Sozialdirektorin Susanne Hochuli also auf eine Mission impossible. Was tun? Im Departement Gesundheit und Soziales herrscht ein Tag nach dem Parlamentsentscheid weitgehende Ratlosigkeit. In einer ersten Stellungnahme zum weiteren Vorgehen gibt man zu bedenken, dass die nun gestellten Forderungen in Bezug auf den Bedarf weiter gehen, als es der erste Vorschlag für eine Lösung im Rahmen des Sozialhilfe- und Präventionsgesetzes vorsah, den der Grosse Rat im Januar 2012 versenkt hat.
Für die SP setzte es nach dem Entscheid Kritik dafür ab, sich erneut auf eine unheilige Allianz mit der SVP eingelassen und damit einen Scherbenhaufen provoziert zu haben. «Die dringend erwartete Lösung wird auf die lange Bank geschoben. Das ist eine unverantwortliche Politik», ärgert sich CVP-Grossrat André Rotzetter. Die BDP zeigt sich «überrascht über die Sturheit der SP». Sie habe so nur der SVP in die Hände gespielt.
SP-Fraktionschef Dieter Egli verteidigt das Vorgehen. Der Rückweisungsantrag sei konsequent gewesen. Man habe die Vorlage nicht zum Vornherein abschiessen und konstruktiv darlegen wollen, unter welchen inhaltlichen Voraussetzungen man sich einigen könnte.
Mit der SVP gebe es so oder so keine Lösung, also wäre es an den Mitteparteien, einen Kompromiss mit der Linken zu suchen. Von da sei aber kein Hauch von Kompromissbereitschaft zu spüren. Man erwarte nun, dass das Departement Gesundheit und Soziales zumindest mit allen Beteiligten noch einmal das ernsthafte Gespräch sucht. Dass die SP ihre Strategie im Bewusstsein um die nicht gerade rosigen Erfolgsaussichten eingeschlagen hat, zeigt sich auch darin, dass sich Fraktionschef Egli bei der Abstimmung über den eigenen Antrag der Stimme enthielt.
Aber wie verbindlich ist der Auftrag des Parlaments für die Regierung überhaupt? Kann sie sich auch auf den Standpunkt stellen, eine mehrheitsfähige Lösung sei im Parlament ohnehin nicht möglich, das Geschäft einfach zurückziehen und die Volksinitiative des Lehrerverbands ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung bringen?
Eine Antwort aus der Verwaltung gab es gestern darauf nicht. Dass man mit dem Gedanken spielt, deutet die Stellungnahme aus dem Departement Gesundheit und Soziales zumindest an: Die Volksinitiative sei von der Rückweisung nicht betroffen und Initiativbegehren innerhalb von zwei Jahren nach der Einreichung zur Abstimmung zu bringen. Und diese Frist läuft bereits im kommenden Frühjahr ab.
Im Sinne des Lehrerverbands wäre das nicht. Geschäftsführer (und SP-Grossrat) Manfred Dubach signalisiert Bereitschaft, die Initiative zu sistieren, bis ein neuer Gegenvorschlag vorliegt. «Wir gehen davon aus, dass das Departement Gesundheit und Soziales diesbezüglich den Kontakt mit uns sucht», so Dubach.
Das heisse auch, dass von ihrer Seite eine gewisse Kompromissbereitschaft vorhanden ist. Damit stellen die Lehrer erstmals die Möglichkeit in Aussicht, dass ihre Initiative zurückgezogen werden könnte, wenn sich der Grosse Rat wider Erwarten doch noch auf eine etwas handfestere Lösung als das zurückgewiesene Rahmengesetz einigen würde. Der Spielraum ist allerdings gering.
Dass der Kanton Qualitätsstandards für die Betreuungsangebote vorgeben muss, ist für die Lehrer nicht verhandelbar, Fragen der Finanzierung könnte man diskutieren.